Wenn das Handy heimlich zuhört

Mobiltelefone und Tablets können durch Audiotracking mittels Ultraschall unbemerkt das Verhalten ihrer Benutzer verfolgen. Im Projekt SoniControl möchten Forscher der Fachhochschule (FH) St. Pölten eine Methode entwickeln, wie man unbemerktes Ausspionieren enttarnen und blockieren kann. Das Projekt beginnt im kommenden Jänner und soll im Dezember 2017 abgeschlossen werden.

Die permanente Vernetzung mobiler Geräte wie Smartphone und Tablet sei eine zunehmende Bedrohung für die Privatsphäre der Anwender, hieß es in einer Presseaussendung der FH St. Pölten. Darin wird vor „akustischen Cookies“ gewarnt. Beispielsweise könnte ein Fernseher während eines Werbespots unhörbare akustische Signale aussenden. Mobile Geräte sind theoretisch in der Lage, diese Signale mittels App aufzunehmen und Informationen zu protokollieren. Diese Informationen könnten anschließend an Unternehmen übertragen werden. Auf diese Weise könnte etwa festgestellt werden, dass Fernseher und Mobilgerät ein und derselben Person gehören und welche Werbung gerade gesehen wird

Moderne Smartphones sind perfekte Spione

Solche akustischen Signale könnten, wie es in der Aussendung heißt, dazu genutzt werden, das Verhalten der Anwender über mehrere Geräte hinweg zu verfolgen und entsprechende Benutzerprofile miteinander zu verknüpfen, um zielgerichtete Werbung zu senden und die Filterung von Internetinhalten zu ermöglichen.

Die Sensoren von Smartphones bieten heutzutage faktisch alles, was man für eine gezielte Überwachung benötigt, sind sich Experten einig. Ein Mikrofon kann Gespräche mithören, die Kamera kann beobachten. Mittels eingebauten Kompasses und entsprechender Kartendienste lässt sich die Position einer Person auf den Zentimeter genau bestimmen.

Inwieweit Unternehmen diese akustischen Cookies einsetzen, um tatsächlich personifizierte Profile zu erstellen, könne man momentan nur mutmaßen, sagte Matthias Zeppelzauer von der Forschungsgruppe Media Computing der FH St. Pölten gegenüber help.ORF.at. Die technischen Voraussetzungen seien jedenfalls vorhanden. Im Prinzip könne jedes bluetoothtaugliche Gerät genutzt werden, um solche Signale zu senden beziehungsweise zu empfangen. Akustisches Tracking sei besonders gefährlich und attraktiv für Contentprovider, weil die Userinnen und User davon nichts mitbekommen würden und über mehrere Geräte hinweg verfolgt werden könnten.

Spionage am PC

Ralf Hirschberger/dpa

Unhörbare akustische Signale könnten Anwender von Mobilgeräten überwachen.

Das Mikro hört mit, die Kamera sieht alles

Akustische Cookies können bisher nicht blockiert werden. Darüber hinaus könnten sie für Menschen unhörbar über den Handylautsprecher gesendet werden, um Mobiltelefone miteinander kommunizieren zu lassen. So kann der Standort der Benutzer und deren aktuelles soziales Umfeld - etwa, welche Personen gerade in der Nähe sind - erkannt werden.

Das Handymikrofon sei permanent aktiv, um Sprachbefehle entgegenzunehmen. Jede mobile Anwendung, die Zugriff auf das Mikrofon habe, sowie das Betriebssystem selbst können jederzeit das Mikrofon eines Mobilgeräts ohne Benachrichtigung aktivieren und abhören, so Zeppelzauer. Die Nutzer würden über diese Vorgänge oft nicht informiert. Nur eine permanente Deaktivierung des Mikros würde Abhilfe schaffen, wodurch jedoch das Gerät als Telefon natürlich unbrauchbar würde.

Störsignale sollen für mehr Privatsphäre sorgen

Das Projekt SoniControl der FH St. Pölten will versuchen, eine mobile Anwendung zu entwickeln, um akustische Cookies aufzuspüren und die Nutzer darauf aufmerksam zu machen. Diese wären dann in der Lage, das Tracking auf Wunsch zu blockieren. Ziel des Projekts sei es, ein Bewusstsein für akustisches Tracking zu schaffen und die Privatsphäre durch Erkennen und Filtern von akustischen Cookies gezielt zu schützen, so Projektleiter Zeppelzauer: „Wir nutzen Signalverarbeitungsmethoden zum Erkennen akustischer Cookies. Zur Maskierung werden Störsignale über den Lautsprecher des Mobilgeräts gesendet. So könnten akustische Cookies neutralisiert werden, bevor Betriebssystem oder mobile Applikationen darauf zugreifen können“.

Benutzer könnten auf diese Weise Cookies blockieren, ohne die Funktionsweise des Smartphones zu beeinträchtigen. Die für Menschen unhörbare Maskierung der Cookies werde mittels Ultraschall erfolgen. Das Projekt SoniControl startet im kommenden Jänner und soll im Dezember 2017 abgeschlossen sein. Sämtliche Projektergebnisse und die Applikation sollen nach Abschluss des durch die Initiative Netidee geförderten Projekts öffentlich zur Verfügung gestellt werden. Zwischenschritte würden bereits vorab in einem Blog dokumentiert, so Zeppelzauer.

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