Lebensversicherung: Bei Rücktritt mehr Geld rausholen

Wer früh aus seiner Lebensversicherung aussteigen will, dem steht mehr Geld zu, als die Versicherer zugestehen. Im Schnitt könnten die Kunden 8.000 Euro mehr herausholen, so der Verein für Konsumenteninformation (VKI).

Im Auftrag des Sozialministeriums führte der VKI mehrere Prozesse gegen Versicherungskonzerne wegen mangelhafter Belehrung über das Rücktrittsrecht. Millionen Konsumenten, die eine Lebensversicherung abgeschlossen haben, seien fehlerhaft, falsch oder gar nicht über ihr Rücktrittsrecht informiert worden, so der Vorwurf.

Rückkaufwert oft deutlich unter eingezahlten Prämien

Zwei Entscheidungen des Handelsgerichts Wien liegen nun vor und könnten die Uniqa- und die Ergo-Versicherung viel Geld kosten. Demnach steht Kunden nicht nur der Rückkaufwert zu, den die Versicherungen Betroffenen zugestehen würden, sondern die einbezahlten Prämien plus Zinsen müssen zurückgezahlt werden. Abzuziehen wäre lediglich eine Risikoprämie, etwa für einen Ablebensschutz oder einen allfälligen Berufsunfähigkeitsschutz.

Die Versicherungen hingegen wollen bei einem Rücktritt - wie bei einer Kündigung - nur den Rückkaufswert auszahlen, der oft deutlich unter der Summe der einbezahlten Prämien liegt. Da die Urteile noch nicht rechtskräftig sind, können sie noch Rechtsmittel einlegen.

Bei Mängeln ist Rücktrittsrecht unbefristet

Fehlt diese Belehrung, beginnt die Rücktrittsfrist nicht zu laufen, es stehe also ein „unbefristetes Rücktrittsrecht“ zu, so die Ansicht der Konsumentenschutzorganisation, die dabei auch auf entsprechende Entscheidungen des Europäischen Gerichtshofes (EuGH) und des Obersten Gerichtshofes (OGH) verweist. Es bestehe auch viele Jahre nach Abschluss noch eine Rücktrittsmöglichkeit - mehr dazu in Mängel bei Lebensversicherungen: Unbefristetes Rücktrittsrecht.

Prämien plus vier Prozent Zinsen

Im Falle der Ergo habe das Handelsgericht Wien als Berufungsgericht entschieden, dass der Versicherer nach einem Rücktritt die einbezahlten Prämien plus vier Prozent Zinsen zurückzahlen muss. Konkret sei es dabei um eine Konsumentin gegangen, die 2001 eine Lebensversicherung abgeschlossen hätte und nach zwölfjähriger Laufzeit weniger als die einbezahlten Prämien ausbezahlt bekommen habe. Daraufhin erklärte sie den Rücktritt.

Auch im Verfahren gegen die Uniqa hat das Handelsgericht Wien klargestellt, dass die Versicherung den Auszahlungsbetrag nach einem Rücktritt nicht auf den Rückkaufwert beschränken darf.

Durchschnittlich 8.000 Euro mehr herausholen

„Die vorliegenden Urteile zeigen klar, dass die Gerichte den Einwänden der Versicherer nicht folgen. Konsumenten haben daher gute Chancen, durch einen Rücktritt mehr aus ihrer Lebensversicherung herauszubekommen. Der durchschnittliche Mehrertrag liegt aus Sicht des VKI bei rund 8.000 Euro“, so VKI-Rechtsexperte Thomas Hirmke. Denn: „Unserer Einschätzung nach ist ein großer Anteil der Belehrungen als fehlerhaft einzustufen.“

Lebensversicherte, die nach dem 1. Jänner 1994 eine Lebensversicherung abgeschlossen haben und die denken, dass auch sie von Belehrungsfehlern betroffen sein könnten, haben nach wie vor die Möglichkeit, sich gegen einen Unkostenbeitrag von 95 Euro der VKI-Aktion anzuschließen. Um zu überprüfen, ob das im Einzelfall sinnvoll ist, stellt der VKI einen Online-Schnellrechner zur Verfügung. Mit diesem können Betroffene eine „erste, schnelle Einschätzung des Wertes ihrer Polizze erhalten.“

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