Ein Passagier mit Gesichtsmaske in einem AUA-Flugzeug
APA/HELMUT FOHRINGER
APA/HELMUT FOHRINGER

Reisebuchungen momentan auf eigenes Risiko

Wer eine Urlaubsreise bucht, der tut das momentan auf eigene Gefahr. Flüge werden abgesagt, die Reisebuchungsplattformen sind bei Problemen nicht erreichbar. Man habe den Eindruck, dass es von Seiten der Bundesregierung momentan keine Unterstützung für Konsumentinnen und Konsumenten gibt, kritisiert die Arbeiterkammer (AK).

Seit Beginn der Covid-19 Krise häufen sich Anfragen zum Thema Reiserecht bei Verbraucherschutzorganisationen und auch bei help.ORF.at. Vorrangig geht es um Fragen zur Kostenerstattung, vor allem bei Flugreisen. Wird ein Flug storniert, haben die Passagiere Anspruch darauf, die Ticketkosten zur Gänze erstattet zu bekommen.

Keine Airline hat Ticketkosten fristgerecht erstattet

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Die Fluglinie müsste den Flugpreis an und für sich binnen sieben Tagen erstatten, sagt Ulrike Weiß, Konsumentenschützerin bei der Arbeiterkammer Oberösterreich (AK OÖ). Die sieben Tage haben sich allerdings bestenfalls als theoretischer Wert erwiesen, die Konsumentinnen und Konsumenten mussten oft monatelang Geduld beweisen. An die gesetzliche Frist habe sich keine einzige Airline gehalten, sagt Weiß. Erst jetzt beginnen manche Fluglinien damit, die Ticketkosten ordnungsgemäß zu erstatten.

Viele Unternehmen sind aber nach wie vor säumig und lassen die Passagiere im Regen stehen. Manche vertrösten mit Gutscheinen, andere geben keine oder nur unverständliche Informationen darüber, welche Rechte die Passagiere haben und wie man diese geltend machen kann. Dass sich auch große Airlines wie die Lufthansa-Gruppe mit Kostenerstattungen so lange Zeit gelassen haben, sei umso ärgerlicher angesichts der Tatsache, dass hohe Summen an Steuergeld geflossen sind, so Weiß.

150 Millionen für die AUA – ohne Auflagen

In Deutschland war die Staatshilfe an die Lufthansa zwar mit Auflagen verbunden, eine Verpflichtung, den Passagieren die Flugkosten zu erstatten, die ihnen rechtmäßig zustehen, war aber keine Bedingung. Der Lufthansa-Gruppe wurden neun Milliarden Euro zugesagt, die erste Milliarde wurde bereits im Juli überwiesen. Die AUA, die Teil der Lufthansa ist, erhielt vom österreichischen Staat 150 Millionen – ebenfalls ohne die Verpflichtung, den Passagieren ihre verfallenen Tickets zu erstatten.

Viele Konsumentinnen und Konsumenten buchen Reisen online über Vergleichs- und Buchungsportale. In der Krise haben sich diese aber keineswegs mit Ruhm bekleckert. Man habe den Eindruck, viele seien angesichts der Probleme bewusst untergetaucht, meint die AK-Konsumentenschützerin. Es seien E-Mail-Adressen gelöscht und sogar eingeschriebene Briefe der Kundinnen und Kunden von den Onlineportalen an die Absender retourniert worden.

Viele Buchungsplattformen auf Tauchstation

Wer über eine Onlineplattform gebucht hat, muss im Zweifelsfall mit fast unlösbaren Problemen rechnen. Viele Reisearrangements werden dort nämlich mit einem Baukastensystem zusammengestellt. Oft wird bei mehreren Airlines gebucht, auch allfällige Hotelbuchungen erfolgen separat. Das hat zur Folge, dass die Kunden ihre Reise zwar über einen einzigen Anbieter gebucht haben, in Wahrheit aber Verträge mit verschiedenen Unternehmen abgeschlossen wurden.

Leere Sitze in Flugzeug
AFP/Daniel Roland
Etliche Maschinen der Lufthansa-Gruppe mussten am Boden bleiben

Dies habe bei manchen Reisenden beispielsweise zu der Situation geführt, dass Hin- und Rückflug mit verschiedenen Fluglinien gebucht wurden. Der Hinflug wurde storniert – der Rückflug (der von der anderen Fluglinie durchgeführt wurde), habe aber stattgefunden, erzählt Weiß. Ein Anspruch auf Kostenersatz für den Rückflug habe in diesem Fall also nicht bestanden, da die betreffende Airline den Flug ja vertragsgemäß durchgeführt habe.

Erstattungsansprüche müssen im Einzelfall geprüft werden

Die Buchungsplattform kann in solchen Fällen die Verantwortung auf die Konsumentinnen und Konsumenten abwälzen, da sie meist nur als Vermittler fungiert. Auch Hilfestellung könne man sich nicht unbedingt erwarten, da die Portale wie erwähnt nicht erreichbar sind, auch nicht für die Arbeiterkammer (AK).

Onlinebuchungen seien häufig so komplex strukturiert, dass man im Problemfall kaum allgemeine Handlungsanweisungen geben könne, sagt Weiß. Meist könne nur im Einzelfall geprüft werden, ob ein Anspruch auf Erstattung überhaupt besteht. Und letztlich könne dies oft nur ein Gericht klären.

Arbeiterkammer Oberösterreich kooperiert mit FairPlane

Um seine Rechte gerichtlich durchzusetzen, empfiehlt Weiß, sich an ein seriöses, privates Fluggastrechteportal zu wenden. Unternehmen wie Flightright oder FairPlane sind darauf spezialisiert, solche Fälle vor den Kadi zu bringen, wenn sie eine Erfolgschance sehen. Zwar muss man einen Teil der erstrittenen Summe als Provision an das Unternehmen abführen, allerdings nur im Erfolgsfall. Scheitert das Fluggastrechteportal vor Gericht, ist das Service für die betroffenen Passagiere kostenlos. Die AK OÖ kooperiert mit FairPlane, um Rechtsansprüche gegenüber Fluglinien durchzusetzen.

In Oberösterreich übernimmt die AK die Provision, die Passagiere an FairPlane abführen müssten. Das Angebot gilt allerdings nur für Oberösterreicherinnen und Oberösterreicher. Betroffene können sich jedenfalls noch bis Jahresende online registrieren. Die Provision wird abschlagsfrei von der AK ÖÖ übernommen. Der aktuelle Streitwert betrage 700.000 Euro, die eventuellen Kosten der AK seien jedenfalls budgetiert, sagt Weiß.

Schild vor Hamburger Reisebüro mit Reisewarnung
APA/dpa/Georg Wendt
Sogar ein Hamburger Reisebüro warnt momentan vor Urlaubsreisen

AK: Keine Unterstützung der Regierung für Konsumenten

Probleme mit Reisebuchungen, abgesagten Flügen und geschlossenen Hotels betreffen eine Vielzahl von Konsumentinnen und Konsumenten. Allein die AK hat im vergangenen halben Jahr 65.000 Anfragen bearbeitet. Die Bundesregierung nimmt momentan zwar viel Steuergeld in die Hand, um der Tourismusindustrie unter die Arme zu greifen, die Forderungen von Konsumentenschützern, die eine bessere Absicherung für Verbraucherinnen und Verbraucher verlangen, verhallen laut AK dagegen ungehört.

AK und Verbraucherschutzorganisationen fordern seit Beginn der Krise eine Insolvenzabsicherung des Staats für Fluglinien. Letztere bieten Passagieren bei abgesagten Flügen in der Regel Gutscheine an, die oft mehrere Jahre gültig sind. Schlittert ein Unternehmen aber in die Insolvenz, verlieren diese Gutscheine ohne Insolvenzabsicherung ihren Wert. Leidtragende wären in so einem Fall die Passagiere, die einen Gutschein akzeptiert haben.

Wer momentan Reisen bucht, kann Geld verlieren

Man habe tatsächlich den Eindruck, dass es von Seiten der Bundesregierung momentan keine Unterstützung für die Passagiere gibt, sagt AK-Expertin Weiß: „Hier wird alles auf dem Rücken der Konsumentinnen und Konsumenten abgeladen.“

Wer sich in der momentanen Situation auf Reisen begibt, vor allem zu einem Zeitpunkt, an dem jedem klar sein müsse, dass jederzeit Reisewarnungen verhängt werden können, sollte sich also des damit verbundenen Risikos bewusst sein, sagt Weiß. Der Wunsch nach Urlaub sei zwar auch in Zeiten der Krise nachvollziehbar, dennoch müsse man darauf hinweisen, dass derzeit wirklich die Gefahr besteht, dass Konsumentinnen und Konsumenten Geld verlieren. Denn es sei keine Selbstverständlichkeit, dass man kostenlos stornieren könne, und es ist keine Selbstverständlichkeit, dass man Geld, das man bereits bezahlt hat, wieder zurückholen kann.