Sobald das Urteil des Verwaltungsgerichtes in Schleswig-Holstein rechtskräftig wird, droht betroffenen Pkw-Inhaberinnen und -Inhabern der Entzug der Betriebsgenehmigung – nicht nur in Deutschland, sondern auch in Österreich.
Und: Es sind hierzulande deutlich mehr Fahrzeuge betroffen, als bisher bekannt. Auch Pkw von Mercedes, BMW und Opel sind vom Dieselskandal betroffen. Rund 537.000 Dieselfahrzeuge in Österreich wurden wegen illegaler Abschalteinrichtungen zurückgerufen. Hinzu kommen 253.000 Fahrzeuge von VW und Renault, die durch Serviceaktionen optimiert werden sollten.
Viele verschiedene Abschalteinrichtungen
Im Extremfall könnten weitere 800.000 Dieselautos dazukommen, die bisher noch nicht zum Softwareupdate zurückgerufen wurden. Insgesamt wären damit bis zu 1,6 Mio. Fahrzeuge von dem Skandal betroffen, geht aus einer Studie der Betriebswirtin und Wirtschaftsjournalistin Lydia Ninz und dem Anwalt Alexander Holzleitner hervor.
Denn, so Holzleitner, in diesen Diesel-Pkw funktioniert die Abgasreinigung nur bei bestimmten Temperaturen vollständig. Und solche „Thermofenster“ sind laut Europäischem Gerichtshof und Oberstem Gerichtshof unzulässig, wenn dadurch die Abgasreinigung die meiste Zeit des Jahres nicht entsprechend funktioniert.
Außerdem gibt es 13 verschiedene Abschalteinrichtungen, sagte Ninz vor Journalisten. So funktioniere beispielsweise die Abgasreinigung ab einer Höhe von 1.000 Meter nicht entsprechend oder schalte sich nach 22 Minuten Motor-Betrieb ab – herkömmliche Abgastests dauern rund 20 Minuten.
Behörden verlangen Update mit mangelhafter Software
Obwohl die Mängel beim Update bekannt seien, fordern die österreichischen Behörden auf Weisung des Klimaschutzministeriums aktuell zahlreiche Lenker auf, bei den manipulierten VW-Diesel-Pkw die neue Software installieren zu lassen – obwohl dies nicht vor dem Entzug der Betriebsbewilligung schütze, sobald das deutsche Urteil rechtskräftig sei, so Ninz.
Unmittelbar von der Stilllegung bedroht sind derzeit 27.500 Dieselautos mit dem Motor EA 189, der bei VW, Audi, Skoda und Seat zum Einsatz gekommen ist. Insgesamt seien aber in Österreich 66.000 Fahrzeuge verschiedener Hersteller von der Stilllegung bedroht, darunter auch 14.000 von Mercedes.
Andere Maßnahmen wirkungsvoller
Statt des Softwareupdates könnten die Hersteller den Stickoxide-Ausstoß durch SKR-Katalysatoren (selektive katalytische Reduktion) wirkungsvoll reduzieren, sagte Franz Greil, Verkehrsexperte der AK Wien, „aber die Hersteller denken nicht einmal im Traum daran, diese Technologie einzusetzen“.
Selbst die als sauber geltenden Dieselautos der neueren Generation haben den Grenzwert bei Stickoxiden um das Achteinhalbfache überschritten, geht aus der Studie hervor.
AK fordert Update-Stopp
Die AK fordert daher von Umweltministerin Leonore Gewessler (Grüne), das Softwareupdate zu stoppen und bei der EU-Kommission ein Überprüfungsverfahren gemäß EU-Typengenehmigungsverfahren einzuleiten.
Es müsste auch für die technische Umrüstung der Fahrzeuge oder eine entsprechende Entschädigung der Fahrzeughalter gesorgt werden. Und es brauche eine politische Lösung, wie etwa die Umsetzung der EU-Richtlinie über Verbandsklagen, damit Betroffene einfacher ihre Rechte durchsetzen können.