Digitales Privatarchiv: Daten haltbar machen

Unzählige Fotos, Videos und Textfiles lagern oft vergessen auf alten Festplatten. Wird nach Jahren wieder eine Datei benötigt, könnte es eine unliebsame Überraschung geben: Kurzlebige Speicher sind defekt, oder alte Dateiformate nicht mehr lesbar. Wer sein digitales Privatarchiv wirklich zukunftssicher machen möchte, muss sich nicht nur mit Speichertechnik und Dateiendungen auseinandersetzen, sondern auch mit der richtigen Lagerstrategie.

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Die Haltbarkeit digitaler Datenträger ist begrenzt. Wie lange die unterschiedlichen Speichermedien funktionsfähig bleiben, lasse sich aufgrund fehlender Langzeitstudien allerdings nur schwer beurteilen, kritisiert Tobias Schreck, Professor für Informatik an der Technischen Universität Graz und Experte für digitale Bibliotheken. Man müsse davon ausgehen, dass die Lebensdauer der meisten digitalen Speichermedien zwischen einem und fünf Jahren liege, so Schreck. Das würde sowohl für Festplatten als auch für USB-Sticks, DVDs, CDs und Blurays gelten. Wer über diesen Zeitraum hinaus seine Daten behalten möchte, dem empfiehlt Tobias Schreck, alte Datenträger regelmäßig durch neue zu ersetzen: „Wenn Sie die Daten auf ihren eigenen Geräten halten, führt kein Weg daran vorbei, jeweils neue Datenträger anzuschaffen und die Daten umzukopieren.“

SSD-Festplatte: Für Langzeitarchivierung ungeeignet

Aufgrund hoher Datendichte und niedriger Preise seien Festplatten zu empfehlen. Tobias Schreck unterscheidet zwischen mechanischen Festplatten , die mit magnetischer Aufzeichnung arbeiten, und den neueren Flash-Festplatten (SSD), die mit Ladungsaufzeichnung arbeiten. Die Haltbarkeit sei mit geschätzten ein bis fünf Jahren etwa gleich, aufgrund der höheren Speicherkapazität würde der Informatiker für Langzeitarchivierungen jedoch mechanische Festplatten vorziehen. Sollte die Mechanik versagen, seien die Daten physisch meist noch vorhanden und können grundsätzlich gerettet werden, so der Experte. Dies könne allerdings mit durchaus hohen Preisen verbunden sein. Geht bei den Flash-Festplatten etwas kaputt, seien die Daten hingegen „höchstwahrscheinlich hinüber“, so Schreck.

Beim Kauf empfiehlt er, auf bekannte Hersteller zu setzen und Testberichte zu lesen. Wichtig sei außerdem die richtige Lagerung. Der Experte für digitale Bibliotheken empfiehlt, die Festplatten keinem direkten Sonnenlicht auszusetzen, zwischen 15 und 25 Grad einzuhalten und starke Temperaturschwankungen zu vermeiden. Die Luftfeuchtigkeit sollte eher gering, zwischen 40 und 50 Prozent sein. Keller, in denen es feuchter werden kann, seien deshalb zu meiden, so Schreck.

Datensicherheit: Langzeitstudien fehlen

Eine Möglichkeit, sich das regelmäßige Umkopieren auf neue Datenträger zu ersparen, versprechen die sogenannten M-Discs. Das sind spezielle Archiv-DVDs und -Blu-rays, die laut Hersteller bis zu 1.000 Jahre halten sollen. Allerdings, sagt Schreck: „Die Technologie ist erst seit einigen Jahren auf dem Markt, für Langzeitexperimente fehlt hier ganz einfach die Zeit.“

Ein weiteres Problem bei optischen Speicherträgern sei, dass man nur in Kombination mit den dazugehörigen Lesegeräten zu seinen Daten kommt. Keiner könne wissen, ob es in 50 Jahren noch passende Laufwerke dazu gibt, so Schreck. Wer seine M-Discs vererben möchte, sollte deshalb auch das dazugehörige Laufwerk in den Tresor sperren.

Tobias Schreck hält die M-Disc dennoch für ein sinnvolles Medium, solange man sich nicht ganz darauf verlässt und sie mit anderen Speichermedien kombiniert: „Es geht hier um die mehrfache Haltung der gleichen Daten auf unterschiedlichen Medien.“ Zusätzlich solle man auf mehrere Kopien setzen und diese an unterschiedlichen Orten lagern, um die Risiken durch äußere Einflüsse auf die Medien möglichst zu reduzieren.

Alte Dateiformate können zum Problem werden

Ein weiteres Problem, das auftritt, wenn man Daten nach Jahrzehnten wieder aufrufen möchte, ist, dass Dateiformate nicht mehr lesbar sein können. Word-Dokumente aus den 1980er Jahren, die unter MS-DOS erstellt wurden, können unter aktuellen Office-Programmen teilweise nicht mehr geöffnet werden, so Schreck. Um diesem Risiko vorzubeugen, solle man sämtliche alten Textdokumente, die man erhalten möchte, mit aktuellen Programmen öffnen und mit dem jeweils neuesten Format wieder abspeichern. Noch sicherer sei es, zusätzlich eine PDF-Datei zu erstellen. Hier gibt es seit 2005 auch das PDF/A-Format, das speziell für die Langzeitarchivierung digitaler Dokumente erstellt wurde. Für Fotos hätte sich seit den 90er Jahren JPG durchgesetzt, anders als bei den meisten anderen Bildformaten geht Tobias Schreck davon aus, dass dieses Format auch in Jahrzehnten noch aufrufbar sein wird.

Wer seine Bilder vererben möchte, dem rät der Experte für digitale Bibliotheken, Beschriftungen vorzunehmen, etwa in Form von Textdokumenten, die man gemeinsam mit den Fotos abspeichert. Außerdem wäre es ratsam, nicht alle Fotos zu vererben, sondern eine Auswahl zu treffen: „Die zukünftigen Betrachter könnten von der Bilderflut überfordert sein und dabei das Wichtige vom Unwichtigen nicht unterscheiden können“, so Schreck. Auch hier empfiehlt er, mehrere Kopien anzulegen und diese auf Nachfahren an unterschiedlichen Orten aufzuteilen: „So können diese ihre fehlenden Daten spätestens beim nächsten Familienfest ersetzen.“

Jonathan Scheucher, help.ORF.at

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