GTI-Treffen: Gewinnspiel mit Abofalle

Das GTI-Treffen am Wörthersee lockt jedes Jahr Zehntausende Fans getunter Autos an. Doch ein Standbetreiber aus Deutschland ist der Arbeiterkammer (AK) seit Jahren ein Dorn im Auge. Unter wechselnden Firmennamen wirbt das Unternehmen mit einem Gewinnspiel über 30.000 Euro. Was die meisten Besucher dabei übersehen: Mit ihrer Unterschrift tappen sie in eine Abofalle.

Meist sind es junge, motorsportbegeisterte Männer um die 20, die sich zur Teilnahme an dem Gewinnspiel überreden lassen. Sie schildern, sie seien von jungen, aufreizend gekleideten Damen angesprochen worden, die sie höflich aufgefordert hätten, bei einem Gewinnspiel mitzumachen, dessen Hauptpreis ein Golf GTI sei.

Statt Gewinn kostenpflichtige Mitgliedschaft

Für die Teilnahme sollten sie Daten in ein Formular eintragen: Name, Adresse und Kontonummer. Dies sei notwendig, um im Falle eines Gewinns, das Geld möglichst rasch überweisen zu können. Im Glauben, es handle sich um ein Gewinnspiel, unterschrieben sie. Tatsächlich unterzeichneten sie einen Vertrag: Zwei Jahre Mitgliedschafft bei „Europas größtem Tuningclub“, so der Slogan des Unternehmens. Der automatische Abbuchungsauftrag über 36 Euro erfolgt vierteljährlich. Die Zustimmung dazu gaben die VW-Fans über das Kleingedruckte im Vertrag.

Teilnehmer am GTI-Treffen am Wörthersee

APA/Gert Eggenberger

Das GIT-Treffen am Wörthersee: Ein Volksfest für Tuning-Fans

Drei bis vier Wochen später, wenn die gesetzliche Rücktrittsmöglichkeit vorüber ist und die Konsumenten meist bereits auf das „Gewinnspiel“ vergessen haben, würde der erste Betrag abgebucht. Wenn die Motorsportfans dann ihren Rücktritt erklären, ist es zu spät. Dutzende solcher Fälle landen seit 2012 jährlich bei der AK Steiermark. Das Prozedere sei stets dasselbe, so Thomas Wagenhofer, Jurist in der Konsumentenschutzabteilung. Auf Intervention der AK Steiermark wurden die Konsumenten zwar stets aus Kulanzgründen aus dem Vertrag entlassen, rechtlich käme man aber kaum gegen dagegen an. „Wir haben so argumentiert, dass der Konsument einem Irrtum unterlegen ist. Ihm also zum Zeitpunkt der Unterschrift nicht bewusst war, dass er einen Vertrag unterzeichnet. Veranlasst durch das Unternehmen wurde er in die Irre geführt“, so Wagenhofer.

Veranstalter sieht keinen Handlungsbedarf

Help.ORF.at gegenüber verzichtete das Unternehmen mit Namen „Europa Reise- Automobil- und Touringclub“ auf eine Stellungnahme. Beim GTI-Treffen und auch im Internet tritt die Firma unter ständig wechselnden Namen auf: „ES Club“, „Europa Touringclub Nürnberg“ und heuer zum ersten mal unter „Tuning Club Agentur“. Eine Person könnte das Vorgehen des Unternehmens am GTI-Treffen ein für alle mal einstellen: Der Bürgermeister der Gemeinde Maria Wörth, Markus Perdacher (ÖVP), seit drei Jahren der Veranstalter des GTI-Treffens.

„Bei mir ist hier über diese Firma keine einzige Beschwerde eingegangen. Deshalb kann ich sie auch nicht als unseriös einstufen. Für mich ist sie eine Firma wie jede andere“, so Perdacher. Bevor sich niemand bei der Gemeinde meldet, sieht Perdacher keinen Grund auf die Beschwerden bei der AK zu reagieren. Aus seiner Sicht arbeitet die „Tuning Club Agentur“ seriös, das zeige sich schon darin, dass die Standmiete stets pünktlich überwiesen wurde. Sollte sich die Firma nächstes Jahr im Frühjahr wieder bewerben, werde er ihr aus heutiger Sicht auch für 2019 eine Genehmigung geben, so Perdacher.

Rücktritt vom Vertrag „aus Kulanz“

Der „Nürnberger Tuningclub“ tritt übrigens nicht nur beim GTI-Treffen auf. Auch auf einer der größten Automobilmessen Europas, der „Essen Motor Show“ war das Unternehmen vertreten. Außerdem ist die Firma auch in großen Einkaufszentren in Graz und Klagenfurt präsent. AK-Jurist Thomas Wagenhofer rät jedem Konsumenten, der bereits unterschrieben hat, ob heuer oder während der vergangenen Jahre, sich an die AK oder eine andere Konsumentenschutzeinrichtung zu wenden.

Da das Unternehmen offensichtlich nicht negativ auffallen möchte, bestünden Chancen, sein Geld wieder zurückzubekommen. Lernen könne man aus Fällen wie diesen, so der Jurist, „nicht gleich zu unterschreiben und auf keinen Fall die Kontodaten leichtfertig herzugeben“. Die Alarmglocken sollten läuten, wenn man nach den Kontodaten gefragt werde. „Ein gründliches Durchlesen von Verträgen schützt vor bösen Überraschungen“, so Wagenhofer.

Jonathan Scheucher, help.ORF.at

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