Reisezahlungen wegen Unsicherheit zurückbehalten

Die Coronavirus-Krise hat die Reisebranche durcheinandergewirbelt. Reiseveranstalter beantragen Staatshilfe, Fluglinien wollen Passagierrechte beschneiden. Insolvenzen können drohen. Der Jurist und Verbraucherschützer Peter Kolba rät Personen, die eine Pauschalreise gebucht haben, anfallende Kosten vorerst zurückzuhalten.

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Die Reisebranche steckt in Schwierigkeiten. Eventuelle Insolvenzen von Reiseveranstaltern dürften auch für die Kunden Konsequenzen haben. Verbraucherinnen und Verbrauchern, die eine Pauschalreise angezahlt haben, rät der Verbraucherschützer Peter Kolba daher, die restlichen Reisekosten bis auf weiteres zurückzuhalten.

Die Unsicherheitseinrede kann Geld sparen

Konsumentinnen und Konsumenten können sich auf die so genannte Unsicherheitseinrede berufen, wenn sie Zweifel haben, dass der Vertragspartner seinen Teil der Leistung erbringen kann. Bei Reiseveranstaltern seien solche Zweifel momentan durchaus berechtigt, sagt Peter Kolba, er ist Jurist und Obmann des Verbraucherschutzvereins.

Europas größter Reiseveranstalter TUI hat mittlerweile Staatshilfe beantragt, kleinere Veranstalter seien kaum in einer besseren Situation, so Kolba. Auch Fluglinien verzeichnen momentan enorme Gewinnrückgänge. Der Weltverband der Fluggesellschaften (IATA) will angesichts der Coronavirus-Pandemie die Passagierrechte einschränken. Zweifel an der zukünftigen Zahlungsfähigkeit dieser Unternehmen seien daher durchaus angebracht, so Kolba.

Reiseprospekt

Elisabeth Stecker/help.ORF.at

Fluglinien und Hotels bleiben bei Insolvenzen auf den Kosten sitzen

Zahlungen von Kreditkarten und Banken stoppen

Wer eine ausstehende Zahlung zurückhalten möchte, muss den Reiseveranstalter informieren. Der Verbraucherschutzverein bietet zu diesem Zweck Musterbriefe auf seiner Webseite an. Fast wichtiger sei es jedoch, der Bank oder Kreditkartenfirma Bescheid zu geben. Anzahlungen werden bei Reisebuchungen meist über Kreditkarten- oder Lastschrifteneinzug getätigt. Die entsprechenden Unternehmen müssen demnach informiert werden, um solche automatisierten Buchungen gegebenenfalls zurückzuhalten, so Kolba.

Airlines und Hotels bei Insolvenz schutzlos

Im Fall von Pauschalreisen sollten Reiseveranstalter eigentlich über eine Insolvenzabsicherung verfügen. Diese habe im Fall der Pleite des Reiseveranstalters Thomas Cook durchaus gegriffen. Zumindest in Österreich, so Kolba: „In Deutschland haben 200.000 Thomas-Cook-Kunden bislang nur 17,5 Prozent von ihren Zahlungen zurückbekommen.“ Der deutsche Staat habe zwar angekündigt, die Differenz auszugleichen, diese Erfahrung zeige aber deutlich, dass es sinnvoll sei, sein Geld in der eigenen Tasche zu behalten und nicht auf eine Insolvenzabsicherung angewiesen zu sein, so Kolba.

Fluglinien verfügen in der Regel über keine Insolvenzabsicherung. Im Fall einer Pleite können sich betroffene Kunden lediglich am Insolvenzverfahren beteiligen. Da Verbraucherinnen und Verbraucher hier in der Regel als Nachranggläubiger eingestuft werden, können sie nur mit einer geringen Quote der verlorenen Summe rechnen. Dasselbe gelte auch für Einzelbuchungen in Hotels. Auch Hotels seien nicht gegen eine Insolvenz entsprechend abgesichert, so Kolba.

Fußball-EM: Theoretisch Anspruch auf Erstattung

Viele Veranstaltungen wurden und werden abgesagt. Der Eurovisions-Song-Contest ebenso wie die Fußball-Europameisterschaft. Diese wurde um ein Jahr verschoben. Viele Fans haben bereits gebucht, in der Regel sind das Individualbuchungen für Anreise, Hotel und die Eintrittskarte. Auch in solchen Fällen habe man natürlich einen Anspruch auf Rückzahlung, so Kolba. Das Problem sei aber, dass man es mit einer großen Zahl an Leistungsträgern zu tun habe, deren Zahlungsfähigkeit momentan nicht einschätzbar sei.

Der brasilianische Fußballer Neymar

APA/AFP/Pascal Guyot, Adrian Dennis

Fußball-EM -Bucher haben Anspruch auf Rückerstattung

Ein Problem, das grundsätzlich auf alle Individualreisenden zukommt. Anders als bei Pauschalreisen muss man sich mit den verschiedenen Vertragspartnern separat herumschlagen, wenn man das Geld für eine nicht erbrachte Leistung wiedersehen möchte. Vor allem dann, wenn der volle Preis bereits bezahlt und abgebucht wurde. Wer allerdings noch nicht den vollen Preis bezahlt hat, könne sich auch hier auf die Unsicherheitseinrede berufen und habe bei Ausfall der Veranstaltung selbstverständlich einen Anspruch auf Rückerstattung, so Kolba.

Wer allerdings so wagemutig ist und jetzt noch eine Reise bucht, muss damit rechnen, dass er bei Problemen auf den Reisekosten sitzen bleibt oder zumindest Stornogebühren zahlen muss.

Paul Urban Blaha, help.ORF.at

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