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Karin Fischer/help.ORF.at
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Beschwerdeflut: Aufsichtsverfahren gegen DPD ausgeweitet

Der Ärger über die Paketzustellung von DPD wächst. Nachdem die Regulierungsbehörde RTR ein Aufsichtsverfahren gegen den Paketdienst verhängt hat, hagelt es weitere Beschwerden. Eine Zustellung werde nicht einmal mehr versucht, das Paket lande direkt im Paketshop, obwohl die Empfänger zu Hause gewesen wären. Die RTR vermutet ein größeres Problem und weitet das Verfahren aus.

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Ein Blick auf die Facebook-Seite von DPD Austria genügt: Viele Paketempfängerinnen und -empfänger machen ihrem Ärger in mehr oder weniger schönen Worten Luft. Viele beschweren sich auch bei der Arbeiterkammer (AK) und bei help.ORF.at.

Empfänger nicht angetroffen

Es läuft immer auf dasselbe hinaus: Die Empfänger sagen, sie seien – nicht zuletzt wegen des Lockdowns – zu Hause gewesen. Trotzdem sei ihr Paket im Paketshop gelandet.

„Oft gibt es dann auch Konflikte über diesen Umstand“, so Daniela Zimmer, Rechtsexpertin der AK Wien. Zusteller würden vermerken, dass sie einen Zustellversuch gemacht haben. Verbraucher könnten aber recht anschaulich schildern, dass tatsächlich niemand bei ihnen daheim angeläutet hat.

Strukturelle Mängel bei der Zustellung

Im Postmarktgesetz heißt es klipp und klar: Es muss zumindest einen Zustellversuch geben. Genau dieser Zustellversuch unterbleibe, vermutet auch die Rundfunk- und Telekommunikationsbehörde (RTR) und eröffnete vergangene Woche ein Aufsichtsverfahren.

„Aufgrund der Vorkommnisse meinen wir, dass offenbar strukturelle Zustellmängel vorliegen – ohne dem Verfahren vorgreifen zu wollen“, so RTR-Jurist Wolfgang Feiel. Die Mängel seien nicht auf einen bestimmten Zusteller oder einen Zustellbezirk beschränkt. Die Zustellung werde generell in einer Weise vorgenommen, die nicht gesetzmäßig ist. „Das ist zum Nachteil der Empfängerin oder des Empfängers.“

DPD will „jedem Fall nachgehen“

Der Ball liegt nun bei DPD. Dort zeigte man sich verwundert, dass man über das Verfahren vergangenen Freitag via Presseaussendung erfahren habe. Man könne deswegen auch nur allgemein Stellung nehmen. Laut RTR wurde der Anwalt von DPD aber bereits am Tag davor informiert.

DPD verwies help.ORF.at gegenüber jedenfalls auf das stark gestiegene Paketaufkommen. Das betrifft aber alle Paketdienste. Die Branche kann sich im Gegensatz zu anderen nicht über ein fehlendes Geschäft beklagen. Bis zu 400.000 Pakete habe DPD an Spitzentagen im Dezember täglich ausgeliefert. Zum Vergleich: Die Post schaffte da mehr als eine Million pro Tag. DPD kündigte an, jeder einzelnen Beschwerde nachzugehen, „sobald alle Fälle im Detail bekannt sind“.

Ein Mitarbeiter des Kurierdienstes DPD liefert Pakete aus.
APA/zb/Monika Skolimowska
DPD Austria verzeichnete 2020 ein Rekordjahr

Ausgewählte Pakete kommen direkt in den Paketshop

Konkreter war die Auskunft, die ein Help-Hörer auf seine Beschwerde Anfang Februar von DPD bekam. Er hatte per Videoüberwachung festgehalten, dass bei ihm kein Paketbote angeläutet habe, allen Beteuerungen zum Trotz.

DPD schrieb ihm: „Aufgrund des momentan besonders starken Paketaufkommens, sind wir gezwungen ausgewählte Pakete direkt bei einem unserer Pickup Paketshop-Partner in Ihrer Nähe zuzustellen.“ Eine Neuzustellung sei aufgrund der angespannten Situation „leider nicht möglich“.

Auf Nachfrage von help.ORF.at meinte DPD damals, das betreffe vor allem den urbanen Raum, etwa Wien, und erfolge in Abstimmung mit den Versandkunden. Denn diese seien die Auftraggeber.

2.000 Beschwerden an einem Wochenende

Tatsächlich haben die Empfänger gegenüber DPD keine Ansprüche. Sie sind nicht Vertragspartner und können sich nur beim Absender beschweren. Vergangenes Wochenende dürfte es vielen Empfängern gereicht haben. Bei der Aufsichtsbehörde RTR gingen am Samstag und Sonntag mehr als 2.000 Beschwerden ein.

„Das ist sehr außergewöhnlich“, so Feiel. Üblicherweise gebe es rund 200 Beschwerdefälle im gesamten Jahr. Jetzt habe man an einem einzigen Wochenende mehr als 2.000 Beschwerden. „Das ist für uns schon ein klares Indiz, dass hier ein struktureller Mangel in der Organisation des Postdiensteanbieters vorliegen könnte.“ Das Aufsichtsverfahren wurde deshalb ausgeweitet. Zudem wird gesichtet, ob ausnahmslos alle Fälle DPD betreffen.

RTR kann Verbesserungen vorschreiben

Bietet DPD innerhalb einer angemessenen Frist keine befriedigende Verbesserung an, kann die Behörde selbst organisatorische Maßnahmen vorschreiben. Das können zusätzliche Touren sein, eine höhere Zustelldichte oder ein besserer Nachweis der Zustellversuche.

Der Druck auf die einzelnen Zusteller sollte aber nicht weiter erhöht werden, findet AK-Expertin Zimmer. Vielmehr sollten sich die Paketdienste überlegen, ob ihre Ressourcen ausreichen. Für Konsumenten fordert sie ein Recht auf Wahlfreiheit, damit diese sich den Paketdienst bei der Bestellung aussuchen können.

DPD verkürzt Abholfrist beim Paketshop

Auch wenn die Empfänger am kürzeren Ast sitzen, wenn ein Paket beim Onlineshopping nicht ankommt, hinnehmen müssen sie das nicht. „Der Onlinehändler organisiert auch die Versendung und haftet daher gegenüber dem Verbraucher, dass das Paket wirklich bei ihm ankommt“, so Zimmer. Ist das nicht der Fall, müsse der Onlinehändler die Ware noch einmal versenden.

Ist ein DPD-Paket einmal in Paketshop gelandet, sollte man sich mit der Abholung übrigens beeilen. DPD verkürzte am 1. Februar die Lagerzeit von zehn auf sieben Kalendertage. Danach geht das Paket wieder zurück.

Die RTR richtete für Beschwerden von Empfängern und Empfängerinnen von Postsendungen inzwischen ein eigenes Meldeformular ein. Die Beschwerden können nun ausschließlich über dieses Formular eingebracht werden.