Strommast
APA/BARBARA GINDL
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VfGH: Recht auf Grundversorgung gilt bundesweit

Der Verfassungsgerichtshof (VfGH) hat einen Teil des niederösterreichischen Elektrizitätsgesetzes (NÖ ElWG) für verfassungswidrig erklärt. Es ging um die bundesgesetzlich geregelte Grundversorgung, ein Energieversorger hatte sich geweigert, seinen Kundinnen und Kunden Zugang zur Grundversorgung zu gewähren. Ein grundsätzlicher Gesetzesverstoß, urteilte nun das Höchstgericht.

Der Verfassungsgerichtshof (VfGH) hat eine Regelung im NÖ Elektrizitätswesengesetz (NÖ ElWG) 2005 aufgehoben. Es liege ein Verstoß gegen Grundsätze der Grundversorgung vor. „Die verfassungswidrige Bestimmung tritt mit sofortiger Wirkung außer Kraft“, teilte das Höchstgericht mit. Die bundesgesetzlichen Bestimmungen über die Grundversorgung mit Strom und Erdgas seien nicht verfassungswidrig.

Energieversorger lehnte Grundversorgung ab

Einige Konsumentinnen und Konsumenten in Niederösterreich hatten von ihrem Stromversorgungsunternehmen verlangt, mit Strom zum Tarif der Grundversorgung beliefert zu werden. Das Unternehmen lehnte die Grundversorgung aber ab, weil bereits ein aufrechter Stromliefervertrag bestehe oder ein Vertrag angeboten worden sei.

Das Stromversorgungsunternehmen berief sich dabei jeweils auf § 45 Abs. 6 NÖ ElWG 2005, wonach die Grundversorgung mit Strom vom Energieversorgungsunternehmen unter anderem dann gekündigt werden darf, wenn es dem Haushaltskunden möglich ist, einen Stromliefervertrag mit einem anderen Stromversorgungsunternehmen außerhalb der Grundversorgung abzuschließen", so das Höchstgericht.

VfGH: Bestimmung verfassungswidrig

Der VfGH teile die Bedenken des Bezirksgerichtes für Handelssachen Wien, „dass diese landesgesetzliche Regelung gegen die Vorgaben des § 77 ElWOG 2010 verstößt“. Wäre es einem Stromversorgungsunternehmen gestattet, einen Haushaltskunden auf die Möglichkeit eines Vertragsabschlusses mit einem anderen Unternehmen zu verweisen, würde die Tarifobergrenze der Grundversorgung (wie sie § 77 Abs. 2 ElWOG 2010 als Grundsatz vorgibt) unterlaufen werden. Diese Tarifobergrenze sei nämlich für das andere Unternehmen nicht bindend.

„Damit verstößt die landesgesetzlich eingeräumte Kündigungsmöglichkeit gegen das im ElWOG 2010 verankerte Recht auf Grundversorgung zu wettbewerbsfähigen und diskriminierungsfreien Preisen. Der VfGH hat daher § 45 Abs. 6 Satz 2 NÖ ElWG 2005 als grundsatzgesetz- und damit verfassungswidrig aufgehoben.“

Zudem habe die Prüfung ergeben, dass die Gesetzesbestimmungen im ElWOG 2010 und im Gaswirtschaftsgesetz (GWG) 2011 über die Grundversorgung nicht als verfassungswidrig aufgehoben werden.

VSV: Auswirkungen auch auf andere Bundesländer

Der Verbraucherschutzverein (VSV) stellte in einer Aussendung fest, mit rund 100 zivilrechtlichen Klagen auf Gewährung der Grundversorgung für Verbraucher „zwei wesentliche Entscheidungen des Verfassungsgerichtshofes anstoßen“ haben zu können. Das Erkenntnis zum NÖ ElWG 2005 werde auch für die Landesgesetze etwa in Wien, Burgenland, Kärnten oder Salzburg mit ähnlichen Einschränkungen seine Auswirkungen haben. Die Lieferanten in diesen Bundesländern hätten die Grundversorgung mit dem Argument abgelehnt, stattdessen Neukundentarife anzubieten, womit die Versorgung sichergestellt sei und daher kein Recht auf Grundversorgung bestehe, so der VSV.