Flugverspätung: Automatische Entschädigung gefordert

Reisende haben in Europa zwar eine Vielzahl an Rechten, machen von ihnen aber zu selten Gebrauch, so der Europäische Rechnungshof. Zu kompliziert, zu uneinheitlich, zu ineffizient sei das System, so die Kritik der Rechnungsprüfer. Sie fordern automatisierte Entschädigungszahlungen im Fall von Flugverzögerungen.

Eine Passagierin bucht eine Flugreise, doch wegen Schlechtwetter muss der Flieger auf dem Boden bleiben. Die Reise verzögert sich um mehrere Stunden. Die Reisende will von ihrem Recht auf finanzielle Entschädigung Gebrauch machen – und reicht Beschwerde ein. Diese wird von der Fluglinie abgelehnt, obwohl andere Passagiere desselben Flugs sich sehr wohl über finanzielle Ausgleichszahlungen freuen durften.

Es sind Fälle wie dieser, die die Kritik des Europäischen Rechnungshofs hervorrufen. Derzeit seien Entschädigungsverfahren nicht transparent, Passagiere ein und derselben Reise würden mitunter unterschiedlich behandelt. Außerdem variiere die Durchsetzung der Rechte je nach Verkehrsmittel und EU-Land.

Passagiere sollen automatisch entschädigt werden

Die EU-Rechtsrahmen für Reisen mit der Bahn, dem Bus, dem Flugzeug oder dem Schiff sei im weltweiten Vergleich zwar einmalig, bei der Transparenz und der Auslegung der Passagierrechte brauche es aber Nachschärfungen.

Die EU-Rechnungsprüfer fordern daher etwa, dass Entschädigungen bei Verspätungen in Zukunft automatisch an Passagiere ausbezahlt werden sollen. Zudem sollen Fluglinien innerhalb von 48 Stunden die Gründe für die Verspätung veröffentlichen müssen.

Zu unterschiedliche, zu komplizierte Regeln

Ein weiterer Kritikpunkt des Europäischen Rechnungshofs: Derzeit gäbe es uneinheitliche Regelungen für unterschiedliche Beförderungsgruppen. Im Bus- und Schiffsverkehr müssen Passagiere etwa innerhalb von 30 Minuten über die Gründe einer Verspätung informiert werden, während im Flug- und Zugverkehr keine Regelungen dazu vorliegen.

Ein Flugreisender vor einem Monitor, der annullierte Flüge anzeigt

APA/dpa/Arne Dedert

Ebenso uneinheitlich sind die Regelungen für die Verpflegung von Passagieren im Fall von Reiseverzögerungen. Während Fluglinien erst nach zwei bis vier Stunden Verzögerung für die Verpflegung ihrer Gäste aufkommen müssen, ist der Zugverkehr nach 60 Minuten und der Busverkehr nach 90 Minuten dazu verpflichtet.

In welcher Form und Höhe diese Verpflegung ausfällt, sei zudem unzureichend definiert und falle deshalb oft zu gering aus, kritisiert der Europäische Rechnungshof.

Verpflegungspauschale von 40 Euro

Der Europäische Rechnungshof empfiehlt der EU-Kommission deshalb, je nach Länge der Reiseunterbrechung und Art des Verkehrsmittels, Mindeststandards einzuführen. Für den Flugverkehr schlagen die Rechnungsprüfer etwa eine Verpflegungspauschale von rund 40 Euro vor.

Passagiere wissen nichts von ihren Rechten

Ein grundsätzliches Problem besteht laut EU-Rechnungshof darin, dass Passagiere häufig nicht über ihre Rechte informiert seien oder Probleme hätten, diese durchzusetzen. Nur 30 Prozent der von Verspätungen betroffenen Passagiere würden Beschwerde einlegen, so die Rechnungsprüfer.

Hauptgrund dafür sei, dass die Passagiere nicht mit positiven Resultaten, also mit finanziellen Entschädigungen rechnen. Eine der Empfehlungen an die EU-Kommission lautet deshalb, weitere Bewusstseinskampagnen über Passagierrechte zu starten.

Anpassung an Inflation

Eine weitere Empfehlung sieht vor, die Entschädigungszahlungen im Flugsektor an die Inflation anzupassen. Das würde eine Erhöhung der derzeit geltenden Entschädigungspauschalen um rund 25 Prozent bedeuten.

Mit Widerstand aus der Flugbranche gegen diese Empfehlungen rechne man, so ein Vertreter des Europäischen Rechnungshofes bei der Präsentation des Berichts am Donnerstag In Brüssel. Es sei aber wichtig, in diesem Bereich einen Ausgleich zwischen Konsumentinnen und Beförderungsunternehmen zu schaffen. Man hoffe daher um rasche Umsetzung der Vorschläge auf europäischer Ebene.

Tipps für Passagiere

Für Konsumentinnen und Konsumenten legte der Europäische Rechnungshof dem Bericht eine Liste mit zehn Tipps bei, wie sich die Unannehmlichkeiten bei Reiseverzögerungen eingrenzen lassen. Darunter etwa: ein Foto vom Gepäcksstück zu machen oder sich eine Bestätigung über die Verspätung ausstellen zu lassen.

Miriam Hübl aus Brüssel für help.ORF.at

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