Energydrinks als Gesundheitsrisiko

In den Niederlanden stoppen die Diskonter Aldi und Lidl ab Herbst den Verkauf von Energydrinks an unter 14-Jährige. Wegen ihres hohen Koffein- und Zuckergehalts wird vor allem bei Kindern vom Konsum solcher Getränke abgeraten. In Österreich sind keine Beschränkungen geplant.

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Energydrinks enthalten Koffein, Zucker, Taurin, Vitamine und vieles mehr. Vermarktet werden diese Getränke als aufputschend und leistungssteigernd, wissenschaftlich können diese Effekte allerdings nicht eindeutig nachgewiesen werden.

Ein Brauner mit acht Stück Würfelzucker

80 mg Koffein einhält eine Dose Energydrink (0,25 Liter) durchschnittlich und ungefähr acht Würfel Zucker. Damit entspricht eine Dose Energydrink einem kleinen Braunen mit acht Stück Würfelzucker. Für Kinder, Jugendliche und Schwangere liegt die von der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) empfohlene Tagesdosis bei drei mg Koffein pro Kilogramm Körpergewicht. Überhöhter Koffeinkonsum führt bei Kindern und Jugendlichen zu Unruhe, Problemen beim Ein- und Durchschlafen, aber auch zu Herzrhythmusstörungen. Ausschlaggebend für die Empfindlichkeit gegenüber Koffein ist das Gewicht der jeweiligen Person.

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Eine Dose enthält so viel Koffein wie eine Tasse Kaffee

„Wenn man sich das für einen Jugendlichen mit 50 Kilogramm überlegt, dann ist diese Koffeingrenze mit zwei Energydrinks auf jeden Fall überschritten“, so Maria Wakolbinger vom Institut für Public Health an der Medizinischen Universität Wien (MedUni Wien). Die World Health Organisation (WHO) empfiehlt, nur fünf Prozent des täglichen Tagesbedarfs an Kalorien aus Zucker zu beziehen. Rechnet man für Kinder 2.000 Kilokalorien (kcal) als Tagesbedarf, liegt die empfohlene Tagesmenge bei 25 Gramm Zucker, was bereits mit einer Dose erreicht wäre.

Inhaltsstoffe verstärken die Wirkung gegenseitig

„Die Kombination von Zucker und Koffein ist das Kritische, weil der Zucker eben auch die Wirkung von Koffein verstärkt“, so Wakolbinger. Auch die Wirkung der weiteren Inhaltsstoffe, wie Vitamin B6 und B12, Taurin und Mineralien, ist nicht eindeutig. Die Kombination der verschiedenen Inhaltsstoffe erhöht den Puls, der Mensch empfindet das als aufweckend und belebend.

Zuckerfreie Energydrinks mit Süßstoffen wie Stevia oder Aspartam stellen keine gesündere Alternative dar. Die Langzeiteffekte von diesen Süßstoffen sind unbekannt. Vor allem bei Kindern rät die Ernährungswissenschaftlerin zur Vorsicht. Nur bei Glukose, dem häufigsten Speisezucker, ist die Süßschwelle - das ist die Menge, ab der etwas als süß empfunden wird - bekannt, bei anderen Süßstoffen würden teilweise sehr hohe Mengen hinzugegeben, da deren Süßschwelle unbekannt ist.

Altersbegrenzungen als Jugendschutz

In den Niederlanden stoppen die Diskonter Aldi und Lidl ab Herbst 2018 den Verkauf von Energydrinks an unter 14-Jährige. Grund sei die wachsende Sorge der Gesellschaft, so das Unternehmen Lidl. Bereits Anfang 2018 stoppten in Großbritannien Supermarktketten den Verkauf von Energydrinks an unter 16-Jährige.

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Koffeinhaltige Softdrinks sind bei Jugendlichen beliebt

Auf Nachfrage von help.ORF.at beim österreichischen Diskonter Hofer, der zu Aldi-Süd gehört, und bei Lidl Österreich hieß es, dass hierzulande kein Verkaufsstopp dieser Produkte für Kinder und Jugendliche geplant sei. Zu den Gründen des Verkaufsstopps der beiden Handelsketten in den Niederlanden möchte sich keines der beiden Unternehmen äußern.

„Energydrinks sind kein unbedingt notwendiges Lebensmittel“, so Heinz Schöffl, Lebensmittelexperte der Arbeiterkammer Wien (AK Wien). In Österreich werden Energydrinks mit einem gedruckten Warnhinweis gekennzeichnet. „Dieser Hinweis ist eigentlich für Erwachsene. Aus Sicht der AK wäre es durchaus legitim, sich ein gesetzliches Verbot der Abgabe zu überlegen“, so Schöffel gegenüber help.ORF.at. Auch Lebensmittelexpertin Wakolbinger sieht freiwillige Verkaufsstopps als einen ersten Schritt hin zu einem effizienteren Jugendschutz.

Vermeidung hoch zuckerhaltiger Getränke

Einzelpersonen empfiehlt die Ernährungswissenschaftlerin den Konsum von Zucker bewusst niedrig zu halten: „Es bräuchte in der Industrie eigentlich keine Zugabe von so viel Zucker, so viel Koffein oder anderen Süßstoffen – da geht es nur darum, den sehr süßen Geschmack, an den Konsumenten gewöhnt sind, zu erzeugen“. Langfristig sei für eine effektive Reduktion des Zuckerzusatzes in Energydrinks, aber auch in anderen Lebensmitteln, eine Zusammenarbeit von Industrie und Politik notwendig, so die Expertin.

Ein Warnschild über ein Verkaufsverbot von Energydrinks an Jugendliche in Litauen

Petras Malukas / AFP

Litauen untersagte 2014 den Verkauf von Energydrinks an Minderjährige

Ein Bewusstsein zu den möglichen Gesundheitsrisiken von überhöhtem Zucker- und Koffeinkonsum zu schaffen, würde die Situation verbessern, so Wakolbinger. Sie ist neben ihrer Tätigkeit an der Meduni Wien auch Mitarbeiterin beim Special Institute for Preventive Cardiology and Nutrition (SIPCAN). Dieses Institut veröffentlicht unter anderem Listen, die es Konsumenten ermöglichen sollen, den Zuckergehalt von Getränken zu vergleichen.

Bedenken zu Energydrinks nicht neu

Bereits wenige Jahre nach der Markteinführung von Energydrinks in Mitteleuropa 1993 kam es teilweise zu Verboten. Einer der Gründe dafür war der Todesfall eines 18-Jährigen, der nach dem Konsum von vier Dosen eines Energydrinks beim Sport verstarb. Daraufhin wurde der Verkauf von Energydrinks in Frankreich komplett verboten. Die EU-Kommission focht diese Bann an. Nach der Entfernung von Taurin aus der Rezeptur wurden Energydrinks in Frankreich 2008 wieder zugelassen.

Franziska Schwarz, help.ORF.at

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