Roaming bremst LTE-Kunden aus

Seit sieben Wochen können Urlauber ihr Handy auf Reisen innerhalb der EU „wie zuhause“ nutzen. Extragebühren fallen keine mehr an. Erste Erfahrungen zurückgekehrter Urlauber zeigen jedoch: Ganz „wie zuhause“ funktioniert es dann doch nicht. Wer etwa das schnelle LTE-Netz gewohnt ist, muss sich im EU-Ausland bisher oft mit dem deutlich langsameren 3G-Netz begnügen.

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„Grundsätzlich muss man sagen, dass die Umsetzung der EU-Roamingverordnung gut funktioniert hat,“ so Gregor Goldbacher von der Telekom-Regulierungsbehörde (RTR) gegenüber help.ORF.at. „Die Tarife sind entsprechend angepasst worden und fast alle Kunden können problemlos ‚Roam like at Home‘ nutzen.“ Dies bestätigte zuletzt auch die Arbeiterkammer - mehr dazu in AK-Test: Anbieter halten sich an neue Roamingregeln. Einzig Telering verstieß mit einem Tarif gegen die Regeln - mehr dazu in Telering darf keine Extragebühr für Roaming verlangen.

Statt 4G- nur 3G-Empfang

Vor allem den Komfort, sich keine Gedanken mehr über eventuell explodierende Rechnungen machen zu müssen, schätzen die Urlauber. Ganz „wie zuhause“ funktioniert das Gratisroaming aber noch nicht. „Uns liegen Beschwerden vor, dass die Bandbreite, die im Ausland genutzt werden kann, nicht dem entspricht was man im Inland gewohnt ist“, so Goldbacher. Wer etwa das schnelle LTE-Netz, auch 4G genannt, gewohnt ist, muss sich im EU-Ausland oft mit dem deutlich langsameren 3G-Netz zufrieden geben.

Junger Mann blickt genervt auf sein Smartphone

Getty Images/m-Imagephotography

Empfang ja, aber nicht so flottes Internet wie zuhause

Im Fall von LTE-Roaming müsse man sich anschauen, was die Ursache der Einschränkungen sei. „Ob das sozusagen netzseitig getriggert ist, oder einfach nur damit zu tun hat, dass viele ausländische Netze vielleicht nicht so gut ausgebaut sind wie inländische“, so Goldbacher.

Jeweilige Roamingpartner bestimmen Netzqualität

Verweigern die Mobilfunker Roamingnutzern etwa absichtlich die volle Bandbreite? Werden Roamingkunden als Kunden zweiter Klasse abgespeist? Keineswegs, erklären die drei größten heimischen Mobilfunker – A1, T-Mobile und Drei – auf Nachfrage von help.ORF.at. Jeder Mobilfunker ist demnach grundsätzlich selbst für das Roaming seiner Kunden im EU-Ausland verantwortlich.

Der Anbieter muss dafür Vereinbarungen mit Roamingpartnern im jeweiligen Land treffen. Das gilt auch für die vielen kleinen Mobilfunkanbieter. Sie können die Partnerschaften des Netzbetreibers, bei dem sie eingemietet sind, nicht mitnutzen, sondern müssen eigene Vereinbarungen treffen.

LTE-Netz erfragen und manuell auswählen

Wie gut die Netzqualität ist, hängt dann davon ab, ob unter den Roamingpartnern im Urlaubsland auch Betreiber mit LTE-Netz sind. Und ob der Kunde auch in dieses schnelle Netz eingebucht ist. T-Mobile hat nach eigenen Angaben weltweit derzeit 138 LTE-Roamingpartner, bei A1 sind es 55. „3“ gab gegenüber help.ORF.at an, die Zahl seiner LTE-Partner nicht nach außen zu kommunizieren.

Wer also auch am Strand in Italien, Kroatien und Spanien im schnellen LTE-Netz unterwegs sein will, probiert entweder alle verfügbaren Netze am Handy aus und schaut, welches die beste Geschwindigkeit bietet, oder informiert sich auf der Website des eigenen Mobilfunkanbieters welches Netz im Urlaubsland ausgewählt werden soll.

Info-SMS oft missverständlich

Generell mangelt es offenbar noch an Informationen. Viele Kunden fühlen sich nicht ausreichend über die Details der neuen Regeln aufgeklärt. Der Leiter der zuständigen Schlichtungsstelle der RTR, berichtet auch von Beschwerden zu Informations-SMS, die nicht korrekt oder missverständlich sind. „Es werden ungenaue oder falsche Informationen über die mögliche Nutzbarkeit gegeben und das hat teilweise die Kundinnen und Kunden doch sehr verunsichert“, so Goldbacher.

Beim Roaming-Datenvolumen gibt es Limits, die von Tarif zu Tarif unterschiedlich sind. Die Höhe des Limits wird anhand einer von der EU vorgegebenen Formel (Grundgebühr/7,7x2) errechnet. Das im eigenen Tarifpaket inkludierte Datenvolumen spielt dabei keine Rolle.

Tatsächlich sind die Begrüßungs-SMS missverständlich bzw. ungenau formuliert: „Sie können gemäß der Fair Use Policy Ihre Freieinheiten auch in der EU verbrauchen“ oder „SMS, abgehende Gespräche und Daten werden wie nationale Einheiten verrechnet und etwaige Freieinheiten berücksichtigt“ heißt es hier etwa. Dass es gerade beim Datenverbrauch aber auch nach dem Roaming-Aus noch Beschränkungen gibt, geht nicht klar hervor.

RTR-Experte Goldbacher empfiehlt, die Informations-SMS nicht zu löschen, sondern sicherheitshalber bis zur ersten Handyrechnung nach dem Urlaub zu behalten. Für den Fall, dass die Informationen in der SMS von der tatsächlichen Verrechnung zum Nachteil der Kunden abweiche, habe man dann ein Beweismittel in der Hand.

Apps geben Auskunft über eigenen Verbrauch

Um den Überblick zu behalten, wie viele der Freieinheiten man schon verbraucht hat, rät Gregor Goldbacher zur Nutzung der Online-Kundenzonen auf den Websites bzw. der Kunden-Apps der Betreiber. Diese würden einen guten Überblick verschaffen.

Falls die Handyrechnung nach dem Urlaub doch unerwartete Kosten mit sich bringen sollte, können Kunden einen Rechnungseinspruch beim eigenen Mobilfunkanbieter einlegen. Wenn alle Stricke reißen und kein Einvernehmen über das Problem besteht, steht Kunden auch ein Schlichtungsverfahren bei der RTR offen.

Beate Macura, help.ORF.at

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