Kaffee: Wie fair ist Fairtrade?

Die Idee klingt verlockend: Wer nur ein paar Cent mehr für Kaffee ausgibt, macht die Welt ein kleines Stückchen besser. Bauern und Arbeiter in den Anbauländern sollen dadurch fair entlohnt und eine gute Kaffeequalität gesichert werden. Ein Besuch an Ort und Stelle zeigt jedoch, dass die Einnahmen aus dem Kaffee oft trotzdem nicht einmal den Lebensunterhalt der Kleinbauern abdecken.

Sendungshinweis

„Konkret“, das ORF-Konsumentenmagazin, berichtet am Dienstag, 16.1. um 18.30 Uhr in ORF2

Äthiopien ist das Ursprungsland des Kaffees, von hier stammt die Arabica-Bohne. Sie reift im Hochland auf über 1.000 Höhenmeter im Schatten großer Bäume.

Name „Kaffee“ von Provinz „Kaffa“

Äthiopien hat eine tief verwurzelte Kaffeekultur. Kaffee ist einer der wichtigsten Exportgüter des Landes und darauf sind die Bauern sehr stolz. Der Legende nach ist der Kaffeestrauch nach der äthiopischen Provinz Kaffa im Südwesten des Landes benannt. Ein Hirte hat demnach beobachtet, wie seine Ziegen, nachdem sie die roten Früchte eines bislang unbekannten Strauchs gefressen haben, unruhig und schlaflos wurden.

Frisch geerntete Kaffeekirschen

Quelle Fair Trade Österreich

Frisch geerntete Kaffeebohnen

Wintermonate sind Erntezeit

Etwa acht Stunden von der Hauptstadt Addis Abeba entfernt, liegt das Kaffeeanbaugebiet der Oromia Coffee Union. Der Initiative gehören 405 Kooperativen an, in denen sich 435.000 Kaffeebauern zusammengeschlossen haben.

In den Wintermonaten herrscht Hochbetrieb, es ist Erntezeit. Sie erfolgt auch heute noch ausschließlich per Hand. Beim Ernten muss penibel darauf geachtet werden, dass nur die wirklich reifen, roten Kaffeekirschen gepflückt werden und keine grünen oder fauligen. Jede einzelne Frucht wird genau kontrolliert, nur so könne man beste Qualität garantieren, erklärt der Kaffeebauer Bedhaso Denbi.

Kaffeebauer Bedhaso Denbi bei der Kaffeeernte

Quelle Fair Trade Österreich

Bedhaso Denbi bei der Kaffeebohnenernte

Weltmarktpreis bestimmt den Ertrag

Die Bauern im Gebiet der Oromia Coffee Union besitzen zwischen einem halben und maximal fünf Hektar Land. Denbi ist mit fünf Hektar einer der größeren Bauern. Als er sich entschied, seine Kaffeeproduktion auf Bio und Fairtrade umzustellen, musste er eine Reihe an Auflagen in Kauf nehmen. Soziale wie ökologische; es dürfen etwa keine Pestizide eingesetzt werden. Für seine Landwirtschaft bedeutet das mehr Aufwand für weniger Ertrag. Die Bauern erhoffen sich aber mit solchen Zertifizierungen einen besseren Preis für ihren Kaffee erwirtschaften zu können.

2.800 Euro Verdienst pro Jahr

Genug verdienen sie aber trotzdem nicht. Das Problem: Wenn die Bauern ihre Kaffeekirschen verkaufen, bekommen sie zunächst nur den offiziellen Weltmarktpreis bezahlt. Der ist für alle gleich - egal ob Fairtrade oder nicht. An diesem Tag sind es für Denbi 16 Birr für ein Kilo, umgerechnet etwa 50 Cent – ein vergleichsweise guter Preis.

Einmal im Jahr bekommt er zusätzlich noch eine Dividende ausbezahlt, je nachdem wie viel seines Kaffees auch als Fairtrade verkauft werden konnte. Das bedeutet zwei Birr (entspricht rund sechs Cent) extra pro Kilo. Insgesamt 2.800 Euro hat Bedhaso letztes Jahr verdient, davon muss er seine Landwirtschaft in Schuss halten, Arbeiter bezahlen und seine 15 Kinder versorgen.

Buzura Arbo, Schüler und Fairtrade-Kaffeebauer beklagt sich über zu geringe Preise beim Verkauf der Rohware.

Kaffeeanbau reicht oft nicht für Lebensunterhalt

Auch für andere Bauern wie Samuel Boru und Zenabua Tadesse sind die niedrigen Kaffeepreise problematisch. Zu zweit verdienen sie nur etwa 1.200 Euro im Jahr. Weil das Einkommen aus dem Kaffee nicht reicht, bauen sie noch Gemüse an und schlachten hin und wieder eine Ziege, um sie am lokalen Markt zu verkaufen. Einen großen Vorteil sehen die Kaffeebauern in Fairtrade aber trotzdem: Die Sozialprojekte.

Der geschälte und gewaschene Kaffee wird zum Trocknen in der Sonne ausgebreitet

Quelle Fair Trade Österreich

Der geschälte und gewaschene Kaffee wird zum Trocknen ausgebreitet

Neue Züchtungen sollen Ernte sichern

Da Kaffee eines der wichtigsten Agrargüter im globalen Nord-Süd-Handel ist, weltweit werden jährlich mehr als 9,5 Milliarden Kilo Kaffee gehandelt und der Bedarf steigt, versucht man mit Nachhaltigkeitsprojekten den Fortbestand der Kaffeeproduktion zu sichern. In dem man etwa neue Kaffeesetzlinge zieht, die gut wachsen und gegen Klimaveränderungen resistent sind. Die Bauern bekommen diese gratis, das soll sie motivieren ihre Plantagen immer wieder zu erneuern, damit die Produktion auch in Zukunft gesichert ist.

Erntehelfer verdient 90 Cent pro Tag

Nach der Ernte wird der Kaffee direkt auf dem Feld weiterverarbeitet. Zunächst muss maschinell das rote Fruchtfleisch von den Bohnen getrennt werden. Dann wird der Kaffee gewaschen. Acht Stunden am Tag arbeiten die Menschen. Die Arbeiter sind meist Tagelöhner und bekommen pro Arbeitstag nur etwa 30 Birr bezahlt. Das sind umgerechnet 90 Cent, das ist selbst in Äthiopien unter der Armutsgrenze.

Bei Fairtrade gibt es zwei Förderungsmodelle. Das eine sind Plantagen, hier muss gewährleistet sein, dass Arbeiter fair entlohnt werden. Im anderen Modell, wie hier beim Kaffee, stehen die Kleinbauern im Fokus. Die Bedingungen für die Arbeiter können dabei nur bedingt berücksichtigt werden. Man versuche aber dafür in Zukunft eine Lösung zu finden, so Hartwig Kirner, Geschäftsführer von Fairtrade Österreich.

In der Fabrik in Addis Abeba findet die letzte Qualitätskontrolle statt

Quelle Fair Trade Österreich

Qualitätskontrolle in einer Fabrik in Addis Abeba

Äthiopiern selbst bleiben nur Ausschussbohnen

Der Kaffee ist nicht nur ein Export- sondern auch ein Kulturgut der Äthiopier. Im Land bleibt allerdings nur der sogenannte Rejected Coffee, also die schlechte Qualität. Der hochwertige Kaffee muss zu 100 Prozent exportiert werden. Und zwar nur Rohkaffee, geröstet werden darf die Exportware per Gesetz nicht, obwohl man daran mehr verdienen könnte.

Nachfrage nach fairer Bioqualität noch gering

Die Oromia Coffee Union produziert etwa 300.000 Tonnen Kaffee pro Jahr. In der Fabrik in Addis Abeba wird noch einmal die Qualität der Kaffeebohnen geprüft, bevor sie in die ganze Welt verkauft werden. Sie sind komplett Bio und Fairtrade. Da die Nachfrage nach solchen zertifizierten - und daher auch teureren - Kaffees auf dem internationalen Markt aber noch nicht so hoch ist, kann nur etwas mehr als die Hälfte davon auch zum höheren Preis exportiert werden. Der Rest muss billiger verkauft werden.

Vanessa Böttcher, ORF Konkret

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