Was man bei der Wohnungsrückgabe wissen muss

Die Rückgabe einer Mietwohnung löst oft Unsicherheit bei den Mietern aus. Muss ich ausmalen? Verspachteln? Was ist unter dem Begriff „normale Abnutzung“ zu verstehen, und wann liegt eine übermäßige Abnützung vor? Alles Fragen, die nicht immer eindeutig zu beantworten sind.

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Seit über dreißig Jahren war die Genossenschaftswohnung in der Familie, schon der Vater hat darin gewohnt. Im vergangenen Jänner wollte Harald R. die Wohnung aufgeben. Vor der Rückstellung erhielt der junge Wiener von der Genossenschaft eine so genannte Schwerpunktliste. Diese enthielt Anweisungen, wie sich Kosten, die die Genossenschaft nach der Rückstellung in Rechnung stellen könnte, vermeiden ließen. So seien etwa Sesselleisten zu montieren, Löcher zu verspachteln, Dübel und Küchenfliesen zu entfernen.

Rückstellungsliste der Genossenschaft im Befehlston

Bei der gemeinnützigen Siedlungsgenossenschaft Heimbau erklärt man auf Anfrage durch help.ORF.at: „Aus dem Inhalt der Schwerpunktliste kann entnommen werden, dass es sich bei den angeführten Positionen um Anhaltspunkte handelt, die bei der Wiederherstellung des Mietgegenstandes in den ursprünglichen Zustand eine gewisse Hilfe beziehungsweise Unterstützung bieten sollen.“

Die in der fraglichen Liste angeführten „unterstützenden Anhaltspunkte“ lesen sich jedoch eher wie konkrete Anweisungen: „Das Fliesenschild in der Küche ist generell zu entfernen und der Untergrund zu verspachteln. Sämtliche Dübellöcher in der Wohnung sind ebenmäßig zu verschließen, im Bad sind diese mit Silikon zu verschließen.“ Darüber hinaus heißt es: „Sollten die Arbeiten nicht bis zum vereinbarten Abgabetermin erledigt sein, werden diese durch Professionisten auf Kosten des ausscheidenden Mieters beauftragt und durchgeführt. Die Kosten werden von dem zu leistenden Rückzahlungsbetrag gemäß Paragraph 17 WGG in Abzug gebracht, der für die notwendige Dauer der Arbeiten vorerst zurückbehalten wird.“ Aus Gutgläubigkeit und Angst, er könnte mit Abzügen oder Zusatzkosten konfrontiert werden, hat Harald R. die Wohnung auf eigene Kosten in dreimonatiger Arbeit faktisch im Alleingang ausgemalt und renoviert.

Normale oder übermäßige Abnutzung

In der Aufgabenliste der Genossenschaft wird darauf hingewiesen, dass eine normale Abnutzung akzeptiert wird. Auf die Frage, was denn unter einer normalen Abnützung nach 30 Jahren zu verstehen sei, blieb die Heimbau Genossenschaft im Mailverkehr mit Harald R. aber eher vage. Konkrete schriftliche Informationen gab man dem Mieter erst Mitte Jänner, zwei Wochen vor dem Rückgabetermin. Zu diesem Zeitpunkt hatte Harald R die Renovierungsarbeiten großteils abgeschlossen. Alles Arbeiten, die man einem Bewohner nach dreißig Jahren wohl kaum noch hätte auferlegen dürfen. Dabei hat sich Harald R präzise an die Vorgaben der Genossenschaft gehalten.

Ausmalen müssen Mieter nur in Ausnahmefällen

Die in der Aufgabenliste enthaltenen Informationen seien undifferenziert und daher teilweise auch falsch, sagt Walter Rosifka, Wohnrechtsexperte der Arbeiterkammer Wien. Der Experte kritisiert, dass auf individuelle Besonderheiten, wie etwa die Länge des Mietverhältnisses, nicht eingegangen werde. Dies sei aber unerlässlich, um beurteilen zu können, welche Pflichten einem Mieter im Fall des Auszugs tatsächlich übertragen werden können. Nach einer Zeit von dreißig Jahren hätte man von Harald R. wohl kaum die Malerarbeiten an den Wänden oder das Verspachteln kleinerer Löcher im Mauerwerk nahelegen sollen. Die fragliche Schwerpunktliste sei somit sicher eher zum Vorteil des Vermieters als jenem des Mieters erstellt worden, so Rosifka. Juristisch ist die Liste allerdings nicht angreifbar. Schließlich sei es nicht verboten, von einem Bewohner quasi Fleißaufgaben zu fordern, so der AK-Wohnrechtsexperte.

Farbe und Malerausrüstung in Wohnung

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Weiße Wände - Ja oder Nein? Das Ausmalen wird häufig zum Streitthema.

Die Frage des Ausmalens ist ein häufiger Streitpunkt. Vermieter erhalten eine Wohnung gerne mit strahlend weißen Wänden retour. Vorgeschrieben werden dürfen Malerarbeiten dem Mieter aber in den meisten Fällen nicht, so Rosifka. Es sei lediglich dafür zu sorgen, dass die Wände in einer „verkehrsüblichen“ Farbe rückgestellt worden. Diese könne laut Urteil des Landesgerichts für Zivilrechtssachen aber auch sehr wohl grün oder ocker sein.

Ausmalen muss ein Mieter dann, wenn etwa die Wandfarbe allzu individuell geraten ist. Wenn die Mauern etwa rabenschwarz oder im Zebralook daherkommen. Ebenfalls zu Farbkübel und Pinsel greifen muss man, falls es dafür eine vertragliche Gegenleistung, zum Beispiel eine Mietpreisminderung, gegeben hat. Eine generelle Ausmalverpflichtung habe in einem Mietvertrag aber nichts verloren, so Rosifka.

Wanddübel und Haken sind meist Sache des Vermieters

Generell gilt: Die „normale Abnützung“ einer Wohnung muss der Mieter nicht beseitigen. Dazu zählen eben auch die Dübelspuren, die Herr R. auf Anregung der Genossenschaft pflichtbewusst verspachtelt hat. Eine Seifenschale oder einen Handtuchhalter habe wohl jeder Bewohner im Badezimmer. Ebenso wie eine gewisse Anzahl von Bildern an der Wand. Wenn man diese Gegenstände beim Auszug entfernt, bleiben klarerweise Verbrauchsspuren zurück. Diese Verbrauchsspuren seien somit als „normale Abnützung“ zu klassifizieren, deren Behebung nicht dem Mieter angelastet werden kann.

Die Frage, was unter dem Begriff normale Abnützung im Detail zu verstehen sei, könne jedoch häufig nur im Einzelfall beurteilt werden und sei von individuellen Faktoren abhängig, so Rosifka: „Wenn ich 30 Jahre in einer Wohnung gewohnt habe, dann ist das halt was anderes als wenn ich zwei Jahre in einer Wohnung gewohnt habe.“

Bei Schäden müssen Mieter nur den Zeitwert ersetzen

Im Fall von Beschädigungen kann der Vermieter den Mieter zur Verantwortung ziehen. Allerdings darf in solchen Fällen lediglich der Zeitwert des beschädigten Objekts als Grundlage für den Schadenersatz herangezogen werden. Ähnlich wie bei einem Auto, wo der Besitzer im Fall einer Beschädigung ebenfalls bloß den Zeitwert des Fahrzeugs vom Verursacher ersetzt bekommt.

Die Lebensdauer einer Tür wird beispielsweise mit 30 Jahren angenommen. Sollte diese also nach 20 Jahren irreparabel beschädigt sein und ersetzt werden, so kann der Vermieter zehn Prozent der Kosten vom ausziehenden Mieter rückfordern.

Bei der Frage, ob es sich um „normale Abnutzung“ oder „übermäßige Abnutzung“ handelt, rät der Wohnrechtsexperte zunächst mit Hausverstand an die Sache heranzugehen. Schäden, die schlicht dem Bewohnen einer Wohnung oder dem Zahn der Zeit geschuldet sind in der Regel nicht zu beseitigen. Dafür hat man ja schließlich auch all die Jahre Miete bezahlt. Für Schäden, die man bewusst oder durch unsachgemäßen Gebrauch verursacht hat, wird man jedoch zumindest teilweise gerade stehen müssen.

Paul Urban Blaha, help.ORF.at

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