Frau vor Laptop
AFP/ALAIN JOCARD
AFP/ALAIN JOCARD

Internet zu lahm: Was Verbraucher nun tun können

Der Breitbandausbau läuft in Österreich Experten zufolge nur schleppend. Vor allem außerhalb von Ballungszentren sind die von Anbietern beworbenen Höchstgeschwindigkeiten oft gar nicht erreichbar. Wenn das Netz dauerhaft lahmt, haben Verbraucherinnen und Verbraucher aber einen Anspruch auf Kostenminderungen und können eventuell auch vorzeitig den Vertrag kündigen.

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Eine schleppende Internetverbindung kann viele Ursachen haben. Zuerst sollten Nutzerinnen und Nutzer überprüfen, ob die Gründe für die Verzögerungen oder Ausfälle nicht im eigenen Bereich zu suchen sind. Hier sollte man zunächst die Routereinstellungen kontrollieren, sagt Daniela Zimmer, Konsumentenschützerin bei der Arbeiterkammer (AK) Wien. Auch defekte Kabel oder ressourcenintensive Programme wie beispielsweise Antivirenprogramme können die Internetgeschwindigkeit drosseln, so Zimmer.

Beworbene Downloadraten nur im Optimalfall

Man sollte darüber hinaus vorhandene Cookies löschen, überprüfen, ob die Gerätetreiber auf dem neusten Stand sind, und sicherstellen, dass nicht eventuell ein technisch versierter Nachbar die Internetleitung mitbenutzt. Um das zu verhindern, muss das vorgegebene Router-Passwort geändert werden, das meist an der Unterseite des Geräts angegeben ist.

Hat man diese Fehlerquellen eliminiert und das Netz läuft immer noch nicht wie erwartet, gilt es herauszufinden, welche Internetgeschwindigkeit tatsächlich mit dem Anbieter vereinbart wurde. Auf die Spitzenwerte, die in der Werbung angepriesen werden, könne man sich dabei nicht immer verlassen, sagt Zimmer. Diese seien Maximalwerte, die nur unter optimalen Bedingungen erreicht werden können.

Tatsächlich vereinbarte Netzleistung steht im Vertrag

Genaueres zu den tatsächlich zugesagten Verbindungsgeschwindigkeiten findet sich bei Festnetzanschlüssen im Vertrag. Hier sei neben den erzielbaren Maximalwerten auch die Mindestgeschwindigkeit angegeben, so Zimmer. Das ist jene Netzgeschwindigkeit, die eigentlich immer gewährleistet sein muss, sofern keine nachgewiesene technische Störung vorliegt. Wie hoch diese Mindestgeschwindigkeit ausfällt, liege allerdings allein im Ermessen der Anbieter, hier gebe es keine verpflichtenden Vorgaben, so die AK-Konsumentenschützerin.

Lehrerin beim Onlineunterricht
AFP/OLIVIER DOULIERY
Lernen von daheim belastet nicht nur Schüler und Lehrerinnen, sondern auch die Internetbandbreite

Wenn Konsumentinnen und Konsumenten zu der Auffassung gelangen, dass das Internet langsamer läuft als vom Anbieter versprochen, sei aber vor allem die durchschnittliche Bandbreite wichtig. Diese muss ebenfalls im Vertrag angegeben werden. Diese Durchschnittsgeschwindigkeit dürfe nur eine Stunde innerhalb von 24 Stunden unterschritten werden, der angegebene Wert sei im Streitfall also die relevante Messlatte, so Zimmer.

Langsames Internet: Beweislast liegt beim Kunden

Wird die vereinbarte Leistung dauerhaft unterschritten, haben Kundinnen und Kunden eventuell Anspruch darauf, weniger zu zahlen oder den Vertrag vorzeitig aufzulösen. Das Problem: Man muss es beweisen. Dazu muss die Verbindungsgeschwindigkeit über einen längeren Zeitraum regelmäßig gemessen werden, und die Ergebnisse müssen mittels Screenshot festgehalten werden. Die Rundfunk und Telekom Regulierungsbehörde (RTR) bietet für diesen Zweck einen einfach zu bedienenden Netztest an.

Mit den Ergebnissen kann man die Anbieter konfrontieren und Preisminderung oder Beendigung des laufenden Vertrags fordern. Die RTR bietet außerdem die „zertifizierte Messung“ an. Um eine zertifizierte Messung durchführen zu können, muss man sich registrieren, das Verfahren wird unter Anleitung der RTR durchgeführt.

AK: Zertifizierte Messung im Streitfall sinnvoll

Eine zertifizierte Messung beinhaltet mindestens drei Messzyklen, die wiederum aus mehreren Einzelmessungen bestehen. Ein Messzyklus dauert mindestens zwei Stunden, in diesem Zeitraum werden Einzelmessungen im Abstand von 15 Minuten durchgeführt. Es müssen mindestens drei Messzyklen an drei unterschiedlichen Tagen innerhalb von zwei Wochen durchgeführt werden. Entsprechende Endgeräte (z. B. Desktop-PC oder Notebook) müssen für die Dauer der Messung in Betrieb bleiben, dürfen während dieser Zeit aber nicht für andere Anwendungen genutzt werden.

5G-Antenne
APA/dpa/Oliver Berg
5G-Antennen sollen dem mobilen Internet einen gehörigen Schub verleihen

Trotz des Aufwands sei eine zertifizierte Messung sinnvoll, vor allem dann, wenn der Anbieter sich weigert, den Vertrag nachzubessern, so Zimmer. Die Testergebnisse werden den Verbraucherinnen und Verbrauchern als PDF zur Verfügung gestellt und können einen stichhaltigen Nachweis eventueller Leitungsschwächen des Internetdienstes bieten, so Zimmer.

OECD: Österreich säumig bei Breitbandausbau

Die Schlichtungsstelle der RTR kann dann dabei helfen, höhere Internetgeschwindigkeiten zu Wege zu bringen. Was jedoch nicht bedeutet, dass das in jedem Fall möglich ist. Schwierig wird es vor allem außerhalb von Ballungszentren. Der Breitbandausbau, etwa das Verlegen von Glasfaserkabeln, läuft in Österreich nach Ansicht von Branchenkennern und auch der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) nur schleppend. Der online verfügbare Breitbandatlas zeigt, dass in vielen Gebieten nur eine Höchstgeschwindigkeit von bis zu 10 Mbit/s möglich ist. Hier handelt es sich wohlgemerkt um die maximal erreichbare Geschwindigkeit, also auch diese wird lediglich unter optimalen Voraussetzungen zu erreichen sein.

Nicht eben berauschend, wenn man bedenkt, dass Anbieter mittlerweile mit Geschwindigkeiten von 500 Mbit/s oder gar 1.000 Mbit/s (1 Gigabit) werben. Neben mangelndem Ausbau des Glasfasernetzes stehen auch teils hoffnungslos überlastete WLAN-Netze diesem Versprechen im Wege. Die Bundesregierung bemühe sich mittlerweile darum, auch den ländlichen Raum flächendeckend mit stabilem Breitbandinternet zu versorgen, meint Zimmer. Bis diese Pläne zur Realität werden, dürfte es aber noch einige Zeit dauern.

Verlegen von Glasfaserkabeln
APA/dpa/Peter Kneffel
Das Verlegen von Glasfaserkabeln bleibt die Voraussetzung für Internetgeschwindigkeiten im Gigabytebereich

Ministerium: Flächendeckendes Breitband bis 2024

Beim zuständigen Landwirtschaftsministerium (BMLRT) geht man derzeit davon aus, dass bis 2024 in siebzig Prozent der Haushalte eine Downloadgeschwindigkeit von bis zu 100 Mbit/s erreichbar sein wird, „wenn die aktuell vergebenen Förderprogramme ausgebaut werden“, wie es heißt. 14 Prozent der Wohnsitze sollen bis dahin „unter Berücksichtigung des privatwirtschaftlichen und des geförderten Ausbaus“ über Gigabit-fähige Leitungen (mehr als 1.000 Mbit/s) verfügen. Die angegebenen Zahlen stammen vom Mai 2019, aktuelle Zahlen sollen demnächst veröffentlicht werden.

Zweite Breitbandmilliarde angekündigt

Die Bundesregierung setzt in diesem Zusammenhang sowohl auf einen Ausbau der Glasfaserinfrastruktur als auch auf einen flächendeckenden Ausbau des 5G-Netzes. Die Anbindung der meisten Mobilfunkbasisstationen mit Glasfaser sei eine Grundvoraussetzung für den künftigen 5G-Rollout, so das Ministerium gegenüber help.ORF.at. In diesem Zusammenhang sei auch eine weitere Breitbandmilliarde avisiert. Die Förderungen sollen ausschließlich für den Ausbau einer modernen Kommunikationsinfrastruktur vergeben werden, um zu verhindern, dass das Geld dazu verwendet wird, um etwa veraltete Kupferkabel zu warten.

Hinsichtlich der Pläne zum Glasfasernetz ist in dem Schreiben des Ministeriums derweil aber ausschließlich von der „Anbindung der meisten Mobilfunkbasisstationen an das Glasfasernetz“ die Rede. Inwieweit es Pläne gibt, Glasfaserleitungen bis in die einzelnen Haushalte zu verlegen, wie das etwa in Schweden durchaus üblich ist, ist derzeit noch nicht bekannt.