Zahnpastatuben: Warum man nie alles rauskriegt

Mit Zahnpastatuben, Pumpspendern und Getränkekartons werfen Konsumentinnen und Konsumenten jährlich viel Geld in den Müll. Viele Verpackungen sind so gestaltet, dass bis zu ein Drittel des Inhalts schwer oder gar nicht herauszubekommen ist. Hier sind Hersteller, aber auch Verbraucher gefordert, für mehr Nachhaltigkeit zu sorgen.

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Quetschen, drücken, aufschneiden: Oft ist es gar nicht so einfach, eine Verpackung leer zu bekommen. Bei manchen klappt es besser, andere widersetzen sich hartnäckig jedem Versuch, den gesamten Inhalt herauszubekommen. Oft genug verlieren Verbraucher den Kampf um den Rest, das Produkt landet im Mistkübel.

Teure Verschwendung bei Bodylotions

„Manchmal bleibt nur ein kleiner Rest in der Verpackung, es können aber auch bis zu 30 Prozent des Inhalts sein, und das ist sehr ärgerlich“, so Birgit Schiller, Projektleiterin beim Verein für Konsumenteninformation (VKI). Tests bei Kosmetika hätten gezeigt, dass zähflüssige Bodylotions einfach nicht aus dem Pumpspender wollen, sondern an den Innenwänden kleben. Im schlechtesten Fall bleibt bis zu ein Fünftel zurück, bei teuren Bodylotions landen zehn Euro somit im Müll.

Supermarkt, Kosmetika, Frau mit Einkaufswagen

dpa/dpaweb/dpa/Gero Breloer

Nicht jedes Shampoo hat einen praktischen Schraubverschluss

Lippenpflegestifte machen ebenfalls Ärger: Will man auch den letzten Rest verwenden, muss man die Lippenpflege herauskratzen. Bis zu 45 Prozent des Inhalts gehen sonst verloren, so ein Test des VKI.

Vakuumpumpspender geben mehr her

Ob es sich um schlechtes Design oder Absicht handelt, lässt Schiller offen. „Zu den Beweggründen der Hersteller können wir nur spekulieren.“ Einerseits werde versucht, die Gewinnspanne einzuhalten. Je günstiger die Verpackung ist, umso teurer könne das Produkt an sich verkauft werden. Anderseits würden sich viele Hersteller kaum Gedanken über die Nachhaltigkeit ihrer Verpackungen machen.

Dabei ginge es auch anders: Bodylotions könnten auch in einer Tube und einem Tiegel angeboten werden. Pumpspender, die einen Unterdruck erzeugen, lassen sich besser entleeren. Sie kosten aber mehr als günstige Spender mit einem Röhrchen im Inneren. „Die Hersteller sind hier in der Pflicht, sich bessere Lösungen zu überlegen“, so Schiller. Aber auch Konsumentinnen und Konsumenten sollten nicht zu schnell aufgeben, wenn nichts mehr aus der Zahnpastatube kommt.

Der nervige Rest Buttermilch

„Es gibt keine Verpackung, die es erlaubt, 100 Prozent des Füllguts herauszubekommen. Das ist technisch nicht möglich“, so Bernhard Wohner, Verpackungstechnologe an der FH Campus Wien. Wie viel Rest zurückbleibt, hängt vom Füllgut ab und davon, wie glatt die Innenseite einer Packung ist. Bei Milchprodukten etwa sind es Buttermilch und Trinkjoghurt, die die meisten Probleme machen.

zwei Getränkekartons mit Buttermilch

help.ORF.at/Karin Fischer

Egal wie der Getränkekarton designt ist, es bleibt Buttermilch in der Verpackung

„Bei Buttermilch haben wir gesehen, dass hier die Restmengen, die in der Verpackung zurückbleiben, sogar schwerer sind als die Verpackung selbst“, so Wohner. Die Buttermilch sammle sich im Verschluss, in den Falten und im Giebeldach der Getränkekartons. Wie der Karton gestaltet ist, sei egal. Die Restmengen seien überall ähnlich hoch gewesen. In Deutschland lösten die Hersteller dieses Problem anders. Dort gibt es Buttermilch nicht nur im Karton, sondern auch im Becher zu kaufen, den man auslöffeln kann.

Dramatische Folgen für die Umwelt

Für die Umwelt hat diese Verschwendung dramatische Folgen. Untersuchungen des Instituts für Verpackungstechnologie der FH Campus Wien zeigen, dass die Herstellung des Füllguts nahezu immer mit schlimmeren Umweltauswirkungen verbunden ist als die Produktion einer Verpackung. Noch dazu, wenn ein großer Teil des Produkts im Müll landet.

„Bei manchen Verpackungen hat die Restmenge des Lebensmittels sogar höhere Umweltauswirkungen als die Produktion der Verpackung selbst“, so der Wissenschaftler. So sei zum Beispiel die Restmenge von Buttermilch in einem Getränkekarton schlimmer für die Umwelt als der gesamte Getränkekarton.

Für den Verpackungstechniker steht der Schutz des Inhalts daher an oberster Stelle. Damit der Inhalt nicht verdirbt oder Keime eindringen, verzichten viele Hersteller bewusst auf Schraubverschlüsse und verwenden versiegelte Behälter. Der Nachteil: Man bekommt sie nur schwer auf.

Mit Tricks an die Reste kommen

Mit ein paar Tricks lässt sich trotzdem das meiste aus einer Verpackung herausholen. Flüssigseifen und Duschgels kann man mit Wasser auffüllen und so die Reste herausschwemmen. Oft hilft es auch, die Flasche auf den Kopf zu stellen, bis sich der Inhalt unten sammelt. Plastikbehälter kann man vorsichtig aufschneiden, der Inhalt sollte dann rasch verbraucht werden.

Tubenquetscher auf einer Senftube

umweltberatung.at

Mit einem Tubenquetscher lässt sich mehr aus einer Tube holen

Auch aus leeren Zahnpastatuben gehen noch bis zu 30 Prozent des Inhalts heraus, wenn man sie über einer Tischkante glattstreicht. „Tubenquetscher“ erleichtern die Arbeit. Nur bei mehrfarbiger Zahnpasta klappt das nicht. Die starren Röhrchen, die die eingefärbte, ansonsten identische Zahnpasta trennen, verhindern das.

Bei der Verpackung von Buttermilch und Trinkjoghurt wird sich in Österreich aber wohl noch länger nichts ändern. Die großen Handelsketten argumentieren damit, dass der wiederverschließbare Getränkekarton bequemer und sicherer sei als ein Becher mit Aludeckel und dass die Verpackung recycelt werden könne. Die Handelskette Lidl ergänzt auf Anfrage von help.ORF.at: „Sollte es bessere Lösungen geben, die von den Kunden in Österreich angenommen werden, werden wir uns einer Diskussion darüber nicht verschließen.“

Karin Fischer, help.ORF.at

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