Hintergrund des Urteils ist ein Fall aus Belgien. Drei Flugreisende hatten von United Airlines je 600 Euro Entschädigung wegen mehr als dreistündiger Verspätung verlangt. Der zweite Flug ihrer Reise im Jahr 2018 von Brüssel nach San José – über Newark – hatte technische Probleme. Sie erreichten San José mit gut 220 Minuten Verspätung. Die Flüge wurden bei Lufthansa gebucht, aber von der amerikanischen Fluglinie United Airlines durchgeführt.
Zwischen 250 und 600 Euro Entschädigung möglich
Die Rechte von Fluggästen und vor allem wie viel Entschädigung ihnen bei Verspätung oder Flugausfällen zusteht, hat die EU recht klar geregelt: Grundsätzlich haben Reisende die Möglichkeit, bei kurzen Flügen bis zu 250 Euro einzufordern, wenn ihre Verbindung gestrichen oder stark verspätet ist. Das gilt für Flüge unter 1.500 Kilometer, bei längeren Strecken steigt die Entschädigungshöhe auf bis zu 600 Euro. Es gibt aber Ausnahmen, etwa wenn Fluggäste rechtzeitig über Änderungen informiert oder angemessene Alternativen für die Reise angeboten werden.
Ausführende Airline muss zahlen
Die Entschädigung muss nach EU-Recht das sogenannte ausführende Luftfahrtunternehmen an den Kunden oder die Kundin zahlen. Auch wenn der Flug bei der Lufthansa gebucht wurde, ist die Airline, die die Entscheidung trifft, einen bestimmten Flug durchzuführen – die Festlegung der Flugroute eingeschlossen – das ausführende Luftfahrtunternehmen, wie der EuGH nun betonte. Im vorliegenden Fall also United Airlines.
Das Gericht stellte aber auch klar, dass die US-Amerikaner die Möglichkeit haben, sich von anderen dieses Geld wieder zu holen, wenn sie nach nationalem Recht darauf Anspruch haben. Die Fluggastrechteverordnung regelt ebenfalls, dass kein Entschädigungsanspruch besteht, wenn in einem Drittstaat bereits ein Ausgleich gezahlt wurde.
United Airlines sah Verstoß gegen Völkerrecht
Der europäische Verbraucherverband BEUC begrüßte das Urteil. „Dies sind gute Nachrichten für die Verbraucher, da es ihnen Gewissheit über ihre Rechte gibt, unabhängig davon, mit welcher Fluggesellschaft sie aus der EU fliegen und wie sie ihr Ticket buchen“, sagte Patrycja Gautier, leitende Juristin bei Beuc.
United Airlines reagierte zunächst nicht auf das Urteil. Die US-Airline hatte zuvor argumentiert, es verstoße gegen das Völkerrecht, die EU-Fluggastrechteverordnung auf den vorliegenden Fall anzuwenden. Dieser Auffassung folgte das höchste europäische Gericht nicht.
Der für Airlines tätige Experte für Luftfahrtrecht, Harry Snook, kritisierte das Urteil scharf. Die Fluggesellschaften seien nun für Ereignisse verantwortlich, die sich komplett außerhalb des europäischen Luftraums ereigneten. Das Urteil füge sich in eine Reihe von Richtersprüchen ein, die immer mehr Last auf den Schultern der Airlines abladen würden. „Wenn Sie eine Fluggesellschaft sind, können Sie die Verordnung lesen, haben aber kaum eine Vorstellung von Ihren genauen Verpflichtungen“, so Snook,