Reisen und Flüge stornieren: Was Urlauber wissen sollten

Obwohl Reisen innerhalb Europas wieder möglich ist, kommt nicht bei allen der Wunsch nach einem Sommerurlaub im Ausland auf. Einen bereits gebuchten Urlaub zu stornieren, kann teuer werden. Unter welchen Bedingungen Urlauberinnen und Urlauber derzeit von Reisen und Flügen zurücktreten können.

Sendungshinweis

„Help“, das Ö1-Konsumentenmagazin, jeden Samstag um 11.40 Uhr in Radio Ö1.

Jetzt auch als Podcast.

Österreicherinnen und Österreicher dürfen in fast ganz Europa wieder reisen und braucht bei der Rückkehr weder einen Coronavirus-Test noch müssen sie 14 Tage in Quarantäne. Ob der Sommerurlaub wirklich stattfinden kann, dürfte aber auch von den Bestimmungen der Urlaubsländer selbst abhängen und wie sich die Pandemie dort entwickelt.

Pauschalreisen kostenlos stornieren

„Wem die derzeitige Situation zu unsicher ist, der sollte seinen Urlaub nicht überstürzt absagen“, so Andreas Herrmann, Jurist beim Europäischen Verbraucherzentrum (EVZ) im Verein für Konsumenteninformation (VKI). Vor einem freiwillig Storno, das oft mit der Bezahlung einer Gebühr verbunden ist, gelte es zu überprüfen, ob es die Möglichkeit für einen kostenlosen Vertragsausstieg gibt.

Am einfachsten geht das bei einer Pauschalreise. Kann der Veranstalter die Reise nicht durchführen, bekommt man das Geld zurück und zahlt auch keine Stornogebühr. Da niemand weiß, wie sich die Situation entwickeln wird, ist Geduld und Abwarten angesagt.

Den richtigen Zeitpunkt abwarten

Das EVZ rät, bis ungefähr sieben Tage bis vor der Abreise zuzuwarten. „Wenn dann klar ist, dass man auf keinen Fall reisen kann oder, dass es vor Ort gefährlich ist, können Pauschalreisende kostenlos vom Vertrag zurücktreten“, so Herrmann.

Rettungswagen vor einem Hinweisschild für das Corona-Testzentrum der Universitätsklinik Rostock

APA/dpa-Zentralbild/Jens Büttner

Der Sommerurlaub 2020 bleibt unabwägbar

Es muss nicht einmal eine offizielle Reisewarnung der Stufe fünf oder sechs vorliegen; es genügen verlässliche Medienberichte, wonach es vor Ort derzeit gefährlich ist. Außerdem gilt weltweit nach wie vor ein „hohes Sicherheitsrisiko“, sprich Stufe vier. Das österreichische Außenministerium empfiehlt deshalb, den Urlaub heuer möglichst in Österreich zu verbringen.

Freiwilliges Storno kostet

Wer nicht zuwarten möchte und schon zu einem früheren Zeitpunkt selbst storniert, muss dafür eine Gebühr zahlen. Diese Stornogebühren sind gestaffelt: Je näher zum Abreisetag, desto teurer wird es. Das kann fast der gesamte Reisepreis sein. Konsumenten sind da in der Zwickmühle: Stornieren sie spät, verlieren sie viel Geld. Stornieren sie früh, kostet es zwar weniger. Wird die Reise später aber doch abgesagt, schauen sie durch die Finger. Die Stornogebühr bekommen sie nicht mehr zurück.

Wenn angesichts strenger Auflagen keine Urlaubsstimmung aufkommen will, der Pool wegen der Ansteckungsgefahr gesperrt ist und Ausflüge entfallen, kann man von Pauschalreisen ebenfalls kostenlos zurücktreten.

„Unabhängig von Corona gibt es bei Pauschalreisen immer schon Regeln, welche Rechte ich habe, wenn mein Vertragspartner - also der Veranstalter – nicht alle Leistungen erbringen kann, die ich gebucht habe“, so der Jurist. Sobald eine Reise grob verändert wird, können Pauschalreisende daher kostenlos aus dem Vertrag aussteigen.

Angst vor Ansteckung reicht nicht aus

Was aber, wenn man bereits gebucht hat, aus Sorge vor einer Ansteckung aber gar nicht wegfahren will? „Die Sorge um die eigene Gesundheit oder vor einer Ansteckung anderer ist zwar nachvollziehbar, sie reicht für einen kostenlosen Rücktritt aber nicht aus."Das gelte auch für Angehörige von Risikogruppen. Ihnen empfiehlt der EVZ-Jurist, trotzdem mit dem Veranstalter zu verhandeln. Letztlich müsse diese Frage aber wohl von Gerichten geklärt werden.

Zwei Urlauber mit Masken sitzen auf einer Bank an der französischen Riviera

APA/AFP/Valery Hache

Die Gefahr durch die Coronavirus-Pandemie ist längst nicht vorbei

Preisminderung für Inividualreisende

Individualreisende haben von vornherein kein vergleichbares kostenloses Rücktrittsrecht. Hat man selbst einen Flug, einen Mietwagen oder ein Hotel gebucht und entscheidet sich dann, die Reise abzusagen, sind Stornogebühren fällig. Diese sind in der Regel fast immer der gesamte Preis. Sollten die Umstände unzumutbar sein, wird man mit dem Hotel oder der Fluglinie um ein kostenloses Storno streiten müssen.

Ein gesperrter Hotelpool zum Beispiel kann zwar den Badeurlaub verpatzen, ein Grund für einen kostenlosen Rücktritt ist er nicht. Da kann man als Individualtourist höchstens eine Preisminderung verlangen. Auch wenn man nach der Rückkehr in Quarantäne müsste, kann man nicht kostenlos absagen.

Bei Flugreisen ist es in vielen EU-Ländern von den Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) und der Kulanz der Airline abhängig, ob sich ein Flug kostenfrei stornieren lässt. Viele Fluglinien bieten derzeit kostenlose Umbuchungen an. Wer seinen Flug, aus welchen Gründen auch immer, nicht antreten kann, muss dennoch nicht zur Gänze auf den Kosten sitzen bleiben. Reisende haben Anspruch darauf, jene Steuern und Gebühren zurückbekommen, die sich die Airline erspart. Viel ist das aber nicht.

Wie sich Geld zurückholen lässt

Wichtig beim Storno ist, dass es sich um einen Schadenersatz für die Unternehmen handelt. Sie dürfen nichts daran verdienen. Das lässt sich anhand einer Stornorechnung überprüfen.

Individualtouristen können sich dennoch Geld zurückholen. Stellt sich später heraus, dass ihr Zimmer neu vermietet oder ihr Sitzplatz im Flugzeug noch einmal verkauft wurde, können sie die Stornokosten zurückfordern. Das alles gilt für Buchungen vor der Coronavirus-Krise.

Ein gebrauchter Mundschutz liegt am Strand auf Sylt

APA/dpa/Christian Charisius

Umweltschützer befürchten bald mehr Masken als Quallen im Meer

Risiko "zweite Welle“ bei Neubuchungen

Wer jetzt – nach Wegfall der Reisebeschränkungen – neu bucht, muss damit rechnen, auf den Stornokosten sitzen zu bleiben, wenn sich die Umstände doch wieder ändern. EVZ-Jurist Herrmann rät daher zu Last-Minute-Urlauben bei heimischen Anbietern, da man bei einer frühzeitigen Buchung das Risiko einer „zweiten Welle“ habe.

„Und dann kann es wieder zu den Schwierigkeiten kommen, die wir jetzt haben: Firmen melden sich nicht; es kann sein, dass Firmen in Konkurs gehen; es kann viele offene Rechtsfragen geben, die erst geklärt werden müssen.“

Lange Wartezeiten bei Erstattung

Wer bei österreichischen Firmen bucht, habe zumindest die Sicherheit, dass dann nur rein österreichisches Recht zur Anwendung komme und sich auch die Hotels sowie andere Unternehmen an die Vorgaben der österreichischen Regierung halten müssten. Bucht man hingegen bei ausländischen Firmen oder verbringt den Urlaub außerhalb von Österreich, gelte das Recht des jeweiligen Landes. Ansprüche durchzusetzen könnte dadurch erheblich schwieriger werden.

Die Geduld der Reisenden ist auf jeden Fall gefragt - nicht nur bei der Rückerstattung diverser Kosten. Auch bei der Schlichtungsstelle EVZ muss man im Moment mit einer Wartefrist von zwölf Wochen rechnen. Was nicht nur an den vielen Anfragen liege, sondern auch daran, dass manche Firmen einfach abblocken würden, so Herrmann.

An wen wenden bei Ansprüchen

Bei Probleme mit einer Pauschalreise ist der Veranstalter Ansprechpartner, auch wenn über einen Vermittler - eine Buchungsplattform - gebucht wurde. Bei Flügen sollten sich Reisende an die jeweilige Airline wenden, um ihre Ansprüche geltend zu machen. Das gilt auch für den Fall, dass der Ticketpreis direkt an ein Buchungsportal bezahlt wurde. Es empfiehlt sich jedoch, sowohl die Airline als auch das Buchungsportal schriftlich zu kontaktieren, wenn die Fluggesellschaft nicht oder nicht in angemessener Zeit reagiert.

Karin Fischer, help.ORF.at

Links:

Mehr zum Thema: