Sprachassistenten Alexa & Co. auf dem Prüfstand

Amazons Echo-Box und Google Home sind bereits auf dem Markt, die Geräte von Apple und Microsoft sollen bald folgen. Marktforschern zufolge sind Lautsprecher, die mittels Spracherkennung als persönliche Assistenten im Haushalt dienen, ein neuer Milliardenmarkt. Sicherheitsexperten sehen die stets lauschenden Geräte allerdings mit Skepsis und warnen vor Datenschutzrisiken.

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Sie heißen Siri, Alexa, OK Google und Cortana und drängen in Form von kleinen Lautsprechern nach und nach in unsere Wohnungen. Laut den Herstellern sollen Sprachassistenten vor allem den Alltag erleichtern. Mit dem Internet und anderer smarter Elektronik im Haushalt verbunden, geben sie auf Zuruf Auskunft über das Wetter, schalten das Licht ein, beantworten Wissensfragen und spielen die Lieblingsmusik ab.

Datenschützer sehen die Entwicklung kritisch. Wer sich einen solchen Lausch-Sprecher ins Haus holt, kann theoretisch rund um die Uhr bespitzelt werden, so die Befürchtung. Denn den Geräten entgeht nichts.

Ein Mann und ein Kind blicken auf Amazons Echo Lautsprecher

Amazon

Amazons Echo-Lautsprecher hört auf das Schlüsselwort „Alexa“

Der Echo-Lautsprecher von Amazon mit der Sprachsoftware Alexa an Bord ist beispielsweise gleich mit sieben Mikrofonen ausgerüstet, die rund um die Uhr eingeschaltet sind. So hört Echo alles mit, was im Raum gesprochen wird, laut Amazon vorerst aber, ohne es zu speichern.

Erst wenn das Schlüsselwort „Alexa“ fällt, zeichnet das Gerät das Gesprochene auf. Dann wird alles das, was man Alexa sagt, auf die Server von Amazon übertragen und verarbeitet, um eine Antwort ausgeben zu können. Neben der eigentlichen Frage an Alexa wird auch jedes Geräusch im Hintergrund, ob Kinderlachen oder das Fernsehprogramm, an die Firmenserver mitgeschickt und gespeichert.

Gewohnheiten kennen, um Produkte besser zu verkaufen

„Der Grund dafür ist natürlich, dass die Konzerne unsere Daten haben und unsere Gewohnheiten kennen wollen,“ so Internetsicherheitsexperte Thorsten Behrens, Projektleiter bei der Watchlist Internet. Amazon sei an allererster Stelle ein Onlineshop und wolle in erster Linie Produkte verkaufen. Anhand von früheren Bestellungen, angesehenen Produkten und nun natürlich auch der Interaktion mit der Sprachsoftware bekommt der Handelsriese ein immer genaueres Bild seines Kunden. Ganz nach dem Motto: Wer weiß, was sein Kunde wissen will, weiß auch, was der Kunden kaufen will.

Das könnte Amazon etwa den Weg zu personalisierten Preisen ebnen. „Das heißt, wenn Amazon den Eindruck hat, dass ein Kunde eher zu teureren Produkten greift, vielleicht auch noch Fernsehsendungen schaut, die man eher als Gebildeter schaut, dann könnte der Konzern drauf schließen: Der hat Geld und ist auch bereit, mehr Geld auszugeben, also biete ich ihm auch höhere Preise an“, so Behrens im Gespräch mit help.ORF.at.

Riesige Datenbank an Gesprächen, Fotos, Videos

Mit dem Gerät Echo Look hat der Konzern zudem eine „Alexa mit Augen“ auf den Markt gebracht, die den Nutzer in Modefragen beraten soll. Eine eingebaute Webcam knipst Fotos und Videos, und die künstliche Intelligenz urteilt dann darüber, welches Outfit am besten mit aktuellen Trends übereinstimmt. Auch diese Fotos und Videos werden bei Amazon gespeichert.

Frau in wechselnden Outfits vor der Echo Look Kamera

Amazon

Was soll ich anziehen? Mit Echo Look kennt Amazon die Modevorlieben der Nutzer

Datenschützer fürchten, dass der Konzern aus den Aufnahmen gesundheitliche Informationen ableiten könnte, die der Nutzer eigentlich gar nicht preisgeben wollte. Denn das System zieht seine eigenen Schlüsse. So könnten etwa eine Verkühlung oder eine Schwangerschaft erkannt und dem Kunden oder der Kundin die passenden Produkte, Inhalator und Wärmelampe bzw. Gitterbett und Babyphone, angeboten werden. Eine Gewichtszunahme könnte als angehende Depression gedeutet werden.

Auch Spielekonsole und Smart-TV können mithören

Amazons Echo ist aber nicht das erste Gerät, das ins Wohnzimmer blicken, mithören und verstehen kann. Von den Smartphones kennt man die Sprachassistenten bereits, und kaum ein aktuelles Gerät - vom Notebook über die Spielekonsole bis zum Smart-TV - kommt ohne fix eingebaute Webcam und Mikrofon aus. Apple (HomePod) und Microsoft (Invoke, bisher nur in den USA erhältlich) haben angekündigt, ihre Zuhörgeräte in Kürze auch auf den europäischen Markt zu bringen. Viele Nutzer haben angesichts der vielen Augen und Ohren, die auf sie gerichtet sind, ein mulmiges Gefühl.

„Man weiß halt nie genau, wer wirklich mitschaut“, so Behrens. Nicht nur der Hersteller selbst, auch Angreifer von außen könnten das System missbrauchen. „Wir haben in den letzten Wochen etwa in den Medien gehört, dass die CIA sehr gezielt Fernseher gehackt hat, um dann in Hotelzimmern Staatsgäste und Diplomaten zu belauschen.“ Nicht umsonst riet der ehemalige FBI-Chef James Comey, dass Nutzer ihre Webcams bei Nichtgebrauch besser zukleben sollten, und auch von Mark Zuckerberg, Chef von Facebook, ist bekannt, dass er die Webcam seines Notebooks überklebt hat.

Googles Home Lautsprecher

AP

Auch der Google-Lautsprecher hört permanent zu, ob das Schlüsselwort fällt

Mehrwert oder unnötig vernetzt? Genau abwägen

Auch die mögliche Weitergabe der Daten bereitet Sicherheitsexperten Sorge. „Grundsätzlich haben wir es bei diesen Konzernen damit zu tun, dass es US-Unternehmen sind. Diese haben doch ein anderes Verständnis von Privatsphäre als wir hier in Europa“, so Behrens. Die Datenweitergabe sei in den USA einfacher. Nicht nur staatliche Stellen wie etwa Geheimdienste könnten Zugriff erlangen, auch der Verkauf der Nutzerdaten an andere Unternehmen sei teilweise möglich. Als Nutzer könne man sich daher nicht sicher sein, wer seine Daten in die Hand bekomme.

Was aber können Nutzer tun, die zwar von der neuen Technologie profitieren, sich aber nicht permanenter Überwachung aussetzen wollen? Man könne sich den Datensammlern heutzutage nicht mehr zu 100 Prozent entziehen, so Experte Behrens. Das bringe zum Teil auch Vorteile, etwa wenn man gezieltere Werbung eingeblendet bekomme. „Aber man muss sich genau überlegen, welchen Mehrwert es an dieser Stelle bringt, ein vernetztes Gerät einzusetzen. Oder ob nicht auch ein herkömmliches Gerät ohne Internetanschluss für diesen Zweck genügt.“

Beate Macura, help.ORF.at

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