Milch in der Flasche
APA/dpa/Felix Kästle
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VKI: Produkte mit extra viel Protein entbehrlich

Joghurt, Käse, Brot – in den Supermarktregalen finden sich mehr und mehr Lebensmittel mit extra viel Eiweiß. Diese High-Protein-Produkte sind oft jedoch wenig sinnvoll. Meist sind sie teurer und enthalten mehr Kalorien und Zusatzstoffe. Zu diesem Schluss kommt der Verein für Konsumenteninformation (VKI) in einer aktuellen Erhebung.

Produkte, die eine Extraportion Eiweiß versprechen, suggerieren einen aktiveren, fitteren und damit gesünderen Lebenswandel. Der VKI verglich stichprobenartig Produkte verschiedener Lebensmittelkategorien miteinander und stellte dabei proteinangereicherte Lebensmittel herkömmlichen Produkten gegenüber.

Höherer Preis, weniger Eiweiß

Auffallend war, dass der Preis bei Proteinprodukten durchwegs hoch angesetzt ist, diese aber nicht zwingend mehr Eiweiß enthalten. So ist der „NÖM Pro Cottage Cheese“ um 55 Prozent teurer als der „Cottage Cheese Schnittlauch“ von Milfina. Er enthält aber weniger Eiweiß als das Vergleichsprodukt (11,8 Gramm gegenüber 13 Gramm pro 100 Gramm).

Ähnliches gilt für den Schnittkäse „MINI Babybel High Protein“, der zwar um 46 Prozent teurer ist als der „Milfina Goudina in Scheiben“ – der Eiweißgehalt ist aber niedriger (25 Gramm gegenüber 30 Gramm pro 100 Gramm). Auch die Milchalternative „Joya & Dream Mandel Protein“ enthält trotz Sojabohnenzusatzes weniger Protein als der reguläre „Sojadrink Natur“ von Alnatura (3,2 Gramm versus 3,6 Gramm pro 100 Milliliter).

Nicht zwingend kalorienärmer

Wer glaubt, proteinangereicherte Produkte hätten zumindest weniger Kalorien als normale Lebensmittel, irrt in vielen Fällen. So enthält das – um 166 Prozent teurere – „Spar Natur pur Bio-Eiweißbrot“ zwar tatsächlich mehr Eiweiß als das „Spar Natur pur Bio-Roggen-Vollkornbrot“, allerdings nimmt man damit auch mehr Kilokalorien auf (208 kcal gegenüber 188 kcal pro 100 Gramm). Das Eiweißbrot enthält zudem mehr Fett (6,1 Gramm versus 1,1 Gramm pro 100 Gramm).

Auch das „Billa Protein Naturjoghurt“ enthält mehr Kalorien als beispielsweise das „Clever Joghurt Natur 0,1%“ (51 kcal versus 40 kcal pro 100 Gramm).

Mehr Fett, Zucker und Zusatzstoffe

„Um Lebensmittel wie etwa Brot proteinreicher zu machen, werden oft Weizeneiweiß, Molkepulver oder Leinsamen beigemischt“, so Teresa Bauer, Ernährungsexpertin beim VKI. Diese Zusätze würden Produkte zwar kohlenhydratärmer machen, „der Zusatz von Ölsamen das Brot aber auch fett- und kalorienreicher.“

Wie bereits eine Erhebung des VKI zu Proteindrinks und -riegeln im Jahr 2019 zeigte, können High-Protein-Produkte viel Zucker enthalten. Doch auch die Menge an zugesetzten Süßungsmitteln und anderen Zusatzstoffen kann beträchtlich sein.

Mehrheit der Bevölkerung ist überversorgt

Der Hype um die Extraportion Eiweiß ist insofern bemerkenswert, als die Mehrheit der Bevölkerung mit Protein überversorgt ist und gar keinen Mehrbedarf hätte. Laut dem Österreichischen Ernährungsbericht 2017 nehmen Frauen und Männer in Österreich im Durchschnitt sogar zu viel Protein zu sich.

Die empfohlene Zufuhr von Protein für gesunde normalgewichtige Erwachsene liegt bei rund 0,8 Gramm pro Kilogramm Körpergewicht pro Tag. Das gilt auch für Personen, die regelmäßig Sport treiben. „Für ältere Menschen, Leistungssportlerinnen und -sportler oder Personen, die unter bestimmten Erkrankungen leiden, kann eine höhere Proteinzufuhr notwendig sein. Im Regelfall ist die Mehrheit der Bevölkerung aber überversorgt“, so Bauer.

Umgekehrt könne eine deutlich erhöhte Proteinzufuhr bei Personen, die unter eingeschränkter Nierenfunktion leiden, zu einer weiteren Ver­schlechterung führen.