Hochsaison für Taschendiebe im Advent

Sie nutzen den Trubel in der Vorweihnachtszeit und entkommen mit ihrer Beute in der Regel unbemerkt in der Menschenmenge: Im Advent ist Hochsaison für Taschendiebe. Wenn die Geldbörse gestohlen wird, ist meist nicht nur das Bargeld weg, sondern auch die Bankomat- und Kreditkarten. Doch wer haftet, wenn die Diebe mit den gestohlenen Karten auf Einkaufstour gehen?

Sendungshinweis

„Help“, das Ö1-Konsumentenmagazin, jeden Samstag um 11.40 Uhr in Radio Ö1.

Jetzt auch als Podcast.

2018 (aktuellere Zahlen liegen noch nicht vor) wurden in Österreich laut Kriminalitätsstatistik mehr als 20.000 Fälle von Taschendiebstählen angezeigt, das sind durchschnittlich 55 pro Tag. Zur Weihnachtszeit liegt die Zahl noch wesentlich höher – organisierte Banden haben gezielt überfüllte Christkindlmärkte, Einkaufsstraßen, volle Busse und U-Bahnen im Visier. Potenzielle Opfer werden von einem der Täter abgelenkt, während ein anderer unbemerkt die Geldbörse oder sonstige Wertgegenstände entwendet.

Besucher am Christkindlmarkt am Wiener Rathausplatz

APA/Helmut Fohringer

Im dichten Gedränge haben die Diebe leichtes Spiel

Ein Täter lenkt ab, der andere greift zu

Beliebte Maschen: Die Kriminellen rempeln ihre Opfer an, verwickeln diese mit fadenscheinigen Fragen nach der Uhrzeit oder dem Weg in ein Gespräch oder sie schütten dem Opfer ein Getränk oder Ketchup über die Kleidung und zeigen sich dann übertrieben hilfsbereit, um durch diese Ablenkung an die Wertsachen zu kommen.

Wer zwischen Glühwein, Punsch und Ofenkartoffeln plötzlich seine Geldbörse vermisst, sollte rasch handeln, mahnt Joachim Kogelmann, Jurist beim Verein für Konsumenteninformation (VKI). Vor allem, wenn auch Zahlungskarten im Börserl waren.

Nach Diebstahl Karten rasch sperren lassen

„Wenn Verbraucher bemerken, dass es zu einem Verlust oder Diebstahl einer Bankomat- oder Kreditkarte gekommen ist, ist es ratsam sich unverzüglich an die Bank zu wenden und dort die Karte sperren zu lassen“, so Kogelmann. Das kann entweder bei der Bank direkt oder über die Sperrhotlines veranlasst werden.

Kogelmann rät, die Sperrung noch vor einer Diebstahlsanzeige bei der Polizei durchzuführen, da mit dem Einlangen der Sperranzeige bei der Bank diese verpflichtet ist, jede weitere Verwendung der Zahlungskarten zu unterbinden. Jene Zahlungen, die vom Dieb nach einer Sperranzeige noch durchgeführt werden, gehen zu Lasten der Bank.

Bank haftet für missbräuchliche Zahlungen

Was aber, wenn die Diebe schon auf Einkaufstour waren? Hier hat Kogelmann eine gute Nachricht für bestohlene Konsumenten. „Aus verbraucherschutzrechtlicher Sicht und vor allem auch aufgrund der aktuellen Rechtslage ist es so, dass die Haftung für missbräuchliche Zahlungsvorgänge grundsätzlich bei der Bank liegt“, so der VKI-Jurist. Das Gesetz sei hier zuletzt verschärft worden.

Egal, ob der Dieb sich mit der gestohlenen Bankomatkarte nur auf dem Christkindlmarkt vergnügt oder mit der Kreditkarte gleich auf Onlineshoppingtour geht - nur wenn dem Kunden ein schuldhaftes Verhalten vorgeworfen werden kann, das heißt: wenn die Sorgfaltspflicht vernachlässigt wurde, kann die Bank die Haftung ablehnen.

Selbstbehalt von 50 Euro bei leichter Fahrlässigkeit

„Man muss sich die Frage stellen: Hat der Verbraucher etwas falsch gemacht oder nicht?“, so Kogelmann. Und wenn ja, müsse man einordnen, ob das Handeln grob fahrlässig oder leicht fahrlässig gewesen sei. Bei einer leichten Fahrlässigkeit gilt der Grundsatz, dass der Konsument die Haftung bis zu einem Betrag von 50 Euro trägt. Bei einer groben Fahrlässigkeit muss der Verbraucher den gesamten Schaden aus den missbräuchlichen Transaktionen tragen.

Grobe Fahrlässigkeit wäre etwa, wenn der PIN-Code der Bankomatkarte direkt auf der Karte notiert wurde. Leicht fahrlässig wäre es zum Beispiel, die Karte im geparkten Auto liegen zu lassen.

VKI unterstützt Konsumenten im Streitfall

Und auch der Selbstbehalt von 50 Euro muss nicht immer bezahlt werden. „Das ist eine neue Bestimmung, dazu gibt es noch keine Urteile und keine Gerichtsentscheidungen, aber das Gesetz sieht vor, dass der Verbraucher dann nicht für diese 50 Euro haften würde, wenn Verlust, Diebstahl oder die missbräuchliche Verwendung der Zahlungskarte vor dieser Zahlung gar nicht bemerkbar war“, so Kogelmann. Das sei dann jeweils im Einzelfall zu klären. Kommt es zum Streit mit der Bank, können sich Betroffene an den VKI wenden.

Polizei: Wertgegenstände in Innentaschen verteilen

Die Polizei rät Christkindlmarktbesuchern, nur so viel Geld und Zahlungskarten mitzunehmen, wie tatsächlich benötigt wird. Sämtliche Wertgegenstände sollten außerdem in verschiedenen und vor allem verschlossenen Innentaschen der Kleidung dicht am Körper getragen werden.

Beate Macura, help.ORF.at

Links: