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APA/GEORG HOCHMUTH
APA/GEORG HOCHMUTH

Blackout: Folgen des totalen Stromausfalls

Die Welt im Krisenmodus: Neben der Pandemie werden auch Blackout-Szenarien wieder diskutiert. Ein kompletter und andauernder Stromausfall würde für die moderne Kommunikationsgesellschaft weitreichendere Konsequenzen haben als ein paar Stunden ohne Internet und Smartphone.

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Am 8. Jänner um 14:04 Uhr kam es zu einem plötzlichen Frequenzabfall im europäischen Stromnetz. In Kroatien sei ein Leitungselement ausgefallen. Dabei könne es sich etwa um eine Stromleitung oder ein Umspannwerk gehandelt haben, heißt es seitens der Regulierungsbehörde der Elektrizitäts- und Erdgaswirtschaft (E-Control).

Frequenzabfall als Blackout-Risiko

Dieser Vorfall habe eine Kettenreaktion ausgelöst und andere Leitungen mitgerissen. Als Folge kam es zu einer Netzabtrennung des osteuropäischen Teils im europäischen Verbundnetz, was in Westeuropa zum besagten Frequenzabfall führte.

Ein Frequenzabfall unter 50 Hertz ist eine extrem heikle Situation und kann im Extremfall zu einem großflächigen und langanhaltenden Stromausfall führen, dem so genannten „totalen Blackout“. Es gibt aber Sicherungssysteme, die automatisiert aktiv werden, um ein solches Szenario abzuwenden. Diese Notfallsysteme haben auch im konkreten Fall funktioniert, zahlreiche Kraftwerke sind angesprungen oder haben ihre Leistung erhöht und konnten die Frequenz stabilisieren. Darunter auch Wasserkraftwerke in Österreich.

E-Wirtschaft im Umbruch

Eine Warnung sei ein solcher Vorfall aber allemal. Das Verbundsystem befinde sich im Umbruch und sei verletzlicher geworden, sagt der Präsident der Österreichischen Gesellschaft für Krisenvorsorge (GfKV) Herbert Saurugg. Strom, IT und Telekommunikation seien die zentralen Säulen unseres modernen Lebensstils, all dies würde im Falle des totalen Blackouts abrupt zum Stillstand kommen.

Kohlekraftwerk neben Windrad
APA/dpa/Julian Stratenschulte
Umweltbelastende Kohlekraftwerke sollen Platz für saubere Windenergie schaffen

Das Festnetzinternet würde umgehend ausfallen, da dieses ja von der Stromversorgung abhängig ist. Das Mobilfunknetz würde noch einige Stunden mittels Notstrom funktionieren, so Österreichs Telekommunikationsanbieter Telekom-Austria, Magenta und „3“ gegenüber help.ORF.at. Die Unternehmen empfehlen, Batterien und geladene Akkus verfügbar zu haben. Nach etwa vier Stunden würde aber letztlich Funkstille herrschen, zumindest für Privatanwender und Privatanwenderinnen. Auch Bankomaten und Supermarktkassen würden dauerhaft abschalten.

„Blackout würde Versorgung lahmlegen“

Solange Telekommunikationsdienste nicht großflächig und stabil funktionieren, sei es kaum möglich, Produktionsketten am Laufen zu halten, sagt Saurugg. Die Warenverteilung käme in der Folge zum Stillstand. Zwar könne man zunächst noch verfügbare Produkte aus den Regalen des Einzelhandels beschaffen, doch auch dies dürfte angesichts ausgefallener Scannerkassen zum Spießrutenlauf werden. Letztlich wären sowohl die Lebensmittel- als auch die Medikamentenversorgung auf unbestimmte Zeit unterbrochen, so der Krisenvorsorgeexperte.

Mit Notstromaggregaten könne lebenswichtige Infrastruktur gut 72 Stunden aufrechterhalten werden. Eventuell auch länger, wenn die Dieselaggregate betankt werden können, heißt es seitens der Telekom-Austria, die etwa die Kommunikation für Einsatzkräfte und Innenministerium bereitstellt. Dazu zählt beispielsweise die interne Kommunikation von Rettung und Feuerwehr. Nach 72 Stunden werde es aber auch in diesen Bereichen sehr kritisch.

Erneuerbare Energien als Risikofaktor?

Eine wesentliche Vorbereitung, die der Einzelne treffen könne, sei, sich zu informieren, wo sich die nächstgelegenen Anlaufstellen für Notfälle befinden, etwa die Dienststellen von Einsatzorganisation, so Saurugg. Mithilfe eines batteriebetriebenen Radios sollte man auf Bekanntmachungen und Anweisungen der Sicherheitsbehörden achten. Zu dem Zeitpunkt, an dem auch kritische Infrastrukturbereiche nicht mehr mit Elektrizität versorgt werden können, wird aber auch der Radioempfang nicht mehr zur Verfügung stehen.

Windrad im Sonnenaufgang
APA/dpa/Tom Weller
Könnten alternative Energieträger die Gefahr des totalen Blackouts erhöhen?

Unsere Systeme seien heute vielen Risiken ausgesetzt, meint der Krisenvorsorgeexperte. Unter anderem beobachtet er den Ausbau erneuerbarer Energien mit Sorge, weil zunehmend Großkraftwerke vom Netz genommen werden sollen. Etwa bedingt durch den Ausstieg Deutschlands aus der Kohle- und Atomkraft, meint Saurugg. Anders als fossile oder nukleare Energieerzeugung ist etwa Windenergie schwankungsanfällig, weil eben nur dann Strom fließt, wenn der Wind weht.

„Zusätzliche Speicherkraftwerke errichten“

Der Umstieg auf erneuerbare Energieträger sei zweifellos wichtig, so Saurugg, man müsse aber ebenso in Energiespeicher investieren, bevor man konventionelle Kraftwerke endgültig vom Netz nimmt. Österreich sei in diesem Punkt gut aufgestellt, die Republik verfügt über eine große Anzahl an Pumpspeicherkraftwerken.

Man müsse aber bedenken, dass wir uns im europäischen Verbundsystem bewegen. So verfüge beispielsweise Deutschland über eine schlechtere Infrastruktur, was Speicherkraftwerke betrifft, sagt Saurugg. Wenn es in Deutschland zum Ernstfall käme, wäre Österreich in gleicher Weise von den Auswirkungen betroffen.

Experte kritisiert Liberalisierung des Strommarkts

Ein weiteres Problem sei die Liberalisierung des Strommarkts. Diese habe zur Trennung von Netzbetrieb, Stromerzeugung und Stromverkauf geführt. Die Betreiber würden nun primär betriebswirtschaftlich denken, die Investition in teure Energiespeicher für den Notfall sei in dieser Hinsicht zweitrangig. Investitionen müssten sich in der Regel erst rechnen, bevor sie getätigt werden, meint Saurugg. Wenn man mit dem Umbau des Netzbetriebs aber zu lange zuwarte, könnte es zu spät sein.

Man könne einen totalen Blackout nicht gänzlich ausschließen, heißt es seitens der E-Control. Man sei sich der Gefahren aber bewusst, und es gebe gesetzliche Regelungen, die sicherstellen sollen, dass beispielsweise Gaskraftwerke als Notsysteme so lange am Netz bleiben, wie es notwendig ist, um in der Umstellungsphase die Versorgungssicherheit zu garantieren.

E-Control verweist auf funktionierende Notsysteme

Bis jetzt haben diese Notsysteme in Krisensituationen stets tadellos funktioniert. Saurugg bleibt dennoch skeptisch hinsichtlich der Frage, ob dies auch in Zukunft der Fall sein werde. Notversorgung könne nur greifen, wenn die Systeme zum Zeitpunkt des Notfalls auch garantiert am Netz und einsatzbereit sind, so der Blackout-Fachmann.

Angesichts zahlreicher Großkraftwerke, die schon bald stillgelegt werden sollen, habe er da seine Zweifel. Es werde immer schwieriger werden, die Balance zu halten, die permanent notwendig sei, so Saurugg: „Ich fürchte, das wird nicht immer glücken.“ Der Präsident der GfKV empfiehlt in jedem Fall, Vorsichtsmaßnahmen zu treffen. Etwa Notvorräte für zwei Wochen anzulegen und Batterien, Taschenlampen und ein batteriebetriebenes Radio in Reichweite zu haben.