Chemiecocktail im Nagellack

Im Sommer haben nicht nur Sandalen und Flip Flops Saison - auch die Nachfrage nach Nagellacken steigt. Ein aktueller Test zeigt jedoch, dass in vielen Fläschchen eine Menge bedenklicher Chemie enthalten ist. Die Note „Sehr gut“ gab es nur einmal.

25 Nagellacke hat die Verbraucherzeitschrift „Ökotest“ ins Labor geschickt, in 24 davon konnten die Tester zumindest einen bedenklichen Inhaltsstoff entdecken. Ein „Ungenügend“ wurde schließlich fünf Mal vergeben. In diesen Produkten entdeckten die Labore bedenkliche Mengen krebserregender Nitrosamine.

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Was wäre technisch vermeidbar?

Bei Nitrosaminen handelt es sich nicht um Bestandteile der Rezeptur, sondern Verunreinigungen. Die werden vermutlich durch einen anderen Inhaltsstoff, die Nitrozellulose, verursacht, erläutert Jürgen Stellpflug von Ökotest. Dieser Stoff ist ein Filmbildner, der dafür sorgt, dass der Lack auf dem Nagel haftet und schön glatt ist. Gesetzliche Grenzwerte gibt es für die krebserregenden Nitrosamine allerdings keine. Denn sie sind in Kosmetik grundsätzlich verboten, sofern es technisch möglich ist, sie zu vermeiden.

Wo diese Grenze nun liegt, sei nicht ganz klar, so Ökotest. Deswegen hat man sich bei der Bewertung des Nitrosamingehalts an Schweizer Untersuchungen orientiert, die sagen, mehr als 400 Mikrogramm müssten in einem Nagellack nicht enthalten sein. Zum Vergleich: In einer herkömmlichen Wimperntusche findet man etwa 80 Mikrogramm. Ein „Ungenügend“ gab es deswegen für Produkte der Marken Artdeco, Essence, Essie, Max Factor und Trend it up.

Lichtschutz und Weichmacher

Ein weiterer Kritikpunkt der Tester waren Lichtschutzfilter, die das Produkt schützen und die Farben im Fläschchen stabil halten sollen. Viele dieser Lichtschutzfilter seien hormonell wirksam, so Stellpflug. Für die Konsumentinnen und Konsumentinnen hätten diese Inhaltsstoffe allerdings keinen direkten Nutzen. Abwertungen gab es deswegen für farbige Lacke von Maybelline, Chanel oder H&M und durchsichtige Überlacke von L’Oreal, Manhattan oder Douglas.

Als positiv bewerten die Tester, dass in keinem Produkt Phtalate gefunden wurden - ebenfalls hormonell wirksame Stoffe. Dafür setzen viele Hersteller mittlerweile auf einen andere Weichmacher: Acetyltributylcitrat. „Bei diesen Weichmachern weiß man noch gar nicht, wie sie auf Gesundheit und Umwelt wirken und deswegen muss man dann vorsichtig sein“, argumentiert Stellpflug. Auch für die Weichmacher gab es Punkteabzug, unter anderem für Produkte von Sally Hansen, Dior und Alterra Naturkosmetik.

Über die Haut in den Körper

In drei Produkten fanden die Tester zudem das krebserregende Lösungsmittel Styrol: in Farblacken von Yves Rocher, Benecos und Astor. Die Mengen waren gering. Aber diejenigen, die auf Styrol verzichten, zeigen, dass man Nagellack auch ohne diese Lösungsmittel produzieren könne, heißt es dazu von Ökotest.

Während solche Lösungsmittel ausgasen und damit über die Atmung in den Körper gelangen können, finden andere bedenkliche Inhaltstoffe ihren Weg über die Haut. Greift man sich beispielsweise mit den lackierten Nägeln ins Gesicht, können bedenkliche Stoffe übertragen werden.

Nur ein „Sehr gut“

Bedenken in diese Richtung muss man beim Testsieger nicht haben. Im Farblack der Firma Logona haben die Labors keine bedenklichen Inhaltsstoffe gefunden. Die sind bei zertifizierter Naturkosmetik schlicht nicht erlaubt. Jürgen Stellpflug von Ökotest gibt allerdings zu bedenken, dass Bio-Kosmetikhersteller bei Nagellacken nach wie vor ein großes Problem haben. Wer auf die herkömmliche Chemie verzichtet, der produziert zwar gesündere und umweltfreundlicher Lacke. Die halten aber nicht so gut auf den Nägeln.

Mit mehr als 37 Euro pro 10 Milliliter ist das Produkt Logona auch der teuerste Lack im Test. Hier lässt sich der Preis vielleicht über die Inhaltsstoffe erklären, bei anderen Produkten sei jedoch nicht unbedingt die Qualität ausschlaggebend, meint Stellpflug: „Das ist wie bei allen Kosmetika, da spielen die Inhaltsstoffe keine Rolle für die Preisbildung, sondern das Marketing, die Verpackung und das Image.“

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