Reizende Düfte in der Sauna

Wenn es draußen kalt ist, haben Kräutersauna und Eukalyptus-Dampfbad Hochsaison. Doch des einen Freud kann des anderen Leid sein. Bei einigen Menschen können gerade diese Saunadüfte Kopfschmerzen und Übelkeit auslösen. Umweltmediziner warnen deshalb vor einem unkontrollierten Einsatz von Duftstoffen in der Sauna.

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Ob Blumenwiese oder Adventzauber, ob Schokobanane, Orangenblüte oder Bergkräuter - mit fantasievollen Namen locken Hersteller für ihre Produkte: Waschmittel, Weichspüler, WC-Stein und WC-Duft, ja sogar Müllbeutel und Scheiben-Entfroster werden heutzutage beduftet. Und auch vor Sauna, Dampfbad und Tepidarium hat dieser Trend nicht halt gemacht. Wer heute in einem Wellness-Hotel oder einer Therme in den SPA-Bereich geht, wird mit hoher Wahrscheinlichkeit beduftet, ob er oder sie das will oder nicht.

Über Leitungen und Spezialsysteme werden fertige Duft-Cocktails direkt an die Innenraumluft von Biosauna, Kräuterkammer oder Dampfbad abgegeben. Dort werden sie dann eingeatmet und gelangen einerseits in die Lunge und andererseits über Geruchsrezeptorzellen ins Gehirn.

Aufguss-Kübel vor Sauna

APA/Roland Schlager

Duftcocktail mit unbekannten Folgen

Anders als etwa Kosmetikprodukte unterliegen Raumdüfte keinem strengen Reglement, es gibt kein eigenes Zulassungssystem für sie. Gesetzlich unterliegen sie lediglich der Einstufungs- und Kennzeichnungspflicht von Chemikalien. Im Gegensatz zum Kosmetikbereich müssen die Inhaltsstoffe nicht am Etikett deklariert werden. Und beinhalten können Raumdüfte und Duftmischungen sehr viele Substanzen - ein Parfum etwa, bis zu dreihundert. Insgesamt verwendet die Duftstoffindustrie heute rund dreitausend Duftstoffe. Über ihre Wirkungen weiß man aber noch kaum etwas.

Umweltmediziner warnen deshalb auch vor dem unkontrollierten Einsatz von Düften. „Aus umweltmedizinischer Sicht spricht alles gegen einen massiven, unüberlegten Einsatz von Duftstoffen, insbesondere in Innenräumen", so Hans-Peter Hutter vom Zentrum für Public Health der Medizinischen Universität Wien gegenüber help.ORF.at. Über viele Stoffe wisse man nicht, was sie im menschlichen Organismus bewirkten. Zudem gäbe es viele Personen, die darauf überempfindlich reagierten.

Symptome: Von Augenbrennen bis Kopfschmerzen

Bei der Vielzahl an verschiedenen Duftstoffen ist es schwierig herauszufinden, was man verträgt und was nicht. Belastend sein können die Duftstoffe selbst, aber auch die Trägersubstanzen, also jene Stoffe, in denen die Aromen aufgelöst sind. Eine körperliche Abwehrreaktion auf diese Chemikalien wird aber oft nicht mit der Beduftung in Zusammenhang gebracht, da die Symptome wie Kopfschmerz, Schwindel oder Übelkeit unspezifisch sind. Aber auch Reizerscheinungen an den Schleimhäuten könnten auftreten, so Hutter.

Allergen wirken, also eine allergische Reaktion hervorrufen können nicht nur synthetische Duftstoffe, sondern auch natürliche ätherische Öle. Deshalb rät der Umweltmediziner bei beiden gleichermaßen zu Vorsicht und sehr umsichtigem Einsatz.

Frau im Dampfbad

AFP

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Allergene in der Luft

Auch das Institut für Innenraumanalytik in Wien steht dem Dufttrend im Wellnessbereich skeptisch gegenüber. Eines der bekannten Allergene unter den Duftstoffen ist Limonen. Der Innenraumklimatologe Peter Tappler hat in Saunen während des Aufgusses Limonenkonzentrationen gemessen, die weit über dem zulässigen Innenraum-Richtwert lagen. Das Institut für Innenraumanalytik hat für das Umweltministerium Saunen untersucht und ein Positionspapier erarbeitet. Darin wird unter anderem vor Belastungen der Luft durch Duftöle, die beispielsweise für den Aufguss verwendet werden, hingewiesen. Besonders kritisch sei es, wenn Phthalate in Duftmischungen vorkommen.

Phthalate werden als Weichmacher oder Trägersubstanz verwendet und gelten als gesundheitsgefährdend. Laut Umweltbundesamt gelangen sie auch über die Atmung in den Organismus und beeinflussen dort etwa den Hormonhaushalt.

Warnung vor unsachgemäßer Verwendung

Auf die Konzentration komme es an, erklärt der Geschäftsführer einer deutschen Saunabedarf-Firma, Matthias Achatz im Gespräch mit help.ORF.at. Er beliefert in Österreich zahlreiche Thermen und Saunalandschaften. In seiner Firma sei es etwa Standard, dass vor Ort die Dosierung der automatischen Beduftungsanlage genau eingestellt wird. Und diese hänge etwa von der Luftmenge in der Sauna (Kubatur), der Art der Frischluft-Zufuhr, der Wasserhärte und der Art der Saunasteine ab. Hier brauche es Fachwissen, damit zum Beispiel nicht überdosiert wird.

Achatz warnt insbesondere vor Aufgussmitteln, die in Drogerien von jedem gekauft werden können. Die Anwender dieser Saunadüfte hielten sich oft nicht an die empfohlene Dosierung und schütteten zu viel der Flüssigkeit auf die heißen Steine.

Kerze, Duftflaschen, Handtücher liegen auf einem Tisch vor dem Dampfbad

AFP

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Von Düften umwolkt

In unserer modernen Welt sind wir von einer Vielzahl an künstlich ausgebrachten Düften umgeben, seien es Raumsprays in Autos oder Toiletten, Duftstecker in Wohnungen oder sogar Beduftungen von Kaufhäusern. Ähnlich wie Lärm könne auch ein Zuviel an Düften eine Reizüberflutung darstellen und zu körperlichen Stressreaktionen führen, warnt Umweltmediziner Hutter.

In der Sauna kommt aber auch noch der Faktor Hitze hinzu. An sich ist der Hitzestress gewünscht, um den Organismus und das Herz-Kreislaufsystem anzutreiben. Dadurch sei aber auch die Atemfrequenz erhöht, so Hutter, und dementsprechend nehme der Körper auch mehr von den ausgebrachten Duftstoffen auf – und das in einer Situation, wo der Organismus allein schon durch die Temperatur belastet sei.

Tipp: Inhaltsstoffe erfragen

Auch wenn viele Menschen keine Auswirkungen der Beduftung von Saunen spüren, so sollten Saunagäste eine Wahlmöglichkeit haben.

In jedem Fall kann vom Spa-Betreiber eine Auflistung der Inhaltsstoffe von Duftmischungen erbeten werden. Die help-Redaktion hat dies exemplarisch bei zwei Betreibern getan und bereitwillig Auskunft erhalten. Wichtig zu wissen: In solchen Deklarationen stehen oft die Worte „Perfume“ oder „Flavour“. Dahinter verbergen sich Duftstoffe, die nicht näher deklariert werden müssen.

Feedback von Saunagästen erwünscht

Laut VAMED, dem größten Thermenbetreiber Österreichs, gäbe es bislang nur wenige Beschwerden über die Beduftungen der SPA-Bereiche. Man sei aber offen dafür – wenn das die Gäste wünschen – auch vermehrt duftfreie Zonen einzuführen.

Möglicherweise tritt dieser Fall ein, falls mehr Menschen unspezifische körperliche Symptome hinterfragen und einen möglichen Zusammenhang mit Duftstoffen herstellen. Derzeit bleibt Personen, die empfindlich auf Duftstoff-Cocktails reagieren, oft nur der Gang in die Neunzig-Grad-Sauna und zwar dann, wenn kein Duftaufguss ansteht. Die Finnischen Saunen werden nämlich nicht automatisch beduftet.

Petra Schönbacher, help.ORF.at

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