Amazon-Logo auf einer Hauswand
APA/AFP/Angela Weiss
APA/AFP/Angela Weiss

Studie: „Amazon ist ein Irrgarten für Konsumenten“

„Amazon ist ein Irrgarten für Konsumentinnen und Konsumenten. Und das dürfte mehr Kalkül als Zufall sein“, kommentiert die Arbeiterkammer das Ergebnis ihrer aktuellen Studie über den Onlinemarktplatz. Durch bezahlte Produktreihungen und Kundenbewertungen würden die Kunden getäuscht und manipuliert.

Die Arbeiterkammer (AK) hat den globalen Onlinemarktplatz und -händler Amazon aus Konsumentensicht unter die Lupe genommen und dazu eine von ihr beauftragte Studie präsentiert.

Demnach sind auf Amazon.de chinesische Händler dominant, und österreichische Angebote nur spärlich vertreten. Die EU wird über den Digital Markets Act die Internetriesen regulieren, es brauche aber mehr, etwa die Verhinderung von „Killing Mergers“, wo große Plattformen kleinere schlucken.

Jeder zweite Händler aus China

Die Studie wurde im AK-Auftrag vom Österreichischen Institut für angewandte Telekommunikation (ÖIAT) und dem Center for Digital Safety and Security (AIT) erstellt.

Wer bei Amazon einkauft, kaufe meist bei einem Dritten, so Studienautorin Louise Beltzung vom ÖIAT. Fast jeder zweite Händler sei aus China. Viele Konsumenten wüssten gar nicht, wo sie ihr gewünschtes Produkt kaufen, denn auch hinter einer Namensendung mit DE könne ein Unternehmen mit Sitz in China stehen. Nach Möglichkeiten, die Ergebnisse nach Anbietern aus Österreich oder Qualitätskennzeichen zu filtern, suche man lange bzw. vergebens.

Nur wenige heimische Anbieter zu finden

Wer über Amazon von österreichischen Händlern kaufen will, hat es schwer: Der Anteil von Unternehmen mit Sitz in Österreich liegt in dieser Erhebung bei unter zwei Prozent (1,8 Prozent) unter allen Suchergebnissen.

Die meisten österreichischen Verkäufer wurden bei der Suche nach Spirituosen (10 Prozent), Fernsehern (6,5 Prozent) und Wintersport-Produkten (5,1 Prozent) gefunden. Vertreibe Amazon als Händler das Produkt, habe es meist die Poleposition. Und da Amazon eine Werbeplattform ist, sei rund jedes dritte Suchergebnis gesponsert und werde dadurch auch vorne gelistet.

Amazon hingegen verweist in einer Stellungnahme darauf, dass über 2.000 österreichische Händler ihre Produkte bei Amazon Marketplace verkaufen. Für mehr Sichtbarkeit dieser habe man 2021 einen eigenen Österreich-Shop ins Leben gerufen. Dort würden ausschließlich Produkte heimischer kleiner und mittlerer Betriebe angeboten.

Täuschung durch Reihung und Bewertungen

Die AK fordert, dass die marktdominanten Onlineplattformen wie Amazon mehr Verantwortung übernehmen sollen, um Konsumenten besser zu schützen. Zwei geplante EU-Gesetze – das Digitale Dienste Gesetz und Digitale Markt Gesetz – sowie eine noch heuer umzusetzende Modernisierungsrichtlinie gehen der AK zu wenig weit.

„Konsumentinnen und Konsumenten dürfen nicht mehr getäuscht oder manipuliert werden durch Produktreihungen, Kundenbewertungen & Co. und es braucht mehr Rechtssicherheit wegen Fake-Händlern“, fordert die AK.

Laut Konsumentenschutzexpertin Daniela Zimmer müssen künftig Onlineplattformen bekanntgeben, ob sie die Kundenbewertungen prüfen oder nicht: „Wenn eine Plattform das nicht prüft, würde ich darauf verzichten diesen Bewertungen Glauben zu schenken.“

Der US-Konzern betont hingegen in seiner Stellungnahme, man dulde keine betrügerischen Aktivitäten und investiere erhebliche Summen, um die Glaubwürdigkeit der Beurteilungen zu schützen.

Regulierung dringend nötig

Für AK-Wirtschaftspolitikexperte Helmut Gahleitner ist die Studie der Beweis, wie wichtig die Regulierung der großen Internetkonzerne sei. Amazon habe eine „überragende Marktstellung“, es trete als Händler auf und verkaufe auch selber Waren.

Amazon sei der zentrale Marktplatz für Millionen von Dritthändlern, die Zugang zu dem Marktplatz brauchen, wodurch Amazon die Geschäftsbedingungen aufgrund seiner Marktstellung einseitig regeln könne – „ein klassischer Gatekeeper“ (Torwächter, Anm.).

Da Amazon auf seinem Marktplatz ganz wesentlich die Kaufentscheidungen der Konsumenten beeinflusse, etwa durch Reihung und Kundenbewertung, entscheide es über den Erfolg der einzelnen Händler mit. „Hier braucht es dringend Regulierung“. Das klassische Wettbewerbsrecht greife zwar, aber die Strafen würden im Nachhinein ausgesprochen und die Verfahren sehr lange dauern, während die Internetriesen große Summen verdienen.

Riesen sollen nicht noch größer werden

Die EU-Kommission habe einen „ambitionierten Vorschlag mit klaren Regeln“ gemacht, der mittlerweile vom EU-Parlament in erster Lesung verabschiedet wurde. Das vorgeschlagene Gesetz über Digitale Märkte (Digital Markets Act DMA) sei aber bereits etwas abgeschwächt, denn der notwendige Umsatz sei von ursprünglich 6,5 Milliarden Euro auf acht Milliarden Euro im Europäischen Wirtschaftsraum erhöht worden, wodurch manche nicht ganz so riesige Plattformen womöglich gar nicht mehr von der Regelung erfasst würden.

Für die Änderung seien möglicherweise Lobbyisten der großen Konzerne verantwortlich. Sogenannte „Killing Mergers“, wo große Plattformen kleinere aufkaufen, um sich des Wettbewerbs zu entledigen, sollten verhindert werden können, damit die Riesen nicht noch größer werden, so Gahleitner. Bei wiederholtem Marktmachtmissbrauch dürfe auch eine Entflechtung von digitalen Plattformen kein Tabu sein.

Amazon klarer Gewinner der Coronakrise

Amazon zählt zu den Gewinnern der Coronakrise. In den ersten neun Monaten 2021 hat der US-Konzern 19 Milliarden Dollar (16,9 Milliarden Euro) Gewinn erzielt, nach 14,1 Milliarden Dollar im Vorjahreszeitraum. Amazon selbst möchte sich nicht als „Krisengewinner“ sehen, wie der Konzern in der Stellungnahme betont. In der Pandemie habe man, wie viele andere Einzelhändler, die wichtige Rolle eingenommen, Waren für Menschen nach Hause zu liefern.