„Es war die Idee der Politik, in der Steiermark eine Beratungseinrichtung zu gründen, die sich an alle Menschen richtet, die sich diskriminiert fühlen“, so Juristin Daniela Grabovac, die damals die Leitung der Antidiskriminierungsstelle Steiermark übernahm. Das war im Mai 2012.
Etwa 700 Anfragen pro Jahr
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Menschen, die am Arbeitsplatz ungerecht behandelt wurden, etwa aufgrund ihres Geschlechts, konnten sich auch davor schon an die Gleichbehandlungsanwaltschaften wenden, die in allen Bundesländern vertreten sind. Für die meisten anderen Formen von Diskriminierung habe es jedoch keine spezifische Anlaufstelle gegeben, so Grabovac. Dafür habe man die Antidiskriminierungsstelle gegründet. Seither erreichen die Beratungseinrichtung jährlich 700 Anfragen. Bei rund einem Drittel davon geht es um ethnische Diskriminierung.
Diskriminierung von Migranten in aller Öffentlichkeit
Die meisten Fälle spielen sich in der Öffentlichkeit ab, etwa in der Straßenbahn oder im Bus. Ausländisch aussehende Menschen werden beschimpft, bespuckt, oder es wird ihnen das Kopftuch heruntergerissen, so Grabovac. Nach einem Erstgespräch wird den Opfern solcher Angriffe eine Begleitung durch eine Beraterin der Antidiskriminierungsstelle angeboten, zunächst als Unterstützung bei der Einvernahme durch die Polizei, wo mit den Betroffenen etwa die Protokolle gemeinsam durchgesehen werden.
„Gerade in Polizeieinvernahmen sind die Menschen sehr aufgeregt, weil sie nicht wissen, was auf sie zukommt“, so Grabovac. Begleitet werden die Diskriminierungsopfer aber auch zu Gericht, wo ihnen die Beraterinnen den Ablauf des Verfahrens und das Urteil erklären.
Altersdiskriminierung nach wie vor ein Problem
Die zweitgrößte Gruppe bei der Beratungsstelle sind Menschen, die aufgrund ihres Alters diskriminiert werden, sagt die Leiterin der Beratungsstelle. Eine Diskriminierung, die nach wie vor nicht gesetzlich verboten sei. Die Antidiskriminierungsstelle Steiermark setze sich aber bewusst auch für solche Fälle ein. Viele ältere Menschen würden sich melden, weil sie keinen Kredit oder Überziehungsrahmen mehr bekommen. Andere würden von ihrer Krankenversicherung, bei der sie 40 Jahre lang eingezahlt haben, gekündigt oder sollen plötzlich höhere Prämien zahlen, so Grabovac.
Banken und Versicherungen lenken ein
In den ersten Jahren hätten die Unternehmen auf Anfragen der Antidiskriminierungsstelle ausschließlich abwehrend reagiert. Als Grund habe man meist die Bonität der Kundinnen und Kunden vorgeschoben. Nach zahlreichen Medienberichten und auch auf Druck von Seniorenverbänden würden heute manche Banken und Versicherungen zugeben, dass ihre Richtlinien die Ablehnung älterer Menschen vorsehen: „Man merkt, dass es den Unternehmen mittlerweile auch peinlich ist", so Grabovac. Einzelne Banken hätten inzwischen Lösungen gefunden, um auch älteren Menschen wieder Kredite zu gewähren.
Nur zwei Antidiskriminierungsstellen in Österreich
Ende 2012 hat die Stadt Salzburg nach steirischem Vorbild ebenfalls eine Antidiskriminierungsstelle eingerichtet, allerdings nur für Einwohnerinnen und Einwohner der Landeshauptstadt. Abgesehen davon sei die Antidiskriminierungsstelle Steiermark die einzige Einrichtung ihrer Art in ganz Österreich.
Leiterin Daniela Grabovac würde sich Antidiskriminierungsstellen in allen Bundesländern wünschen: „Die Leute bleiben sonst allein mit ihren Problemen, und ihre Wut staut sich auf." Wer bei der Beratungsstelle anruft, erhalte unmittelbar rechtliche Auskunft und werde nicht zu irgendeiner anderen Einrichtung weitergeleitet: „In den vergangenen elf Jahren habe ich gemerkt, dass nicht die Minderheit diskriminiert wird, sondern, wenn man alle benachteiligten Gruppen zusammenzählt, sind wir die Mehrheit“, so Grabovac.