Abofallen: Das Geschäft mit der Einschüchterung

Die Masche funktioniert noch immer: Nach der Registrierung auf einer – auf den ersten Blick kostenlosen – Website kommt die erste Rechnung für eine angebliche Mitgliedsgebühr. Wer nicht zahlt, wird oft monatelang mit Mahnungen, Inkassobriefen und Anwaltsbriefen bearbeitet. Geboten werden meist Leistungen, die man auch problemlos gratis bekommt: Routenplaner, Kochrezepte oder Restpostendeals. Die gute Nachricht: Konsumenten müssen nicht zahlen.

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Kochrezepte - das Internet ist voll davon. Manche sind gut, andere weniger, gratis sind sie zumindest alle. Möchte man meinen. Auf der Webseite profi-kochrezepte.de kostet der Download von Kochrezepten satte 19,90 Euro im Monat. Das sind 238,30 pro Jahr, exklusive Mehrwertsteuer. Die angebliche Serviceleistung soll sich ja, wie der Name impliziert, an Profis richten, die die angebotenen Rezepte gewerblich nutzen sollen. Aus Sicht von Internet Ombudsmann Thorsten Behrens ist das allerdings reine Augenauswischerei. Kochrezepte.de sei eine klassische Abo-Falle, urteilt der Experte.

Homepage einer Abogfalle mit Kochrezepten

Screenshot: profi-kochrezepte.de

Abzock-Webseiten wirken auf den ersten Blick oft harmlos

Wer nicht zahlt, wird terrorisiert

Die Betreiber von Abo-Fallen arbeiten immer nach dem gleichen Muster. Sie bieten Dienstleistungen an, die man in der Regel auch gratis bekommt. Neben Kochrezepten gibt es etwa auch zahlreiche Routenplaner oder Gratis-Software. Wer etwas herunterladen möchte, wird aufgefordert, sich zu registrieren. Bald schon findet man die erste Rechnung, sei es im Briefkasten oder im Mailordner.

Wer nicht bezahlt, wird oft monatelang mit Mahnungen, Inkassobriefen oder gar Anwaltsschreiben malträtiert. Schließlich wird noch mit dem Gericht gedroht – dann ist aber Schluss. Zu dem Verfahren kommt es nicht mehr, denn das würden die Abo-Banden mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit verlieren. Die Drohkulisse, mit der die Opfer unter Druck gesetzt werden sollen, verfehlt aber häufig nicht die gewünschte Wirkung. Viele Betroffene zahlen aus Angst die geforderten Beträge, nicht selten inklusive hoher Mahnkosten. Einer Leserin von help.ORF.at wollte man auf diese Art insgesamt 619 Euro abknöpfen. Obwohl Sie gegen die angebliche Mitgliedschaft bei profi-kochrezepte.de schriftlich Einspruch eingelegt hat, wird Sie seitdem mit Rechnungen und streng formulierten Mahnschreiben belästigt.

Rechnung einer Abo Falle

Screenshot: Premium Content

Mit Mahnungen und Drohungen wollen Betreiber an das Geld der Konsumenten

Bei Beschwerden stellen sich die Betreiber taub

Hinter den kulinarischen Abkassierern von profi-kochrezepte.de steckt eine Gruppe, die sich B2B Web Consulting GmbH nennt. Offiziell ist sie in der Ruhrallee 9 im deutschen Dortmund ansässig. Unter dieser Anschrift kann man für wenig Geld so genannte „Virtual Offices“, also virtuelle Büros in einem Business-Center anmieten. Auf Anfragen oder Beschwerden reagiert das Unternehmen nicht. Als Geschäftsführerin ist eine gewisse Silvia Marencakova angeführt. Auch die mehrfachen Aufforderungen zu einer Stellungnahme durch help.ORF.at verhallten erwartungsgemäß ungehört. Viele Experten gehen mittlerweile davon aus, dass es sich um eine reine Briefkastenfirma handelt, auch wird bezweifelt, dass es sich bei der Geschäftsführerin tatsächlich um eine reale Person handelt.

Der Trick mit den Geschäftskunden

Neben den Profi-Kochrezepten betreibt B2B mindestens ein weiteres Portal im Netz. Unter avenue-shopping.de lockt die Firma mit verschiedensten Produkten, von Elektronik bis zum Tierbedarf. Die Masche ist die gleiche: Auch bei avenue-shopping wird erklärt, dass sich das Angebot an Geschäftskunden, also an Profis richtet. In diesem Fall an Leute, die einen Großhändler suchen. Wer sich registriert, bekommt schon bald knapp 240 Euro in Rechnung gestellt, der vermeintliche Vertrag wird auf zwei Jahre abgeschlossen. Der Name B2B steht für „Business to Business“ und soll suggerieren, dass keine Privatpersonen angesprochen werden.

Homepage einer Abo-Falle mit Kochrezepten

Screenshot: profi-kochrezepte.de

Die Kosten der Lockangebote werden im Fließtext versteckt

Auch auf profi-kochrezepte.de ist zu lesen, dass sich das Angebot an professionelle Köche oder Vereine und nicht an Privatpersonen richtet. Allerdings wird bei der Registrierung keine Umsatzsteueridentifikationsnummer (UID-Nr.) verlangt, das Feld Firma ist nicht einmal ein Pflichtfeld. Für den Internetexperten Thorsten Behrens vom Österreichischen Institut für angewandte Telekommunikation (OIT) ein Beleg dafür, dass hier konkret versucht wird, Privatpersonen in die Falle zu locken. Dass die Nutzung der Webseite kostenpflichtig sei, werde im Fließtext versteckt.

Gerichtsurteil: B2B Rechnungen sind nichtig

Würde sich das Angebot tatsächlich an Geschäftsleute richten, dann würde diese Form der Information tatsächlich ausreichen, meint Thorsten Behrens. Hierfür müsste ein Unternehmen aber wesentlich intensivere Maßnahmen setzen, um zu verhindern, dass sich Privatpersonen anmelden können. So müsste beispielsweise die UID-Nr. verpflichtend anzugeben sein. Bei privaten Konsumentinnen und Konsumenten gelten weitaus strengere Regeln als zwischen Geschäftsleuten. Vor dem Abschluss einer Mitgliedschaft müsste ein Bestätigungsfeld erscheinen, auf dem die Kunden etwa durch Formulierungen wie „Jetzt Kaufen“ oder „Zahlungspflichtig bestellen“ darauf hingewiesen werden, dass sie einen kostenpflichtigen Dienst abonnieren. Darüber hinaus müsste selbstverständlich über das Rücktrittsrecht informiert werden.

Homepage einer Abo-Falle mit Kochrezepten

Screenshot: profi-kochrezepte.de

Per Mausklick schnappt die Falle zu

Keine dieser Auflagen werden von der B2B Web Consulting GmbH erfüllt. Im vergangenen Februar hat das Landgericht Dortmund einer Klage der dortigen Verbraucherzentrale stattgegeben. In dem Urteil wurde festgestellt, dass Rechnungen der B2B nicht bezahlt werden müssen, weil gegen Verbraucherrechte verstoßen wird. Österreichische Gerichte werden sich dieser Rechtsauslegung wohl anschließen, meint Thorsten Behrens. Vor allem deshalb, weil die Urteilsbegründung aus Dortmund mit der österreichischen Rechtsordnung in allen Punkten konform geht.

Ruhe bewahren - nicht bezahlen

Daher müsste man gegen eine eventuelle Rechnung auch nicht Einspruch erheben, so Behrens. Was letztlich ohnehin sinnlos wäre, da die Betreiber eingehende Post geflissentlich ignorieren würden. Stattdessen wird weiterhin verrechnet, gemahnt und gedroht.

Der Internet Ombudsmann empfiehlt in jedem Fall, Ruhe zu bewahren. Keinesfalls sollte man die Rechnungen bezahlen, auch wenn die Mahnschreiben mit zunehmendem Maß bedrohlicher werden. Diese können von Inkassobüros ebenso kommen wie von Anwälten. Von gerichtlichen Anordnungen sei hier zu lesen, manchmal werde sogar auf die Möglichkeit einer gerichtlichen Strafverfolgung hingewiesen. Letztlich hätten all diese Drohungen aber keinerlei Konsequenzen, die Schreiben können in der Regel getrost dem Mülleimer anvertraut werden.

Sicherheitshalber sollte man aber trotzdem schriftlich kündigen und beeinspruchen, dass ein Vertrag zustande gekommen ist. Zur Nervenberuhigung sollte man diese Erklärungen eingeschrieben versenden. Für den Fall der Fälle sollte man den Aufgabeschein sowie eine Kopie des Schreibens gut aufbewahren. Zusätzliche Hilfe erhalten Betroffene bei der Arbeiterkammer (AK), dem Verein für Konsumenteninformation (VKI) oder dem Internet Ombudsmann.

Paul Urban Blaha, help.ORF.at

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