AK warnt vor Grazer Gebrauchtwagenfirma „myCar“
Im Sommer dieses Jahres bot ein Grazer seinen Gebrauchtwagen im Internet zum Verkauf an, einen roten Subaru Forester, Baujahr 2010. Statt eines Käufers meldete sich eine Mitarbeiterin der Gebrauchtwagenfirma „myCar Autohandel“ mit Sitz in Kalsdorf, südlich von Graz, bei ihm. Sie schlug vor, das Auto für ihn zu verkaufen.
Screenshot mycar
Ständiges Feilschen um Verkaufspreis
Der Besitzer willigte ein, brachte seinen Wagen zum Stellplatz der Firma und unterschrieb einen Vermittlungsvertrag, auf dem ein Mindestverkaufspreis von 7.250 Euro festgelegt wurde. Für Pflege und Autocheck wurden ihm knapp 260 Euro verrechnet.
Zehn Tage später teilte ihm „myCar“ telefonisch mit, dass man einen Käufer für das Auto gefunden habe. Für diesen müsse man aber den Preis herabsetzen. „Zuerst hat man mir 6.500 Euro angeboten, dann 6.600 Euro. Ich habe aber nicht eingewilligt. Schließlich haben wir uns auf 7.100 Euro geeinigt“, so der Grazer. Ende Oktober unterschrieb der Konsument einen Blankokaufvertrag. Anstatt des Preises stand im Vertragstext: „zum vereinbarten Preis“. Noch am selben Tag wurde das Auto abgemeldet.
Plötzlich aufgetretende Mängel sollten Preis drücken
Drei Tage später erhielt der Grazer erneut einen Anruf von „myCar“. Aufgrund von Mängeln am Fahrzeug müsse man den Preis um 300 Euro herabsetzen. Man habe ihm schließlich 6.800 Euro angeboten, so der Konsument, was er aber nicht akzeptierte.
Trotzdem erhielt er ein Mail von der Firma, indem ihm mitgeteilt wurde, dass das Auto erfolgreich verkauft worden sei. Bis 15. Dezember würde man ihm 6.800 Euro überweisen. Der Kunde fühlte sich übergangen. Das waren 300 Euro zu wenig, die noch dazu ein Monat später überwiesen werden sollten als vertraglich vereinbart. Er entschied sich deshalb dazu, zur Arbeiterkammer zu gehen.
Vermittelter Verkauf via „myCar“ ist kein Privatverkauf
Bei Thomas Wagenhofer, Jurist in der Konsumentenschutzabteilung der AK Steiermark, gehen seit einem Jahr Beschwerden zur Firma „myCar“ ein. Die Vorgehensweise sei immer dieselbe: Die betroffene Konsumenten erhalten ihr Geld zunächst nicht, auf Intervention der AK schließlich verspätet und auf Raten.
Für rechtswidrig hält Wagenhofer vor allem die Kaufverträge des Unternehmens, die als Privatverkäufe getarnt seien. Die Firma „myCar“ scheint darin nicht auf. „Der Verkaufspreis müsste vom Unternehmen festgesetzt werden und im Kaufvertrag ersichtlich sein. Hier wurde weder ein Preis für die Vermittlungstätigkeit, noch ein Prozentsatz des Verkaufspreises als Vermittlungshonorar vereinbart“, so Wagenhofer. Wenn die Firma das Fahrzeug mit Gewinn verkauft, müsse sie auch im Kaufvertrag stehen. Die Darstellung des Vertrags als Privatverkauf sei nicht rechtens, so der Jurist.
APA/dpa-Zentralbild/Sebastian Kahnert
Ehemaliger Mitarbeiter bestätigt Methoden
Gegenüber help.ORF.at versicherte „myCar“, dass man nun doch bereit sei als „Anerkennung für die Verzögerung“ die geforderten 7.100 Euro sofort auszuzahlen. Das Unternehmen besteht aber auf der Behauptung, dass zuletzt nur 6.800 Euro vereinbart waren. Bisher habe noch jeder Kunde den vereinbarten Geldbetrag erhalten, so „myCar“. Bei der Vorgehensweise des Unternehmens handle es sich um einen „normalen Geschäftsablauf“.
Den Vorwurf unseriöser Praktiken bekräftigt gegenüber help.ORF.at aber auch ein ehemaliger Mitarbeiter der Gebrauchtwarenfirma. Verkäufer wie Telefonistinnen seien von den Chefs dazu instruiert worden, Kunden immer wieder anzurufen, um dem Preis zu drücken - auch nach erfolgreichem Verkauf eines Fahrzeugs. Während seiner Zeit bei dem Unternehmen habe kein einziger Kunde den Preis bekommen, der vereinbart war, so der frühere Mitarbeiter.
AK kündigt Klage an, sollte „myCar“ nicht zahlen
Sollte der Konsument sein Geld nicht erhalten, wird die AK Steiermark für ihn Klage einreichen. Damit könnten die Geschäftspraktiken von „myCar“ juristisch aufgeklärt werden, so Wagenhofer.
Um als Konsument nicht in die missliche Lage zu kommen, einen rechtswidrigen Vertrag für seinen Gebrauchtwagen zu unterschreiben, empfiehlt der Jurist, bevor man Vermittlungsvereinbarungen unterschreibt, nachzufragen, was das Unternehmen für den Verkauf des Fahrzeuges bekommt. Auf keinen Fall solle man Blankounterschriften leisten. Bei Kaufverträgen sollten sowohl Verkäufer, Käufer als auch der Kaufpreis ersichtlich sein, so Wagenhofer.
Jonathan Scheucher, help.ORF.at
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Publiziert am 07.12.2019