Wer über die Bonität von Konsumenten bestimmt

Firmen, die die Bonität von Neukunden bewerten möchten, wenden sich meist an Kreditauskunfteien. Diese können nahezu beliebig Daten erheben und in die Bewertung einfließen lassen. Ob diese Daten valide sind, ist da unter Umständen zweitrangig. Kunden sollten ihre Bonität gelegentlich selbst überprüfen, denn eine negative Bonität kann erhebliche Einschränkungen zur Folge haben.

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„Leider müssen wir Ihnen mitteilen, dass wir Ihre Bestellung aufgrund eines nicht ausreichenden Bonitäts-Checks stornieren müssen.“ Mit diesen Worten hatte das Energieunternehmen Top Energy den Vertrag mit einem Neukunden beendet, noch bevor dieser überhaupt zu laufen begonnen hatte. Er könne sich nicht erklären, warum seine Bonität nicht ausreichend sei, so der Verbraucher gegenüber help.ORF.at.

Top Energy: „Suche Sie sich anderen Lieferanten“

Der abgewiesene Kunde wollte von dem Unternehmen wissen, nach welchen Kriterien er eingestuft worden sei. Er habe eine vorgegebene Punktezahl nicht erreicht, so die kryptische Antwort von Top Energy: „Es obliegt jeder Firma selbst, die Bonitätskriterien festzulegen. Ich muss Sie bitten, dass Sie sich einen anderen Lieferanten suchen.“

Wenn Unternehmen einen Bonitätscheck vornehmen wollen, dann wenden sie sich meist an so genannte Kreditauskunfteien. Das sind spezialisierte Unternehmen, die aus öffentlich verfügbaren Quellen etc. Daten zusammenstellen, die insbesondere das Zahlungsverhalten betreffen. Auch Top Energy arbeitet mit solchen Bonitätsprüfern zusammen und beurteilt die Bonität neuer Kunden anhand von übermittelten Score-Werten, so das Unternehmen gegenüber help.ORF.at.

Wohngegend kann die Bonität hinunterziehen

Das verfügbare Einkommen sei in solchen Bewertungen ebenso von Bedeutung wie nicht nachgekommene Zahlungsverpflichtungen, sagt Bernd Lausecker, Finanzexperte beim Verein für Konsumenteninformation (VKI). Es seien aber auch Fälle bekannt, in denen auch der Wohnort in diese Bewertung eingeflossen sei. Versandhäuser würden in bestimmten Gegenden beispielsweise nicht auf Rechnung verkaufen. Auch der Wohnort sei also eine Bonitätsaussage, so Lausecker.

Frau mit Schulden

APA/BARBARA GINDL

Nicht nur Zahlungsausfälle können sich negativ auf die Bonität auswirken

Wie Top Energy verfügen auch viele andere Unternehmen über ein Punktesystem, das solche statistischen Daten in die Bewertung einfließen lässt, so Lausecker. Die falsche Wohngegend könne dann beispielsweise als kleiner Minuspunkt zählen. Dies reiche im Normalfall zwar nicht aus, um einen Geschäftsabschluss zu verhindern, doch wenn sich viele solcher kleinen Punkte summieren, könne es durchaus zu Problemen kommen, so der VKI-Finanzexperte.

Wohnort, Alter und Geschlecht können Kriterien sein

Die Kriterien, die in eine Bonitätsprüfung einfließen sollen, können von Unternehmen frei definiert werden. Es sei daher gar nicht einfach, im Einzelnen festzustellen, welche Informationen insgesamt zusammengetragen werden. Ob Wohnort, Alter oder Geschlecht, der Fantasie der Firmen seien hier kaum Grenzen gesetzt, so Lausecker. Dem Experten sind Fälle bekannt, wo die Frage, ob man neben einem Mobilfunkvertrag auch über einen Festnetzanschluss hat, als Bonitätskriterium gewertet wurde.

Die Daten, die von den Kreditauskunfteien gesammelt werden, müssen auch nicht zwangsläufig seriös sein. Wer beispielsweise im Internet in eine Abofalle tappt und einen ungültigen Vertrag abschließt, kann bereits Negativpunkte für den nächsten Bonitätscheck sammeln. Meist erhalten Opfer von Abofallen früher oder später Schreiben von nicht selten fingierten Inkassounternehmen.

Selbstauskunft über die Bonität

Selbstverständlich bestehen diese Forderungen zu Unrecht und werden deswegen natürlich auch nicht beglichen. Dennoch kann es passieren, dass diese angeblichen Zahlungsausfälle in Datenbanken von Kreditauskunfteien gelangen und die Bonität negativ beeinflussen.

VKI-Finanzexperte Lausecker rät Verbraucherinnen und Verbrauchern, die mit einem negativen Bonitätsbescheid konfrontiert sind, umgehend nachzufragen, warum die Ablehnung erfolgt ist. Das Unternehmen müsse dann die Auskunftei benennen, deren Informationen in den Bonitätscheck eingeflossen sind. In der Folge können Konsumentinnen und Konsumenten gemäß dem Datenschutzgesetz (DSGVO) bei der Auskunftei alle über sie gespeicherten Daten einfordern und eine Löschung beantragen, für den Fall, dass der Datenauszug unrichtige Informationen enthält.

Unrichtige Einträge rechtzeitig löschen lassen

Wer falsche Einträge, die die zukünftige Bonität bedrohen, gelöscht haben möchte, sollte unbedingt selbst tätig werden und sich mit der Auskunftei in Verbindung setzen. Dass die Unternehmen in solchen Fällen aus eigenem Antrieb aktiv würden, müsse leider bezweifelt werden, so Lausecker.

Das Recht auf Selbstauskunft über die Bonität steht allen Österreicherinnen und Österreicher einmal jährlich zu. Es könne durchaus interessant sein, einmal bei allen bekannten Kreditauskunfteien anzufragen, meint Lausecker. Etwa dem Kreditschutzverband von 1870 (KSV1870) oder dem Unternehmen CRIF. Ein Aufwand, der sich durchaus auszahlen kann, denn eine negative Bonität könne erhebliche Auswirkungen auf das Leben haben, so Lausecker: Vom abgelehnten Kredit, dem Ausschluss aus dem Onlineshop bis zur Weigerung, einen Mietvertrag abzuschließen.

Paul Urban Blaha, help.ORF.at

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