Eine gelber Bauhelm auf einer Baustelle
dpa-Zentralbild/Patrick Pleul
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Baukostenüberschreitung: Wie sich Betroffene wehren können

Bei der Arbeiterkammer (AK) Oberösterreich häufen sich Beschwerden über teils erhebliche Baukostenüberschreitungen. Mitunter werde am Ende doppelt so viel verlangt wie im Kostenvoranschlag. Konsumentinnen und Konsumenten müssen das aber nicht hinnehmen. Ohne rechtzeitige Information und Zustimmung gelte das, was im Kostenvoranschlag ausgemacht war, so die AK Oberösterreich.

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Eine Jungfamilie aus dem Innviertel plante in der zweiten Hälfte des Jahres 2022 ein Fertigteilhaus zu errichten. Im Frühjahr beauftragten sie ein Bauunternehmen, als Grundlage ihres Hauses eine Bodenplatte zu errichten. Im Kostenvoranschlag wurden ihnen dafür 45.800 Euro veranschlagt.

Kostenvoranschlag deutlich überschritten

Die tatsächliche Rechnung nach Abschluss der Bauarbeiten im Sommer war dann aber deutlich höher: 64.000 Euro. Auf Nachfrage beim Unternehmen hieß es, ein Lieferschein sei doppelt verrechnet worden, und die Rechnung wurde auf 58.900 Euro korrigiert. 6.500 Euro davon waren Zusatzaufträge, die die Familie dem Unternehmen während der Bauphase erteilt hatte: eine weitere Bodenplatte für die Garage und eine Zisterne für das Regenwasser.

Abzüglich dieser Mehrkosten standen aber immer noch 6.600 Euro mehr als erwartet auf der Rechnung: eine Überschreitung des Kostenvoranschlags um mehr als 14 Prozent. Als Grund dafür nannte das Bauunternehmen „technische Details“ wie etwa das Material der Rohre hätten sich geändert.

Viele Beschwerden wegen höherer Baukosten

Die Familie wandte sich an die Arbeiterkammer (AK) Oberösterreich. Dort gehen jeden Monat mehrere Anfragen wegen Kostenüberschreitungen bei Bauarbeiten ein, so Michael Kronlachner, Jurist und Baurechtsexperte in der Konsumentenschutzabteilung.

Kostenvoranschläge würden in einer Höhe von bis zu 100 Prozent überschritten. Besonders häufig komme das bei Erdarbeiten vor. „Bei einem Fall wurden für die Grabung eines Kellers 30.000 Euro veranschlagt, auf der Rechnung standen dann knapp 60.000 Euro“, so Kronlachner.

Firmen müssen über Mehrkosten informieren

Kostenüberschreitung seien aber nur dann zulässig, wenn Umstände eintreten, mit denen das Unternehmen zum Zeitpunkt der Erstellung nicht rechnen konnte. „Wenn etwa bei Grabungsarbeiten Drainagen entdeckt werden, die entfernt werden müssen, oder in der Folge eine spezielle Art der Fundierung notwendig ist“, so der Baurechtsexperte.

Dazu kommt, dass das Unternehmen die Pflicht hat, seine Kunden über die Kosten für drohende Mehrarbeiten rechtzeitig zu informieren. Nur wenn der Kunde zustimmt, darf weitergebaut werden.

Informationspflicht oft verletzt

Bei den zahlreichen Fällen, die bei der AK eingehen, zeige sich aber, dass auf drohende Kostenüberschreitungen von den Bauunternehmen meist nicht hingewiesen wird, so Kronlachner. Somit müssen die Zusatzkosten vom Unternehmen getragen werden. Für Konsumentinnen und Konsumenten gilt der vereinbarte Preis des Kostenvoranschlags. Formulierungen wie „in Regie“ oder „Abrechnung nach tatsächlichem Aufwand“ ändern nichts an der Rechtsgültigkeit eines Kostenvoranschlags, so der AK-Jurist.

Zusatzaufträge schriftlich festhalten

Die Unternehmen würden Kostenüberschreitungen häufig mit Zusatzaufträgen der Kunden argumentieren. Daher rät Kronlachner dringend dazu, während der Bauphase Zusatzaufträge und sämtliche Änderungen im Auftragsumfang schriftlich festzuhalten: entweder im Bautagebuch oder per E-Mail an das Unternehmen.

„Fragen Sie am besten auch nach den Preisen für die zusätzlich beauftragten Leistungen“, so Kronlachner. Damit könne bei der Abrechnung genau nachvollzogen werden, was im ursprünglichen Auftrag enthalten war, und was zusätzlich beauftragt wurde, so der AK-Jurist.

Wurden die Arbeiten vom Bauunternehmen ohne Mängel durchgeführt, empfiehlt Kronlachner, nur den ursprünglich im Kostenvoranschlag vereinbarten Betrag zu bezahlen. Andernfalls rät er erst dann zu überweisen, wenn die Mängel behoben sind.

Einvernehmliche Lösung für Innviertler Jungfamilie

Was den Fall der Innviertler Familie betrifft, konnte Kronlachner nach einigem Hin und Her mit dem Bauunternehmen erfolgreich intervenieren. „Wir haben unsere Rechtsansicht dargelegt, wonach diese Überschreitung nicht berechtigt ist“, so der Baurechtsexperte.

Das Unternehmen sei schlussendlich an einer einvernehmlichen Lösung interessiert gewesen. Bezahlt habe die Familie nur den ursprünglich vereinbarten Rechnungsbetrag und die Zusatzaufträge, so Kronlachner.