Außenbeschattung schützt vor Überwärmung

Wenn an Hitzetagen die Temperaturen über 30 Grad klettern, verwandeln sich nicht beschattete Fenster in Heizkörper. Damit Innenräume nicht überhitzen und für Mensch, Tier und Pflanze komfortabel bleiben, braucht es wirksamen Sonnenschutz. Vom Rollladen über die Jalousie bis zum Rollo – nicht jede am Markt erhältliche Bauart schützt gleich gut vor Hitze.

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Laut der Allgemeinen Unfallversicherung ist bei etwa 20 Grad Raumtemperatur der Mensch zu 100 Prozent leistungsfähig. Ab 27 Grad fällt die Leistung um bis zu 15 Prozent ab und bei Temperaturen über 35 Grad können Reaktionsgeschwindigkeit und Koordinationsfähigkeit um die Hälfte abnehmen.

Wirksam ist nur außenliegender Sonnenschutz

„Als Fenstergläser noch weniger komplex waren, hat auch auf der Rauminnenseite angebrachter Sonnenschutz funktioniert. Heute ist wirksamer Sonnenschutz immer nur außenliegend“, sagt Johann Gerstmann, Repräsentant des Bundesverbands für Sonnenschutztechnik (BVST) und Leiter eines Ingenieursbüros für Sonnenschutztechnik. Denn moderne Fenster sind Wärmeschutzfenster. Ihre Isolierverglasung sorgt dafür, dass die durch die Sonneneinstrahlung entstehende Wärme im Raum bleibt.

Rollladen außen

Bundesverband Sonnenschutztechnik/Schlotterer

Sonnenschutz hat eine Haltbarkeitsdauer von mindestens 20 Jahren

Direkte Sonneneinstrahlung auf ein zwei Quadratmeter großes, nicht beschattetes Fenster erzeugt in etwa 1 Kilowatt Wärme. Dadurch könne die Raumtemperatur auf 35 Grad steigen, selbst wenn die Außentemperatur nur 25 Grad beträgt, so Gerstmann. Unabhängig vom System reduziert außenliegender Sonnenschutz die Sonneneinstrahlung um 85 bis 95 Prozent. Das genügt, um einen Raum im Sommer um 5 bis 10 Grad kühler und damit im Komfortbereich von 25 bis 27 Grad zu halten.

Bei Hagel Sonnenschutz hochfahren

Außenliegender Sonnenschutz reflektiert oder absorbiert die Sonnenstrahlen, noch bevor sie das Fensterglas durchdringen können. Unterschieden wird zwischen drei, variablen Bauarten: der Rollladen, die Außenjalousie und die Markise. „Ein Rollladen kann verdunkeln, eignet sich daher für das Schlafzimmer. Mit den Lamellen der Jalousien lässt sich das Tageslicht im Wohnraum gut regulieren und die Textilien der Markisen sind besonders transparent“, fasst BVST-Repräsentant Gerstmann zusammen.

Außenjalousien, Markisen und Rollläden gelten als witterungsbeständig und halten eine Windstärke von 60 km/h problemlos aus. Gerstmann rät, bei Hagel die Systeme jedenfalls hochzufahren, denn Versicherungen würden Hagelschäden nicht immer ersetzen. Ob Aluminium, Holz oder Textil: große Preisunterschiede gibt es zwischen den Materialtypen nicht. Nicht zuletzt sei wegen seines Beschattungspotentials außenliegender Sonnenschutz in etwa um das 6-fache teurer als innenliegender Sonnenschutz, so Gerstmann.

Sonnenschutz innen reflektiert nur die Hälfte

Innenliegender Sonnenschutz – dazu zählen Innenjalousien, Rollos oder Plissees – ist in erster Linie Sicht- und Blendschutz. Er reflektiert im besten Fall 50 Prozent der Sonneneinstrahlung und das auch nur dann, wenn der Behang sehr hell ist. Weißes Material gilt als hoch reflektierend. Das bei Konsumenten und Konsumentinnen beliebte Anthrazitgrau sei laut Gerstmann bereits nicht mehr wärmedämmend.

Wenig vor Überwärmung schützen auch Vorhänge, denn der Stoff absorbiert die Sonnenstrahlen. Zwar würden manche Anbieter mit Vorhängen mit reflektierender Aluminiumbeschichtung werben, doch messbar sei dieser Wärmeschutz nicht. „Das Gewebe des Vorhangstoffs hat keine gerichtete Reflexion. Es gibt keine Garantie, dass der Sonnenstrahl auch wieder aus dem Fenster hinaus reflektiert wird“, sagt Gerstmann.

Innenjalousie

Bundesverband Sonnenschutztechnik/Valetta

10 bis 15 Prozent Lichteintrag bei direkter Sonne reicht für Raumbelichtung

In lauen Nächten Räume entlüften

Sonnenschutz allein ist jedoch keine ausreichende Maßnahme gegen Überwärmung. Ebenso wichtig ist es, die kühlen Stunden der Nacht zu nutzen, um die Räume zu entlüften. „Dann erreiche ich, dass das Gebäude in der Früh abgekühlt ist und so die Möglichkeit hat, wieder Wärme aufzunehmen“, sagt Gerstmann. So könne man auch über mehrtägige Hitzeperioden die Innenräume sommertauglich halten.

Durch nachhaltiges Bauen habe man bereits viel an Heizenergie reduzieren können. Man müsse jedoch aufpassen, dass man die im Winter eingesparte Energie im Sommer durch das Kühlen nicht wieder verbrauche, sagt Gerstmann. Zunehmende Hitzeperioden, die besonders Großstädte betreffen, haben Klimaanlagen immer begehrter gemacht.

15 Tropennächte mit Tiefsttemperaturen von 20 Grad und mehr verzeichnete die Zentralanstalt für Meteorologie und Geodynamik in Wien im letzten Jahr. In diesen Fällen hilft oft nur die aktive Kühlung. Hier sollte man auf jeden Fall eine Klimaanlage mit hoher Energieeffizienzklasse und für die Stromlieferung einen Ökostromanbieter wählen.

Förderungen für Außenbeschattung

Ganz ohne Klimaanlagen werde es nicht gehen, doch das Herunterkühlen ist problematisch, so der Sonnenschutztechniker. Um einen Raum um einen Grad zu kühlen, verbrauche man drei Mal mehr Energie, als ihn um einen Grad zu erwärmen. Außerdem erzeuge die Klimatisierung Abwärme, die gerade in Städten die Außenluft zusätzlich erwärmt und die nächtliche Abkühlung verhindert.

Als klimafreundliche Maßnahme gegen die sommerliche Überwärmung vergeben die Bundesländer Wien (MA 50), Niederösterreich (blau-gelbe Wohnbaustrategie) und Tirol (Wohnbauförderung) Förderungen für die Montage einer Außenbeschattung. So fördert etwa die Stadt Wien die Nachrüstung von außenliegenden Rollläden, Jalousien oder Fassadenmarkisen in mehrgeschossigen Wohnbauten mit 50 Prozent pro Wohneinheit oder max. 1500 Euro.

Noel Kriznik, help.ORF.at

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