Gutschein statt Kostenersatz: Wie Reisekunden an ihr Geld kommen

Die Reisebranche ist zweifellos in Schwierigkeiten und sucht Auswege aus der Krise. Einerseits haben viele Unternehmen Staatshilfe beantragt, auf der anderen Seite wollen vor allem Fluggesellschaften lieber Gutscheine verteilen als Kostenersatz für Flugausfälle zu leisten. Konsumentenschützer üben Kritik.

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Pauschalreisen werden in Massen abgesagt, Flugzeuge bleiben am Boden. Das Conoravirus hat die Tourismuswirtschaft zweifellos schwer getroffen. Viele Airlines, darunter die deutsche Lufthansa-Gruppe, zu der auch die AUA gehört, bieten ihren Passagieren nun kostenlose Umbuchungsmöglichkeiten an.

Kostenerstattung auf Buchungsplattformen deaktiviert

Auch Gutscheine werden verteilt. Kostenerstattungen seien in der momentanen Situation ökonomisch nicht zu verkraften, klagt die Branche. Vorgesehen ist das aber allemal. Wenn ein Flug von Seiten der Airline abgesagt wird, haben die Kunden gemäß der Fluggastrechteverordnung der Europäischen Union einen Anspruch darauf, den Ticketpreis zurückzubekommen, sagt die Juristin Barbara Forster vom Europäischen Verbraucherzentrum (EVZ).

Online ist das meist nicht mehr möglich. Die Airlines haben die Option, die es ermöglicht, Rückzahlungen zu beantragen, auf Buchungsplattformen deaktiviert. Um angesichts der stark gestiegenen Anfragen die Serverkapazitäten nicht zu überlasten, wie es oft heißt. Stattdessen kann man Flüge kostenlos umbuchen oder Fluggutscheine entgegennehmen.

Eine Frau mit Atemschutzmaske geht vor einem Zug der ÖBB am Hauptbahnhof in München entlang

APA/dpa/Lino Mirgeler

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Im Insolvenzfall sind Gutscheine meist wertlos

Bei Gutscheinen rät die Konsumentenschützerin allerdings zur Vorsicht. Denn Airlines verfügen in der Regel über keine Insolvenzabsicherung. Somit sind auch Reisegutscheine von den Insolvenzversicherungen nicht umfasst. Wer einen Gutschein anstelle einer Kostenerstattung akzeptiert, müsse damit rechnen, mit leeren Händen dazustehen, sollte das Unternehmen etwa infolge der Krise Insolvenz anmelden, so Forster.

Deutschland will Konsumentenrechte einschränken

Der Weltverband der Fluggesellschaften (IATA) möchte Kostenerstattungen generell ausschließen und stattdessen grundsätzlich die Gutscheinlösung forcieren Bei Teilen der deutschen Bundesregierung stößt diese Maßnahme auf Verständnis. In den kommenden Wochen würden enorme Rückzahlungen für ausgefallene Reisen fällig, eine Gutscheinlösung könne helfen, die Liquidität der Unternehmen zu sichern, meinte etwa der Wirtschaftsstaatssekretär und Tourismusbeauftragte Thomas Bareiß (CDU).

AUA Maschinen am Boden

APA/AUSTRIAN AIRLINES

Nicht nur die Maschinen der AUA müssen derzeit am Boden bleiben

Verbraucherschützer üben heftige Kritik

Deutsche Verbraucherschützer kritisieren die angedachten Maßnahmen. Auch deswegen, weil viele Reiseveranstalter und Airlines Staatshilfe und sogar staatliche Garantien für Reisegutscheine beantragt haben. Die Verbraucher dürften nicht gezwungen werden, der Reisebranche einen Kredit zu gewähren, meinte etwa Marion Jungbluth von der deutschen Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv).

Besser wäre es, einen Schutzschirm über die Kundengelder zu spannen, damit Reiseveranstalter und Fluglinien die Kostenrückerstattung an die Kunden sofort leisten können. Dies würde sowohl die Liquidität der Reisebranche als auch jene der Verbraucher sichern, so Jungbluth.

VKI fordert Insolvenzabsicherung für Gutscheine

Der Verein für Konsumenteninformation (VKI) fordert derweil, eine Haftungsübernahme des jeweiligen Insolvenzversicherers bei Reisegutscheinen oder alternativ eine Klarstellung in der Pauschalreiseverordnung. Eine Änderung der Pauschalreiseverordnung sollte dann auch gleich zum Anlass genommen werden, das Insolvenzrisiko von Fluglinien mit abzusichern. Aufgrund der Insolvenzen der letzten Jahre bei diversen Fluglinien bestehe dringend Handlungsbedarf, sagt Thomas Hirmke, Leiter des Bereichs Recht im VKI.

Geschlossener Check-In der insolventen Fluglinie Germania

APA/dpa/Daniel Karmann

Fluggesellschaften verfügen in der Regel über keine Insolvenzabsicherung

Ob sich die Flugbranche mit ihren Forderungen letztlich durchsetzen wird, könne man derzeit noch nicht beurteilen, so EVZ-Juristin Forster. Momentan haben Reisekunden aber in jedem Fall noch Anspruch auf vollen Kostenersatz, wenn der Veranstalter eine Reise absagen muss. Da die Onlinesysteme Kostenerstattungen momentan nicht zulassen, rät Forster, mit dem Flugunternehmen schriftlich in Kontakt zu treten.

Screenshots zur Beweissicherung anfertigen

Dies könne man über E-Mail oder auch über ein Onlinekontaktformular des Anbieters erledigen, so Forster. Auf eine Antwort werde man aber in der momentanen Situation wohl etwas länger warten müssen. Gerade deshalb sei es besonders wichtig, dass man einen Screenshot als Beweis anfertigt und sicher aufbewahrt. Im Falle einer E-Mail sollte man darüberhinaus eine Lesebestätigung anfordern. In dem Schreiben sollte man seinen Rechtsstandpunkt deutlich darlegen und das jeweilige Unternehmen darauf hinweisen, dass der Flug durch das Unternehmen annulliert wurde und man daher erwarte, den vollen Ticketpreis zu erhalten.

Betroffenen, die sich überlegen, statt einer Rückzahlung einen Gutschein zu akzeptieren, sollten in jedem Fall eine schriftliche Bestätigung des Insolvenzversicherers verlangen, dass der Gutschein im Fall einer Insolvenz von der Versicherung übernommen werde. Wenn eine solche Bestätigung nicht erfolgt, muss von der Annahme eines Gutscheines abgeraten werden, so der VKI.

Paul Urban Blaha, help.ORF.at

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