Zyklus-Apps geben sensible Daten weiter

Zyklus-Apps werden von Frauen genutzt, die ihre Regel im Blick behalten oder schwanger werden wollen. Die Apps berechnen die fruchtbaren Tage und das Einsetzen der nächsten Blutung, manche erinnern an das Einnehmen der Pille oder anderer Verhütungsmittel. Sie sammeln aber besonders sensible Daten und viele Apps geben sie an Drittanbieter weiter.

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Zyklus-Apps zählen zu den beliebtesten Gesundheitsanwendungen für das Smartphone. Laut einem Forscherteam der US-amerikanischen Columbia University belegen sie unter Teenagern sogar den zweiten Platz im Ranking der beliebtesten Health-Apps.

Apps sammeln mehr Information als nötig

Sie kommen in Rot- und Pinktönen daher und sind mit verspielten Cartoons, kleinen Blumen oder Mondsymbolen illustriert. Viele Zyklus-Apps sind wie ein virtueller Notizblock, den die Userinnen anfüllen können. Die Anwendungen befragen zur Stärke der letzten Regelblutung genauso wie zu Sport, Ernährung, Stimmung, Beschwerden wie Verdauungsproblemen, oder auch wann der letzte Geschlechtsverkehr war und ob geschützt oder ungeschützt.

Eine Frau tippt auf einem Smartphone

APA/dpa/Sebastian Gollnow

Es gibt kaum etwas, das die Apps nicht wissen wollen

„Es werden Daten einfach einmal gesammelt, unabhängig davon, ob man die dann braucht oder nicht“, so Ulrike Docekal, Juristin beim Verein für Konsumenteninformation (VKI). Allein beim Öffnen vieler Apps würden Firmen für Werbetechnologien, im Jargon „AdTech“ genannt, Informationen erhalten. Bei der Anwenderin einer Zyklus-App handelt sich vermutlich um eine Frau, die ihren Zyklus beobachtet und entweder schwanger oder nicht schwanger werden will.

Daten von Schwangeren stehen hoch im Kurs

Was mit den eingegebenen Daten passiert und an wen sie genau gelangen, sei für die Konsumentinnen kaum nachvollziehbar, betont die Juristin. „In weiterer Folge werden Profile erstellt und die Idee ist, dass man dann gezielt werben kann.“

Laut der Menschenrechtsorganisation Privacy International haben gerade die Angaben von Schwangeren einen hohen Wert für Werbefirmen. In den USA sind die Daten eines Menschen etwa 10 Cent wert, die einer schwangeren Frau hingegen 1,50 US-Dollar. Denn werdende Eltern legen sich so einiges zu, ändern ihr Konsumverhalten und müssen sich erst für eine Windelmarke oder Babynahrung entscheiden.

Weitergabe an Werbefirmen und Facebook

Der norwegische Verbraucherrat (NCC) hat kürzlich zehn beliebte Apps untersucht und erhoben, welche Daten sie weitergeben. Darunter auch die beiden Zyklus-Apps Clue und MyDays, beide stammen von deutschen Entwicklern. Clue sendet das Geburtsjahr an AdTech Firmen, sowie die Advertising ID, eine Art Werbeprofil, die auch Facebook erhält. MyDays leitet den Standort, die IP-Adresse und eine Liste der am Smartphone installierten Apps weiter.

Auge in dem sich ein Facebook Logo spiegelt

dpa - Bildfunk

Angaben zu Regelschmerzen oder dem Sexleben können bei Facebook landen

Privacy International analysierte vergangenes Jahr gezielt die Datenweitergabe von Zyklus-Apps und stellte fest, dass die beiden Apps MIA und Maya intime Details an Facebook ausplaudern. Niemand könne garantieren, dass die gesammelten Daten sicher seien, betont Ulrike Docekal vom VKI. Auch Leaks seien technisch nicht auszuschließen. „Wenn mein Arbeitgeber vom Ausbleiben der Regel erfährt, ein Hinweis auf eine mögliche Schwangerschaft, oder andere Gesundheitsdaten, dann ist das hochproblematisch.“ Mehrere Apps, darunter Maya, haben nach dem Bericht von Privacy International zumindest Besserung gelobt.

Zuverlässigkeit der Apps lässt zu wünschen übrig

2017 testete die deutsche Stiftung Warentest 23 Zyklus-Apps. Mit einem ernüchternden Ergebnis, denn viele Apps bestimmen weder die Regelblutung noch die fruchtbaren Tage zuverlässig. Zu diesem Schluss kam auch die Untersuchung der Columbia University im Jahr 2016. Vor allem kostenlose Apps seien nicht akkurat und relevante, medizinische Quellen würden kaum genannt.

Ulrike Docekal hält nichts davon, die Verantwortung für die Daten auf die Userinnen abzuwälzen. Die bestehenden Gesetze seien teils nicht schlecht, aber es scheitere immer wieder an der Durchsetzung. „Es gibt bei Verstößen gegen das Konsumentenschutzgesetz die Möglichkeit, dass Einrichtungen wie der VKI oder die Arbeiterkammer eine Verbandsklage durchsetzen. Das gibt es beim Datenschutz derzeit in Österreich nicht“, so die Juristin.

Elisabeth Stecker, help.ORF.at

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