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Opodo Deutschland
Opodo Deutschland

Horrende Bearbeitungsgebühren bei Opodo und Co.

Wenn ein Flug annulliert wird, haben Konsumentinnen und Konsumenten Anspruch auf die Erstattung der Ticketkosten. Wer allerdings über eine Onlineplattform gebucht hat, könnte eine böse Überraschung erleben. Die Reiseportale verrechnen derzeit teils enorme Bearbeitungsgebühren, wenn es darum geht, Geld zurückzugeben. Diese können mehrere hundert Euro betragen.

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Viele Konsumentinnen und Konsumenten haben derzeit Anspruch auf Reisekostenerstattung, wenn etwa eine Pauschalreise abgesagt oder ein Flug annulliert worden ist. So auch ein mittlerweile pensionierter Elektrotechniker aus Niederösterreich. Über die Buchungsplattform Opodo hatte er im Dezember 2019 einen Flug von Wien nach Köln und retour um 964 Euro gebucht. Die Flüge wurden abgesagt, auf die Rückerstattung musste er geraume Zeit warten.

Opodo verrechnete 292 Euro an Gebühren

Der Niederösterreicher beschwerte sich mehrmals schriftlich bei dem Onlineportal. Nach mehreren Monaten landete schließlich doch noch eine Erstattung auf seinem Konto. Opodo überwies aber nur rund 672 Euro. 292 Euro behielt das Unternehmen ein. Auf Bearbeitungsgebühren in dieser Höhe war der Pensionist nicht vorbereitet. Er habe den Buchungsprozess genau dokumentiert und Kopien angefertigt. Auf Bearbeitungsgebühren sei er niemals hingewiesen worden, so der Opodo-Kunde gegenüber help.ORF.at.

Onlineplattform beruft sich auf das Kleingedruckte

In einer schriftlichen Stellungnahme gegenüber help.ORF.at verweist Opodo auf seine Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) und schreibt: „Die Bearbeitungsgebühren beziehen sich auf vier Passagiere und beinhalten Buchungsgebühren, Gepäck und Sitzplätze. Laut unseren AGB sind dies alles nicht-erstattungsfähige Gebühren. Rechtlich gesehen hat der Kunde diesem Vertrag bei der Buchung zugestimmt.“

Für die Konsumentenschützer des Europäischen Verbraucherzentrums (EVZ) im Verein für Konsumenteninformation (VKI) sind solche Spesen ein neues Phänomen, sagt EVZ-Jurist Reinhold Schranz. Virulent sei diese Problematik erst geworden, als viele Fluglinien aufgrund der Coronaviruspandemie die Flüge annullieren mussten und Konsumentinnen und Konsumenten gemäß der Europäischen Fluggastrechteverordnung Anspruch auf Rückerstattung der Ticketkosten haben, so Schranz.

Gebühren müssen klar und deutlich ausgewiesen werden

Bearbeitungsgebühren von zehn oder zwanzig Euro könnte man eventuell noch argumentieren, meint der EVZ-Jurist. Summen von mehreren hundert Euro für die Vermittlung von Flugtickets seien aus Sicht des EVZ aber jedenfalls unzulässig, weil hier Leistung und Gegenleistung in keinem angemessenen Verhältnis mehr stünden.

Dass die Zusatzkosten im Kleingedruckten versteckt werden, verstoße darüber hinaus gegen eine geltende EU-Verordnung, so Schranz. Konkret geht es dabei um "Verordnung Nr. 1008/2008 des Europäischen Parlaments vom 24. September 2008 über gemeinsame Vorschriften für die Durchführung von Luftverkehrsdiensten in der Gemeinschaft“.

Letztlich müsste ein Gericht entscheiden

In Artikel 23 dieser Verordnung ist festgelegt, dass sämtliche Gebühren, Zuschläge und Entgelte „auf klare, transparente und eindeutige Art und Weise am Beginn jedes Buchungsvorgangs mitgeteilt“ werden müssen. Auch auf der Buchungsbestätigung müssen diese Zusatzkosten selbstverständlich ausgewiesen werden, so EVZ-Jurist Schranz.

Das EVZ kann momentan aber lediglich versuchen, außergerichtliche Einigungen mit den Plattformen zu erzielen. Anfangs sei man hier auch erfolgreich gewesen, so Schranz. Mittlerweile stünden die Buchungsplattformen aber auf dem Standpunkt, dass die Gebühren gerechtfertigt seien. Das EVZ will nun prüfen, ob gerichtlich gegen die Anbieter vorgegangen werden kann. Das Problem sei eklatant – Opodo kein Einzelfall, sagt Schranz. Probleme gebe es auch mit Anbietern wie Flugladen, Flüge.de und Expedia. Der Experte empfiehlt Verbraucherinnen und Verbrauchern, generell bei Buchungen über Onlinereisebüros vorsichtig zu sein.

EVZ: Flüge direkt bei den Fluglinien buchen

Das EVZ rät, Buchungsplattformen nur zu nutzen, um eine optimale Flugverbindung ausfindig zu machen. Buchen sollte man dann aber bei den Fluglinien direkt, weil man hier nur einen Vertrags- und Ansprechpartner habe, wenn es zu Problemen kommt, so Schranz. Anderenfalls müssten alle Fäden über den Vermittler laufen. Die Coronaviruskrise habe jedoch eindrucksvoll gezeigt, wie aufwendig und schwierig eine solche Vorgehensweise sein kann.

Für den Elektrotechniker aus Niederösterreich ging die Geschichte letztlich gut aus. Nach der Intervention von help.ORF.at erstattete Opodo die knapp 300 Euro Bearbeitungsgebühren. „In Kulanz“, wie betont wurde. Ob hier tatsächlich von Kulanz gesprochen werden kann, wird letztlich nur ein Gericht klären können.