Parship macht Kunden Ausstieg schwer

Immer wieder berichten Parship-Nutzer von Problemen beim Ausstieg aus dem Vertrag. Verbraucherschützer kennen die Beschwerden und gehen gegen nachteiligen Klauseln bei der Vertragsverlängerung und zu hohe Geldforderungen bei Vertragsrücktritt vor.

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„Help“, das Ö1-Konsumentenmagazin, jeden Samstag um 11.40 Uhr in Radio Ö1

Parship setzt auf das Prinzip der automatischen Vertragsverlängerung. Dabei verlängert sich der Vertrag um ein Jahr, wenn nicht fristgerecht gekündigt wurde. Das ist aber nur erlaubt, wenn das Unternehmen rechtzeitig an das Kündigen erinnert. Zwar verschickt Parship eine solche Erinnerung drei Monate vor Vertragsablauf. Diese ist aber so gut versteckt, dass sie von vielen Kunden übersehen wird.

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APA/dpa

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Information erst nach Link und Log-in

Der E-Mail-Betreff „Nachricht zu Ihrem Profil“ klingt wie einer von vielen, das Textfeld ist leer bis auf einen weiterführender Link. Um zu erfahren, dass das E-Mail in Zusammenhang mit dem Ablauf der Mitgliedschaft und der Kündigungsfrist steht, müssen Kunden erst den Link in der E-Mail anklicken und sich dann in ihr Parship-Profil einloggen.

„Wir finden das genügt keinesfalls der Erfordernis des österreichischen Konsumentenschutzrechts. Es ist unklar. Im Betreff wird nicht gesagt, dass es um eine automatische Vertragsverlängerung beziehungsweise eine Kündigungsfrist geht“, so Dominik Manzenreiter ist Jurist beim Europäischen Verbraucherzentrum (EVZ) gegenüber help.ORF.at.

Trotz Urteil: Parship macht weiter wie bisher

Diese Meinung teilen auch die Gerichte. Nach einer Klage des Vereins für Konsumenteninformation (VKI) entschied das Handelsgericht Wien schon im vergangenen November, dass der derzeitige Hinweis so nicht ausreicht. Parship ging in Berufung, und verlor. Es brauche eine aussagekräftige Betreffzeile und genaue Informationen im Text der E-Mail, damit die Parship-Kündigungserinnerung als solche erkennbar sei, urteilte auch das Oberlandesgericht Wien in zweiter Instanz - Parship darf Verträge nicht automatisch verlängern.

Parship gibt aber nicht auf und will bis vor den Obersten Gerichtshof ziehen. Das Problem für die betroffenen Kunden: Solange das Verfahren nicht endgültig abgeschlossen ist, ist das Urteil nicht rechtskräftig. Darauf beruft sich auch Parship und macht einfach so weiter wie bisher. Eine Stellungnahme wollte das Unternehmen wegen des laufenden Verfahrens nicht abgeben.

Bei Annahme von Kulanzangebot verliert man Anspruch

Was können Betroffene also tun? Erst einmal nicht auf das reduzierte Kulanzangebot eingehen, das Parship routinemäßig bei Beschwerden anbietet, rät Experte Manzenreiter. Denn damit einigt man sich und verzichtet auf weitere Ansprüche.

„Die andere Möglichkeit ist es, Parship schriftlich mitzuteilen, dass man die Forderung nicht bezahlen wird, da die automatische Vertragsverlängerung nicht rechtswirksam zustande gekommen ist,“ so Manzenreiter.

Auch Widerruf mit hohen Kosten verbunden

Wurde das Geld von der Kreditkarte schon automatisch abgebucht kann man ein so genanntes ChargeBack, die Rückerstattung des Betrages, veranlassen. Ist eine Rückbuchung nicht möglich müssen Kunden ihr Geld bei Parship zurückfordern. Betroffene müssen wie es aussieht noch ein wenig durchhalten. Wann ein endgültiges Urteil vorliegen wird, ist nicht bekannt.

Ganz generell scheint Parship seinen Kunden den Ausstieg möglichst schwer machen zu wollen. Denn auch in einem weiteren Punkt häufen sich die Beschwerden. Es geht um den Rücktritt vom Vertrag. Zwar wirbt Parship auf seiner Website damit, dass Kunden den Datingdienst in aller Ruhe testen können. Doch wenn man von seinem 14-tägigen Rücktrittsrecht Gebrauch macht, kann es teuer kommen - Widerruf bei Onlinepartnerbörse kann teuer werden.

Zwei Wochen zum Preis von neun Monaten

Denn die Partnerbörse behält drei Viertel der Jahresgebühr ein, wenn der Kunde in der Ausprobierzeit eine gewisse Anzahl von Kontakten mit anderen Parship-Mitgliedern hatte. Wer beispielsweise nach zehn Tagen sein Rücktrittsrecht in Anspruch nimmt, dem verrechnet Parship trotzdem 75 Prozent (knapp 500 Euro) der Jahresgebühr in Höhe von insgesamt 660 Euro. Parship bezieht sich hier auf seine so genannte Kontaktgarantie: Kamen fünf Kontakte zustande – auch wenn es nur eine höfliche Absage „Sorry, kein Interesse“ war – sieht Parship seine Leistung erfüllt und verrechnet „kulanzweise“ nicht 100 Prozent aber 75 Prozent der Jahresgebühr.

Zwar darf Parship einen Wertersatz für das Ausprobieren seines Dienstes in Rechnung stellen. Mehrere hundert Euro für eine Nutzungsdauer von nur wenigen Tagen sind laut Konsumentenschützern aber viel zu hoch. In Deutschland gab es bereits einige Verfahren. Kunden fühlten sich geprellt, klagten und bekamen laut Stiftung Warentest in bisher allen Fällen Recht. So hat ein deutsches Gericht 2016 in einem Fall entschieden, dass Parship für fünf Nutzungstage 6,55 Euro zustehen – und nicht wie vom Kunden gefordert 359 Euro.

Bisher keine Klarheit durch Gerichtsentscheid

Eine allgemein gültige gerichtliche Vorgabe, wie Parship den Wertersatz berechnen muss, gibt es allerdings noch nicht. In Deutschland wollten Verbraucherschützer mit einem Musterprozesse Klarheit bringen, das Urteil sorgte allerdings wiederum für Unklarheit. Das Gericht entschied zwar, dass die derzeitige Widerrufskostenberechnung von Parship unzu­läng­lich­ ist, gleichzeitig erteilte es aber auch der Berechnungsmethode der Konsumentenschützer (aliquoter Anteil der genutzten Tage) eine Abfuhr. Beide Seiten, sowohl Parship, als auch die klagende Verbraucherzentrale Hamburg verbuchen das Urteil nun als Erfolg. Eine eindeutige Information für den Konsumenten, wie viel Wertersatz angemessen ist, gibt es weiter nicht.

Auch in Österreich gibt es Bestrebungen von Verbraucherschutzeinrichtungen gegen die Parship-Praxis vorzugehen - mit welchem Ergebnis, bleibt abzuwarten.

Beate Macura, help.ORF.at

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