Zahnarzt schaut in den Mund (oder eher in eine Zahnprothese?)
APA/dpa/Julian Stratenschulte
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Ergo verweigerte Zahlung für Zahnversicherung

Ein Oberösterreicher schloss bei der Ergo-Versicherung eine private Zahnersatzversicherung ab. Kurz darauf empfahl ihm seine Zahnärztin eine Krone, die er auch einsetzen ließ. Die Ergo verweigerte die Kostenübernahme. Auf einem vor Versicherungsabschluss angefertigtem Röntgenbild sei bereits zu erkennen gewesen, dass der Zahn eine Krone benötige, argumentierte die Ergo.

Am 10. Mai 2023 unterzeichnete ein 43-jährigen Oberösterreicher einen Vertrag bei der Ergo-Versicherung für eine Zahnersatzversicherung. Der Konsument ging davon aus, dass Zahnersatzmaßnahmen, die von der gesetzlichen Krankenversicherung nicht bezahlt werden, von nun an von der privaten Krankenversicherung übernommen werden.

Fünf Tage nach Vertragsabschluss empfahl seine Zahnärztin ihm eine Krone, die der Patient auch anfertigen und einsetzen ließ, sagt Rainer Fasoli, Jurist und Experte für Banken- und Versicherungsrecht bei der Arbeiterkammer (AK) Oberösterreich. Zur Überraschung des Patienten wollte die Ergo die Rechnung über rund 1.000 Euro aber nicht übernehmen.

Keine Deckung wegen altem Röntgenbild

Auf einem vor Versicherungsabschluss angefertigten Röntgenbild habe man bereits erkennen können, dass der Zahn eine Krone benötige, hieß es von Seiten der Ergo. Der Patient wandte sich an die AK. Da es sich bei dem Zahnarzttermin, im Zuge dessen die Röntgenaufnahme erstellt wurde, um einen reinen Kontrolltermin gehandelt habe, hatte er keinen Befund erhalten. Daher verstand der Oberösterreicher nicht, warum die Versicherung die Zahlung ablehnte. Zu diesem Zeitpunkt sei ihm noch nicht klar gewesen, dass er eine Krone brauche, so der Patient.

Widerspruch bei Polizze und Versicherungsbedingungen

In der Versicherungspolizze fand AK-Jurist Fasoli die Formulierung: „Versichert sind medizinisch notwendige Zahnersatzmaßnahmen, die während der Vertragslaufzeit erstmals ärztlich angeraten werden“. Damit sei der Schaden jedenfalls gedeckt, sagt Fasoli. In den Versicherungsbedingungen steht allerdings ein Ausschlussgrund: „Zahnersatzmaßnahmen zu Zähnen, zu denen schon vor Versicherungsbeginn eine Zahnersatzmaßnahme erforderlich war, sind nicht versichert“.

Rechtlich gelte zwar sowohl die Polizze als auch die Versicherungsbedingungen, wenn diese sich allerdings widersprechen, seien die Vertragsbedingungen zugunsten des Konsumenten auszulegen, so Fasoli. Unklarheiten in den Formulierungen gingen zulasten der Versicherung: „Das bedeutet, dass hier ein Versicherungsfall vorliegt, wenn die Zahnärztin erst nach Vertragsabschluss eine Zahnersatzmaßnahme empfohlen hat“, so der AK-Jurist.

Ergo hat schließlich gezahlt

Rainer Fasoli intervenierte bei der Ergo, die daraufhin einlenkte und den vertraglich festgelegten Höchstbetrag doch bezahlte. Die Versicherung begründete ihren Sinneswandel gegenüber help.ORF.at in einer schriftlichen Stellungnahme folgendermaßen: "Man komme per Gesetz ausschließlich für Schäden auf, die nach Versicherungsbeginn eingetreten sind. Dabei spiele es keine Rolle, ob der Kunde über diesen Umstand Bescheid wusste oder nicht. Im vorliegenden Fall habe man den Schaden zunächst nicht übernommen, da die Unterlagen unvollständig gewesen wären, so die Ergo-Versicherung. Nach nochmaliger Überprüfung habe man dann doch gezahlt.

AK sieht private Zahnversicherungen kritisch

Grundsätzlich sieht die AK private Zahnversicherungen kritisch, sagt Fasoli. Hohen Prämien stünden oftmals nur eingeschränkte Leistungen gegenüber. Üblich seien Selbstbehalte von 10 oder 20 Prozent. Außerdem könne man pro Jahr oft nur eine Leistung für eine Behandlung bis zu einem Maximalbetrag in Anspruch nehmen, so Fasoli: „Das kann dann viel weniger sein, als man tatsächlich braucht.“ Dazu komme, dass Zahnversicherungen meist nur in Kombination mit umfangreichen privaten Krankenversicherungen abgeschlossen werden können.

Weiters seien die jährlich zu bezahlenden Versicherungsprämien zu beachten, die stark steigen können. Den privaten Krankenversicherern werde hier vom Gesetzgeber ein großzügiges Recht auf Prämienerhöhung zugesprochen, so Fasoli. So dürfe der Tarif, den man sich als Kunde mit vielen anderen Kunden teile, erhöht werden, wenn in dieser Gruppe insgesamt mehr Krankenhausaufenthalte oder teurere Leistungen des Gesundheitswesens beansprucht werden. Weitere Gründe für eine Prämienerhöhung seien allgemeine Steigerungen der Kosten im Gesundheitswesen oder steigende Lebenserwartung. Anstatt der üblichen Prämienerhöhungen von jährlich rund 5 Prozent, seien in letzter Zeit Steigerungen um bis zu 10 Prozent pro Jahr zu beobachten gewesen, so der Versicherungsexperte.

Haftpflicht vor Zahnersatz

Bevor man an Zahnversicherungen denkt, empfiehlt der Experte deshalb, zunächst jene Versicherungen abzuschließen, bei denen sehr hohe Schadensfälle entstehen können. Dazu zähle etwa eine Haftpflichtversicherung, die vor Gefahren des täglichen Lebens schützt. Etwa wenn man verschuldet einen Radfahr- oder Skiunfall verursacht, so Fasoli. Versicherungen, die den worst case absichern seien privaten Zahnversicherungen vorzuziehen, bei denen man sich mit den Prämien über Jahre hinweg die Leistung ohnehin selbst erkaufe.

Dieser Beitrag begleitet die Sendung "help – das Ö1-Konsumentenmagazin vom 23.3.2024