Beschichtete Trinkbecher
Andreas Amon, ORF
Andreas Amon, ORF

Ewige Chemikalien: Gefahr in Papierverpackungen

Papierverpackungen für Lebensmittel gelten als ökologische Lösung. Doch sie können gesundheitsschädigende Chemikalien enthalten, „ewige Chemikalien“ (PFAS). Jetzt gibt es einen EU-Vorstoß, diese zu verbieten. Kritik am Totalverbot kommt von der Industrie. Ohne PFAS wäre die Energiewende bedroht, wird argumentiert.

Papier ist das neue Plastik, zumindest wenn es um Lebensmittelverpackungen geht. Doch der scheinbar ökologische Fortschritt berge laut der Umweltschutzorganisation Greenpeace eine unsichtbare Gefahr. Denn viele dieser Verpackungen enthalten gesundheitsschädigende Chemikalien.

Per- und polyfluorierte Alkylsubstanzen, (PFAS) werden seit den 1950er Jahren in Papierverpackungen eingesetzt. Sie sind bekannt für ihre Fähigkeit, Flüssigkeiten und Fett abzuweisen, was sie ideal für die Verpackung von Lebensmitteln macht. Man findet diese Verbindungen unter anderem in Fast-Food-Verpackungen, To-go-Kaffebechern und auf Backpapier.

Greenpeace fordert Verbot

Greenpeace fordert seit Jahren ein Aus für PFAS-Chemikalien in Lebensmittelverpackungen. „Es wurde in Versuchen festgestellt, dass sie krankheitserregend sind, dass sie den Hormonhaushalt stören und dass sie das Immunsystem schwächen können“, erklärt Lisa Panhuber von Greenpeace Österreich.

PFAS sind nach momentanem Stand der Forschung keine akut giftigen Chemikalien. Das Problem: Weil sich die Stoffe aufgrund ihrer Langlebigkeit mittlerweile in Böden und Trinkwasser angereichert haben, nehmen wir sie auch über die Nahrung auf. Gelangen PFAS in den Körper, können sie sich an Proteine in Blut, Leber oder Niere binden und sich so im Körper anreichern.

Philipp Winkler-Maschl (ORF) im Gespräch mit Lisa Panhuber (Greenpeace)
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Moderator Philipp Maschl im Gespräch mit Lisa Panhuber (Greenpeace)

Leberschäden und Auswirkungen auf Immunsystem

Welche Folgen das hat, zeigte eine Langzeitstudie mit einer Laufzeit von sieben Jahren. Darin untersuchten Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler Kinder und Jugendliche in ganz Europa auf ihre Belastung mit verschiedenen Chemikalien, darunter auch PFAS. Die gefundenen Konzentrationen überschritten die von der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) vorgeschlagene Wochendosis um das Tausendfache.

Diese Belastung könne dazu führen, dass bei Kleinkindern die Immunantwort auf Impfungen nicht richtig funktioniert und sie so keine ausreichende Immunität gegen Krankheiten ausbilden können, so die EFSA. Auch eine leberschädigende Wirkung und ein negativer Einfluss auf den Cholesterinspiegel wurden festgestellt.

Herausforderungen bei Recycling

Ein weiterer Haken der „Ewigen Chemikalien“ ist das Recycling. Eine mit PFAS beschichtete Verpackung löst sich in einem Standardverfahren nicht auf und muss daher anders entsorgt werden. Verbraucherinnen und Verbraucher können aber nicht feststellen, ob bei einer Lebensmittelverpackung eine PFAS-Beschichtung verwendet wurde oder nicht. Eine entsprechende Kennzeichnung fehlt.

Andreas Walser, Geschäftsführer der Hamburger Recycling Group wünscht sich eine solche auf Verpackungen: „Damit wäre für den Verbraucher einfach sichtbar, in welche Tonne die Verpackung gehört. Entweder in die rote Tonne, also das Altpapier, oder die gelbe Tonne.“

Wichtig für Energiewende?

Auch auf EU-Ebene ist die Diskussion über PFAS-Chemikalien mittlerweile angekommen. Das EU-Parlament hat Ende November für ein Verbot gestimmt. Nun sind die Mitgliedsstaaten am Zug. Kritik an einem Totalverbot kommt unter anderem von der Pharmaindustrie und von Branchenvertretern der Kälte-und Klimatechnik. Außer in der Lebensmittelindustrie und Gebrauchsgütern wie Kletterseilen und Gitarrensaiten werden PFAS auch in diesen Bereichen eingesetzt.

Die Kälte-, Klima- und Wärmepumpenbranche verwendet PFAS-Chemikalien unter anderem in Dichtungen, Konstruktions- und Beschichtungswerkstoffen, elektrotechnischen und elektronischen Komponenten sowie als fluorierte Kältemittel. Auch für die Konstruktion von Wärmepumpen und Solaranlagen seien die Stoffe derzeit unerlässlich. Der sichere Betrieb von Kälte-, Klima- und Wärmepumpenanlagen wäre massiv gefährdet und damit wären auch die Ziele der Energiewende bedroht, argumentiert die Branche.