Wenn die Vertragskündigung zum Scheidungskrieg wird

Erfolglose Vertragskündigungen gehören zu den größten Verbraucherärgernissen der Gegenwart: Kündigungen werden nicht bestätigt oder angeblich nie erhalten, Abbuchungen laufen weiter, Mahnungen werden verschickt. Besonders häufig scheinen den Beschwerden nach Kündigungen von Handy- und Internetverträgen im Sand zu verlaufen. Die Regulierungsbehörde RTR spricht von einzelnen Härtefällen.

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Im Jahr 2014 kündigte eine Konsumentin ihren Internet- und Festnetzvertrag bei der Telekom Austria. Da sie darüber hinaus noch einen separaten A1 Mobilfunkvertrag laufen hatte, entging ihr zunächst, dass das Unternehmen weiter Abbuchungen von ihrem Konto vornahm. Auch für den bereits gekündigten Festnetzvertrag. Die von A1 verrechneten Beträge bezog sie auf ihre Handyrechnung.

Über die Jahre 1.272 Euro zu viel in Rechnung gestellt

Auf diese Weise hatte die Telekom für den bereits gekündigten Festnetzanschluss einen Betrag von rund 1.272 Euro zu viel abgebucht. Nach erfolgter Beschwerde wurde das Geld von dem Unternehmen anstandslos erstattet. Die wirklichen Probleme begannen, als die Kundin im vergangenen Juni ihren Mobilfunkvertrag kündigte. Im November 2016 wurde ihr das erste Mahnschreiben zugestellt: „Wobei nicht gestanden ist, was gemahnt wird, nur dass ich bitte zahlen soll.“

Sie wandte sich telefonisch an eine Kunden-Hotline. Ein A1-Mitarbeiter entschuldigte sich, die Mahnung sei hinfällig, es habe sich um einen Fehler in der Verrechnung gehandelt. Wenige Wochen später landete die nächste Zahlungserinnerung in der Post der zunehmend verärgerten Ex-Kundin.

Mahnschreiben aufgrund von Buchhaltungsfehlern

Nach einer neuerlichen Beschwerde meldete sich ein Mitarbeiter der Zentrale. Es folgte: Eine neuerliche Entschuldigung, der Verweis auf den Fehler in der Buchhaltung, das Versprechen, die Angelegenheit zu regeln, und zwei Wochen später ein weiteres Mahnschreiben. Die Konsumentin setzte sich ein weiteres Mal mit A1 in Verbindung. Statt einer Entschuldigung habe sie diesmal einen Ratschlag erhalten. Sie solle versuchen, 20 Euro auf das Konto der Telekom zu überweisen, vielleicht wäre das Problem damit aus der Welt, soll der Mitarbeiter der Kundenhotline gesagt haben.

Rechnung A1

A1

Der Grund für die verrechneten Mehrkosten ist in den Mahnungen nicht ersichtlich

Auf den Zahlungserinnerungen, die help.ORF.at vorliegen, sind Belegnummern, Fälligkeitsdaten und angeblich offene Beträge zu sehen. Wofür die Summen in Rechnung gestellt werden, ist jedoch nicht ersichtlich. Bei A1 konnte man gegenüber der Kundin dazu auch keine Angaben machen. Sie hat einen Anwalt eingeschaltet. In einer schriftlichen Stellungnahme gegenüber help.ORF.at schreibt A1, dass nun keine Rechnungen mehr offen seien und man diese Information auch dem Anwalt der Kundin mitgeteilt habe.

Kampf um Kündigung dauerte acht Monate

Den achtmonatigen Kündigungskrieg, die Kündigung ist im vergangenen Juni erfolgt und war nach Ablauf der Kündigungsfrist seit September 2016 gültig, erklärt das Unternehmen mit einer Verkettung unglücklicher Umstände: „Im Fall von Frau S. kam es leider zuerst beim Kündigungsdatum nach der Portierung zu einem bedauerlichen Eingabefehler eines Mitarbeiters, für den wir uns entschuldigen möchten. In weiterer Folge wurde dann – nach Bereinigung des Fehlers - irrtümlicherweise eine Zusatzoption noch ein weiteres Mal verrechnet.“

Aus Sicht der Rundfunk- und Telekom Regulierungs-GmbH (RTR) sind derart komplexe Vertragsauflösungen Einzelfälle. Ein systematisches Vorgehen der Betreiber schließt die RTR generell aus. In Einzelfällen könne es aber durchaus zu allfälligen Schwierigkeiten bei Kündigungen von Telekommunikationsverträgen kommen, sagt RTR-Jurist Gregor Goldbacher. Die größten Schwierigkeiten gebe es in Fällen, in denen Kunden eine Kündigung erklären, diese aber von den diversen Unternehmen, aus welchen Gründen auch immer, nicht beachtet oder bearbeitet würden. Die Betreiber würden im Streitfall dann damit argumentieren, dass sie keine Kündigung erhalten hätten.

Immer auf eine Kündigungsbestätigung bestehen

Solche Fälle seien vor allem dann schwer zu lösen, wenn sie schon länger zurückliegen, so der für Schlichtungsverfahren zuständige Goldbacher. Hier müsse nämlich der Kunde beweisen, dass die Kündigung überhaupt erfolgt sei. Dies könne im Einzelfall durchaus zu einem Problem werden, da ein einfacher Brief noch kein Beweis dafür sei, dass der Empfänger diesen auch erhalten hat. Dies gelte auch für eingeschriebene Briefe, da in solchen Fällen die Post zwar die Übergabe garantiert, diese aber nicht schriftlich bestätigt wird.

Gregor Goldbacher rät daher, in jedem Fall auf einer Kündigungsbestätigung zu bestehen. Diese sollte maximal zwei Wochen nach erfolgter Kündigung beim Kunden eingelangt sein. Eine einfache E-Mail reicht in der Regel übrigens nicht. Eine Kündigung sollte mit Unterschrift entweder per Brief, per Fax oder eingescannt dem Unternehmen übermittelt werden. Eine schriftliche Dokumentation ist vor allem dann nützlich, sollte eine Meinungsverschiedenheit mit einem Telekommunikationsunternehmen letzten Endes vor einer Schlichtungsstelle oder gar vor einem Gericht enden.

Paul Urban Blaha, help.ORF.at

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