Trotz 400 Gerichtsurteilen: Lyoness macht als „Lyconet“ weiter

Über Soziale Netze wirbt die Firma Lyconet, bis vor kurzem als Lyoness bekannt, mit „wunderbaren Gewinnaussichten“ um Jugendliche. 2018 entschied der Oberste Gerichtshof (OGH) gegen Lyoness: Es handelt sich um ein verbotenes Schneeballsystem. Obwohl die Firma hunderte Gerichtsverfahren verlor, macht sie unter neuem Namen weiter. Auch Minderjährige würden angeworben, so die Arbeiterkammer (AK) Vorarlberg.

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Mit Videos auf Social-Media-Plattformen richtet sich die Firma Lyconet direkt an Jugendliche. Fantastische Gewinne werden in Aussicht gestellt, die jungen Konsumentinnen und Konsumenten dazu aufgefordert, die Nachricht an all ihre Kontakte weiterzuleiten. So schildert der Jurist Paul Rusching von der Konsumentenschutzabteilung der AK Vorarlberg die Werbemethoden der Firma Lyconet, früher unter dem Namen Lyoness bekannt.

Junge Erwachsene werben Freunde an

2018 hatte sich das Unternehmen in Folge einer Reihe von Gerichtsurteilen umbenannt. Das Geschäftsmodell sei aber dasselbe geblieben. Jugendlichen und jungen Erwachsenen würden „Businesspakete“ um 2.000 Euro und mehr verkauft, mit denen sie bei Möbelgeschäften, Supermärkten oder Restaurants günstiger einkaufen könnten. Der Rabatt würde auf einer Mitgliedskarte verbucht.

Wenn sie genug Freunde und Bekannte ins System brächten, könnten sie an deren Umsätzen mitprofitieren und auf diese Weise Gewinne erzielen. Versprochen würde außerdem ein regelmäßiges, passives Einkommen, so Rusching.

Einladung zu luxuriösen Businessevents

Ist das Interesse einmal geweckt, würden die Jugendlichen zu Businessevents eingeladen, die häufig in Luxushotels stattfinden würden. Bei einem der letzten Meetings in Bregenz hätten 35 Personen teilgenommen. „Wenn ein Jugendlicher seine ganzen Ersparnisse in dieses System investiert, vielleicht noch einen Bausparkredit auflöst, dann sind all seine finanziellen Ressourcen aufgebraucht“, so Rusching. In vielen Fällen hätten Jugendliche im System keinen einzigen Cent verdient.

Vor einigen Wochen wandte sich eine Mutter an die AK Vorarlberg. Ihre Tochter sei bei Lyconet eingestiegen, obwohl sie zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses noch minderjährig war und rein rechtlich den Vertrag nicht hätte abschließen dürften.

Zahlreiche Beschwerden von Geschädigten

Seit mehr als 10 Jahren erreichen die AK Vorarlberg Anfragen von Geschädigten, bei denen sich herausgestellte, die Gewinnversprechen sowohl von Lyoness als auch von Lyconet fern jeglicher Realität seien, so der AK-Jurist. Das Unternehmen wurde bis heute in über 400 Gerichtsverfahren verurteilt und musste den Betroffenen ihr Geld zurückbezahlen.

Im Oktober 2018 entschied der OGH, dass es sich um ein verbotenes Schneeballsystem handelt. Zusätzlich erzielte Paul Rusching von der AK Vorarlberg jährlich dutzende außergerichtliche Einigungen mit Lyconet und ihren Vorgängern. Auf diesem Weg hat das Unternehmen bisher im Schnitt zwei Drittel des kassierten Geldes an die Konsumentinnen und Konsumenten zurückbezahlt.

Lyconet weist Vorwürfe zurück

Die strafrechtlichen Ermittlungen gegen das Unternehmen seien eingestellt worden. „Mit einer Begründung, die ich beim besten Willen nicht nachvollziehen kann“, so Rusching. Aufgrund des OGH-Urteils aus dem Jahr 2018 hätten betroffene Konsumentinnen und Konsumenten dennoch vollständige Rückforderungsansprüche. „Auch wenn das Unternehmen weiterhin Jugendliche anheuert, die dem System Kapital zuführen, und die Judikatur ganz offensichtlich ignoriert“, so Rusching.

Gegenüber help.ORF.at weist Lyconet die Vorwürfe in einer schriftlichen Stellungnahme zurück: Gemäß ihres Geschäftsmodells sei es unzulässig, minderjährige Person aufzunehmen. Von Unternehmensseite würde auch die Verbreitung falscher Versprechungen nicht geduldet. Bei der „Lyconet International AG“ handle es sich um kein verbotenes Pyramidenspiel. Die „Businesspakete“ habe man bereits unter dem Namen Lyoness im Jahr 2014 abgeschafft.

AK warnt auch vor „Cashback World“

Konsumentenschützer Paul Rusching rät jedenfalls dringend davon ab, mit Lyconet Geschäfte zu machen. Übrigens auch nicht mit „Cashback World“, ein weiterer Firmenname, den Lyconet in seinem Außenauftritt verwendet. „Immer dann, wenn die versprochenen Gewinne nur dann eintreten, wenn ich weitere Personen suche, die wiederum weitere Personen suchen müssen, dann sollten die Alarmglocken klingen“, so der Jurist.

Betroffene, die bereits eingestiegen sind und zur Erkenntnis kommen, dass das System nicht funktioniert, können sich an die AK Vorarlberg werden. „Wir werden jeden Geschädigten gerne vertreten und auch vor Gericht die Ansprüche gelten machen“, so Paul Rusching.

Jonathan Scheucher, help.ORF.at

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