Wie man alte Postings und Bilder wieder los wird

Was Internetnutzer im Laufe der Zeit an Informationen im Netz posten, verrät vieles über ihr Leben, ihre Interessen und ihre Bekanntschaften. Das deutsche Computermagazin „c’t“ empfiehlt, Twitter, Facebook, Google und Co. gelegentlich gründlich auszumisten, um veraltete oder unangenehme Infos löschen zu können.

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Mario R. war im Jahr 2011 Protagonist einer Recherche des Computermagazins „c’t“. Die Redaktion wollte zeigen, wie sich Datenspuren, die er über die Jahre im Internet hinterlassen hat, zu einem Persönlichkeitsprofil verdichten lassen. Mit seinem Einverständnis wurden Onlinespuren zusammengetragen und ausgewertet.

Gläserner Mensch durch Datenspuren im Internet

Das Resultat sei ein erschreckend präzises Persönlichkeitsbild gewesen, erzählt „c’t“-Redakteur Jo Bager. Man sei in der Lage gewesen, die genaue Familienstruktur von Mario R. zu eruieren. Man konnte seine Beziehungen rekonstruieren, kannte seine Wohnadresse und Fahrzeugdaten. Man sei auch in der Lage gewesen, zu sagen, wann und wo Mario R. auf Urlaub war. Eine Information, die auch für Einbrecher hätte interessant sein können, so Bager.

PC Bildschirm Facebook

ORF.at/Zita Köver

Ein Frühjahrsputz in Sozialen Netzwerken kann durchaus sinnvoll sein

Soziale Netzwerke: Auch Arbeitgeber lesen mit

Für Mario R. kam dieses Ergebnis wohl gänzlich unerwartet. Seine Einwilligung zur Veröffentlichung zog er zurück, die Resultate wurden anonymisiert. Die Experten des „c’t"-Magazins raten deshalb dazu, Benutzerkonten und Soziale Netzwerke in regelmäßigen Abständen nach persönlichen Datenspuren zu durchforsten. Man könne davon ausgehen, dass unsere Postings, Bilder und Likes von Interesse sind. Für Ämter ebenso wie für den Arbeitgeber. Den US-Komiker Kevin Hart kosteten homophobe Tweets aus dem Jahr 2011 den Job als Moderator der Oscarverleihung 2019.

E-Mail-Konto hilft beim Aufspüren eigener Datenspuren

Um das eigene Internetleben nach veralteten oder unangenehmen Einträgen zu durchkämmen, empfiehlt „c’t“-Redakteur Bager im Passwortmanager nachzusehen, auf welchen Seiten man überhaupt registriert ist. Das funktioniert natürlich nur dann, wenn man über einen Passwortmanager verfügt, was Internetexperten zufolge aus Sicherheitsgründen aber in jedem Fall sinnvoll ist.

1Password Screen auf Mac

1Password

Im Passwortmanager findet man einen Überblick über Benutzerkonten

Auch der E-Mail-Posteingang könne eine wertvolle Hilfe sein, um sich in Erinnerung zu rufen, auf welchen Seiten man im vergangenen Jahr Konten eröffnet und eventuell Einträge hinterlassen hat. Ein universelles Tool, zum Aufspüren alter Datenspuren, gebe es leider nicht, so Bager. Letztlich erfordere eine solche Operation auch Eigeninitiative und Kleinarbeit.

Einige Webseiten bieten aber durchaus sinnvolle Hilfestellungen für die Aufräumarbeiten an. Auf dem Webportal „namechk“ könne man beispielsweise prüfen, ob ein Nickname, den man bei einem Onlinedienst einsetzt, auch auf anderen Webseiten verwendet wird. Auf diese Weise lassen sich alte Konten aufspüren, die vielleicht längst in Vergessenheit geraten sind.

Mit Privatfotos Gesichtserkennung getestet

Als Beispiel nennt Bager den Onlinedienst Flickr. Ein etwas aus der Mode gekommener Bilderspeicherdienst, auf dem nach wie vor unzählige private Fotos lagern, die von ihren Eigentümern vergessen worden sind. Doch nur, weil man sich selbst nicht mehr für die alten Aufnahmen interessiert, bedeutet das nicht, dass diese auch für andere Internetnutzer uninteressant sind. So habe der Computerkonzern IBM etwa eine Million Aufnahmen verwendet, die bei Flickr unter einer Creative Commons (CC) Lizenz standen.

Mit einer CC-Lizenz räumen Urheber anderen Anwenderinnen und Anwendern das Recht ein, ihre Werke unter bestimmten Bedingungen kostenfrei weiter zu verwerten. IBM habe diese Möglichkeit genutzt, um ein Programm zur automatischen Gesichtserkennung zu trainieren.

Webdienst hilft bei der Vergangenheitsbewältigung

Ein weiteres sinnvolles Werkzeug zum Auffinden der eigenen Datenspur ist der Webdienst „Just Delete Me“. Bei dieser Webseite handelt es sich um eine umfassende Linksammlung, die als Erinnerungsstütze dienen kann, wenn man überlegt, bei welchen Onlinediensten man eventuell ein Konto hat. Die Links leiten dann direkt auf die Login-Seiten der entsprechenden Dienste, falls man das Konto dort löschen oder bearbeiten möchte.

Homepage Just Delete Me

Screenshot: backgroundchecks.org

Just Delete Me: Eine praktische Linksammlung zum Aufspüren alter Konten

Ausmisten bei Facebook und Instagram

Erfreulicherweise seien mittlerweile auch Internetgiganten wie Google, Instagram und Facebook in letzter Zeit etwas auskunftsfreudiger geworden, wenn es um die Frage geht, wie sie die Daten der Nutzerinnen und Nutzer verwerten, meint Bager. So biete beispielsweise Facebook eine Funktion an, mit der man herausfinden könne, aufgrund welcher Postings oder Likes man bestimmte Werbeeinblendungen zu sehen bekommt.

Außerdem lassen sich mittlerweile zahlreiche Anwendungen und Plugins downloaden, die dabei helfen, auf Facebook, Instagram und Co. ein wenig auszumisten. Für Facebook empfiehlt Bager das Programm „Social-Book-Post-Manager“. Damit kann man gezielt die Timeline durchsuchen und in der Folge Beiträge gesammelt löschen. Der „Cleaner for Instagram“ bietet selbiges für Instagram.

Experte: Im Netz ist alles öffentlich

Grundsätzlich rät Jo Bager dennoch zur Vorsicht, bevor man persönliche Informationen im Internet freigibt. Was „einmal von der Leine gelassen wurde“, sei quasi öffentlich, so Bager. Auch wenn man die Bilder und Postings nur mit Freunden teilt. Schließlich können diese die Beiträge erneut teilen. Als eigentlicher Verfasser habe man daher kaum Einfluss auf die tatsächliche Verbreitung. Bager rät grundsätzlich dazu, ausschließlich Informationen über Soziale Netzwerke zu transportieren, die man auch einem Fremden auf der Straße geben würde.

Paul Urban Blaha, help.ORF.at

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