Birne-Zimt Joghurt aus Heumilch
Erlebnissennerei Zillertal/Sedlak
Erlebnissennerei Zillertal/Sedlak

Woher österreichisches Fruchtjoghurt kommt

Engpässe bei Erdbeeren und Himbeeren könnten im Sommer dazu führen, dass das Fruchtjoghurt der niederösterreichischen Molkereien (NÖM) knapp wird. Denn die Beeren kommen nicht aus Österreich, sondern werden aus Marokko, Ägypten und anderen Ländern importiert. Anders sei das nicht möglich, so der heimische Agrana-Konzern.

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Unter dem Begriff Fruchtzubereitung versteht man Obst, wenn es industriell verarbeitet worden ist und beispielsweise zur Herstellung von Joghurt oder Speiseeis eingesetzt wird. Neben Früchten, Zucker und Glukosesirup können auch Verdickungsmittel wie Pektin, Säureregulatoren und Aromastoffe enthalten sein. Der Fruchtanteil von Joghurt mit Fruchtzubereitung muss bei mindestens 3,5 Prozent liegen. Bei Produkten, die als Fruchtjoghurt deklariert sind, muss ein Fruchtanteil von sechs Prozent gegeben sein.

Kaum österreichisches Obst in Fruchtzubereitung

Marktführer bei der Herstellung von Fruchtzubereitung ist die Agrana. Ein Lebensmittelkonzern mit Hauptsitz in Wien, der auch für die Zuckerproduktion bekannt ist. Der Anteil österreichischer Früchte in Fruchtzubereitung sei gering, da die heimische Obstproduktion fast ausschließlich für den Frischmarkt bestimmt ist, so die Agrana gegenüber help.ORF.at.

Die Eigenversorgungsquote bei Obst sei generell gering, sagt Sebastian Theissing-Matei, er ist Landwirtschaftsexperte bei Greenpeace-Österreich. Nur knapp die Hälfte der Früchte, die in Österreich verzehrt werden, stammen aus heimischer Produktion. Selbst wenn man beispielsweise tropische Früchte wie Bananen oder Orangen ausklammert, liege die Eigenversorgungsquote nicht höher als 70 Prozent, so Theissing-Matei.

Zubereitung von Erdbeeren für Fruchtzubereitung
AGRANA
Im Agrana-Werk in Gleisdorf werden große Mengen Erdbeeren für die Herstellung von Fruchtzubereitung verarbeitet

Große Betriebe achten auf die Kosten

Mitte vergangener Woche kündigte NÖM eventuelle Lieferstopps bei Himbeer- und Erdbeerjoghurts an. Vorsorglich, wie es heißt, welche Produkte genau betroffen sein sollen, wurde nicht erwähnt. Tatsächlich liege der Selbstversorgungsgrad bei Erdbeeren aber nur bei rund 70 Prozent, sagt der Landwirtschaftsexperte von Greenpeace. In Österreich geerntete Erdbeeren stehen außerdem nur etwa zwei bis drei Monate im Jahr zur Verfügung, gegessen werden die Früchte aber während des ganzen Jahres. Daher müsse auch hier ein Großteil importiert werden.

Für Molkereibetriebe, die eine große Menge an Fruchtzubereitung benötigen, spiele außerdem die Kostenfrage keine unwesentliche Rolle, sagt Theissing-Matei. Die Agrana verweist außerdem darauf, dass die Wertschöpfung für den Landwirtschaftssektor bei frischem Obst eine weit bessere sei. Anders als bei Fruchtzubereitungen liege bei Fruchtsaftkonzentraten, die im Agrana-Werk in Kröllendorf in Niederösterreich produziert werden, der Anteil heimischer Früchte immerhin bei 15 Prozent.

Erdbeeren aus Polen und Ägypten

In ihrer Presseaussendung vom 21. April spricht NÖM von Problemen bei Rohstofflieferungen aus Polen, Ägypten und China. China gilt als der größte Produzent von Fruchtzubereitungen. Neben zwei Fabriken in Österreich betreibt die Agrana mittlerweile auch zwei Produktionsstätten in der Volksrepublik. Die dort gefertigte Fruchtzubereitung sei allerdings ausschließlich für den chinesischen Markt bestimmt, so die Agrana.

Die österreichische Produktion finde im Werk in Gleisdorf in der Steiermark statt. 16 Prozent der dort verarbeiteten Erdbeeren stammen aus Ägypten, der Rest werde aus europäischen Nachbarstaaten wie Polen oder auch aus Marokko importiert. Exotische Früchte, etwa Bananen oder Maracujas, werden aus Indien zugeliefert.

AGRANA-Produktionsstätte in Gleisdorf – Lagerbehälter
AGRANA
In den Lagerbehältern lagern Früchte aus Polen, Ägypten, Marokko und Indien

Verarbeitete Produkte: Herkunft der Zutaten meist unklar

Für Verbraucherinnen und Verbraucher ist der Ursprung der Fruchtzutaten im Joghurt nicht ohne Weiteres zu erkennen. Nur bei frischem Obst und Gemüse ist eine entsprechende Herkunftsbezeichnung gesetzlich vorgeschrieben. Bei verarbeiteten Produkten ist das generell nicht der Fall, es sei denn, das Herstellerunternehmen gibt die Herkunft der Zutaten freiwillig bekannt, so Teissing-Matei.

Das könnte sich übrigens ändern, seit Längerem wird in der EU diskutiert, ob bei verarbeiteten Produkten zumindest die Hauptzutat angegeben werden muss. Die österreichische Bundesregierung hat sich laut einem Bericht der „Kronen Zeitung“ auf eine verpflichtende Herkunftsbezeichnung für verarbeitete Lebensmittel geeinigt. Vorgesehen sein soll die Kennzeichnung von Fleisch, Milch und Eiern, wenn es sich um Primärzutaten handelt. Das sind jene Zutaten mit einem Anteil von mindestens 50 Prozent am Lebensmittel oder solchen, die Konsumentinnen und Konsumenten üblicherweise mit der Bezeichnung des Lebensmittels assoziieren. Eine Kennzeichnung aller Zutaten sei in der Praxis aber wohl tatsächlich schwer durchführbar, räumt Theissing Matei ein. Eine Kennzeichnung der Herkunft der verwendeten Früchte wird daher whl auch in Zukunft unterbleiben.

AMA-Umfrage: Fruchtjoghurt ist Männersache

Grundsätzlich handelt es sich bei Fruchtjoghurt aber natürlich um ein Milchprodukt. Die Herkunft der verwendeten Rohmilch sei auch auf vielen Joghurts angegeben. Wenn ein österreichisches Joghurt außerdem mit dem AMA-Gütesiegel ausgezeichnet wurde, dann könne man in jedem Fall sicher sein, dass die Milch aus Österreich kommt, sagt Theissing-Matei.

Das bestätigt auch die AMA uns gegenüber. Nur wenn eine Zutat nicht in ausreichender Menge oder Qualität aus Österreich verfügbar sei, darf sie aus dem Ausland stammen, so die AMA. Das sei bei Fruchtzubereitung aber eben der Fall. Wenn Himbeer- und Erdbeerjoghurt im Sommer ausgehen sollten, dürfte das männliche Österreicher übrigens besonders hart treffen. Frauen greifen einer AMA-Umfrage zufolge lieber zu Naturjoghurt. Diesem Beispiel könnten dann ja auch die Herren der Schöpfung folgen. Die Früchte lassen sich bei Bedarf selbst zugeben, der Fruchtgehalt darf in so einem Fall ja auch ruhig ein bisschen höher sein.