LTE-Würfel: Wie langsam darf das Internet sein?

T-Mobile wirbt derzeit mit noch schnellerem Internet für Zuhause. Oft sind Kunden enttäuscht, wenn die Verbindung über den LTE-Würfel daheim deutlich schlechter ist. T-Mobile räumt im Kleingedruckten auch ein, dass beim Verbraucher wahrscheinlich nur ein Bruchteil der beworbenen Internetgeschwindigkeit ankommen wird. Müssen Konsumenten das hinnehmen?

Sendungshinweis

„Help“, das Ö1-Konsumentenmagazin, jeden Samstag um 11.40 Uhr in Radio Ö1

Ob bei YouTube, einem Software-Download oder beim Durchstöbern der Urlaubsfotos in der Cloud - eine langsame Internetgeschwindigkeit nervt überall. T-Mobile verspricht Abhilfe in Form eines LTE-Modems. Der schwarz-rosa Würfel soll daheim und unterwegs ultraschnelles Surfen ermöglichen. „Ultraschnell“ bedeutet laut Werbung eine Downloadgeschwindigkeit von „bis zu 150 Megabit pro Sekunde“ (Mbit/s). Derzeit läuft eine Werbeaktion, die sogar „bis zu 250 Mbit/s“ in Aussicht stellt.

Statt 150 Mbit/s oft nur zwei Mbit/s

Die Realität sieht freilich anders aus, vor allem auf dem Land und am Abend, wenn sich viele Nutzer im Internet tummeln. Da ruckeln Spiele und Videos – kein Wunder. Statt der beworbenen 150 Mbit/s kommen oft nur zwei bis drei Mbit/s an, das reicht gerade, um eine einfache Webseite zu öffnen. Wer ein anspruchsvolleres Onlinespiel herunterladen will, würde mit zwei Mbit/s dafür volle drei Tage brauchen.

Screenshot T-Mobile

Screenshot T-Mobile

T-Mobile wirbt für seine LTE-Würfel mit „bis zu“ 250 Mbit/s Download

„Es darf sich hier nicht um Utopiegeschwindigkeiten handeln“, so Marlies Leisentritt, Juristin beim Verein für Konsumenteninformation (VKI). Wenn Anbieter ihre Produkte mit Geschwindigkeitsangaben wie „bis zu 150 Mbit/s“ bewerben, erwarte der Kunde auch, dass dieser Wert erreicht werden könne, so die Konsumentenschützerin..

Weniger als 50 Prozent der Leistung problematisch

Aber wieviel der versprochenen Geschwindigkeit muss erreicht werden? „Wenn ich niemals 50 Prozent der beworbenen Internetgeschwindigkeit bekomme und es häufig zu Leistungseinbußen kommt, halte ich das für problematisch“, so Gregor Goldbacher, Leiter der Schlichtungsstelle der Telekomregulierungsbehörde RTR.

Ein Internetanschluss muss laut Goldbacher rund um die Uhr gut verwendbar sein und nicht nur mitten in der Nacht, wo die geringste Nutzung stattfindet. Auch die besten Maximal-Bandbreiten würden nichts nützen, wenn sie nur hin und wieder erreicht werden, so Goldbacher.

Internetgeschwindigkeit automatisch messen

Funktioniert das Internet tatsächlich nur schleppend, haben Konsumenten Anspruch auf Gewährleistung. Entweder der Anbieter behebt den Mangel innerhalb einer angemessenen Frist oder er gewährt einen Preisnachlass. Auch eine vorzeitige Vertragsauflösung ist möglich. Um Ansprüche geltend zu machen, müssen Konsumenten aber beweisen, dass ihre Internetverbindung lahmt.

Screenshot RTR

Screenshot RTR

Statt „bis zu“ 150 Mbit/s Download kommen im Test nur 0,13 Mbit/s Download an

Dazu muss mehrmals täglich die Downloadgeschwindigkeit gemessen werden, nicht nur über WLAN, sondern auch über ein LAN-Kabel. Die RTR bietet dafür einen Netztest an. Neu ist ein Loop-Test der RTR, der automatische Messungen über 48 Stunden durchführt. Die Telekomregulierungsbehörde führt auch Schlichtungsverfahren durch, wenn sich Kunden und Anbieter nicht einigen können.

VKI: Unzulässiger Gewährleistungsausschluss

T-Mobile wirbt zwar mit der hohen Internetgeschwindigkeit von 150 Mbit/s, lässt sich dabei selbst aber eine Hintertüre offen. So heißt es im Kleingedruckten: „Im Einklang mit der EU-Verordnung 2015/2120 informieren wir Sie darüber, dass die geschätzte maximale Bandbreite ihres Tarifes an der Vertragsadresse bei LTE-Versorgung 2 Mbit pro Sekunde im Download und 0,5 Mbit im Upload beträgt“.

Konsumenten würden durch diesen Passus von T-Mobile benachteiligt, so VKI-Juristin Leisentritt. Wenn der Betreiber als geschätzte maximale Geschwindigkeit zwei Mbit/s hinschreibt, aber gleichzeitig die Geschwindigkeit mit 150 Mbit/s bewirbt, ist das nach Ansicht des VKI ein unzulässiger Gewährleistungsausschluss. Der VKI prüft derzeit, ob eine Verbandsklage gegen T-Mobile durchgeführt wird und nimmt auch gleich die anderen Mobilfunkanbieter unter die Lupe. Eine Verbandsklage der Konsumentenschützer wäre die erste derartige Auseinandersetzung vor Gericht. Anders als in Deutschland ist in Österreich noch nicht juristisch geklärt, welche Bandbreiten für Konsumenten noch zumutbar sind.

Festnetzinternet ist stabiler

T-Mobile weist gegenüber help.ORF.at den Vorwurf zurück, es werde hier versucht, die Gewährleistung auszutricksen. „Es werden alle gesetzlichen Rahmenbedingungen von T-Mobile eingehalten“. Externe Faktoren könnten die Internetgeschwindigkeit von Produkten beeinflussen. Dazu zählten eine hohe Auslastung einzelner Mobilfunkzellen, sowie Schnee, Regen und im Sommer dichte Vegetation, so der Mobilfunkanbieter. Kunden könnten das Angebot zwei Wochen testen und zurückgeben, wenn es nicht ihren Erwartungen entspreche. Auch nach Ablauf der zweiwöchigen Testphase biete T-Mobile bei schlechtem Empfang außergerichtlich eine vorzeitige Vertragsauflösung oder Preisminderung an.

Dass gerade das mobile Internet langsamer wird, wenn zu viele Nutzer in einer Funkzelle eingebucht sind, bestätigt auch RTR-Experte Goldbacher. Er empfiehlt, die Produkte verschiedener Anbieter zuerst zu testen und sich bei Verträgen nicht langfristig zu binden. Es müsse Konsumenten auch klar sein, dass mit hoher Wahrscheinlichkeit ein Festnetzprodukt eine stabilere Qualität liefere, so Goldbacher.

Karin Fischer, help.ORF.at

Links:

Mehr zum Thema: