Natürlicher Zeckenschutz für Hunde wirkungslos

Es gibt viele Medizinpräparate, die Haustiere vor Zecken schützen sollen. Um Hund und Katze ohne Chemie zeckenfrei zu halten, greifen Tierbesitzer immer öfter zu Produkten, die der Handel als natürliche Alternativen anpreist. Doch Experten zweifeln an der Wirkung von Kokosöl, Magnetanhängern und Bernsteinketten. Manche der kostspieligen Mittel schaden den Tieren sogar.

Alternative Zeckenmittel sind nicht als Medizinpräparate deklariert, sondern werden als Futterbeigabe oder Pflegeprodukte verkauft. Wissenschaftliche Nachweise über die Wirksamkeit fehlen, stattdessen wird oft auf Erfahrungswerte von Tierbesitzern oder Studien mit sehr wenigen Teilnehmern verwiesen.

Bernstein: Teuer, aber wirkungslos

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Anja Joachim forscht an der Veterinärmedizinischen Universität Wien (Vetmed) über Zecken und die von ihnen übertragenen, oft gefährlichen Krankheiten. Bernsteinketten, die Hunde oder Katzen zur Zeckenabwehr um den Hals tragen sollen, bezeichnet sie als Paradebeispiel für ein ungeprüftes, wirkungsloses Produkt. „Bernstein hat keine Wirkung auf die Zecken, es sei denn, sie hauen mit dem Bernstein fest auf die Zecke, um sie zu töten.“

drei Golden Retriever liegen auf einer Waldlichtung

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Zecken beißen bei Hunden am liebsten in Kopf, Hals und Brust

Hersteller von Bernsteinketten werben damit, dass die Vorteile des Produkts „verantwortungsvollen Hundebesitzern längst bekannt“ seien. Nur im Kleingedruckten steht, dass die Wirkung nicht wissenschaftlich erwiesen sei. Help.ORF.at fragte bei zwei Herstellern (Amberdog und Amber Crown) nach, wie sie ihre Produktempfehlung begründen. Beide Firmen reagierten nicht.

Auch bei der Tierbedarfskette Fressnapf stieß help.ORF.at auf taube Ohren. Die Frage, warum man Bernsteinketten mit dem Hinweis „Natürlicher Zeckenschutz“ empfiehlt, blieb unbeantwortet. Die Preisfrage aber nicht: Je nach Größe kosten die Ketten in einer Fressnapf-Filiale zwischen 9 Euro 99 und 31 Euro 99.

Kokosöl, Knoblauch: Mehr Schaden als Nutzen

Vieles, was als natürlicher Zeckenschutz verkauft wird, sei zwar wirkungslos, aber nicht harmlos, warnt Veterinärin Joachim. Haustiere mit ätherischen Ölen wie Zitronellöl zu beträufeln, halte Zecken nicht fern, könne aber zu schweren Allergien bei Tieren führen. Kokosöl sei als Zeckenabwehr ebenfalls ungeeignet. In Internetforen wird empfohlen, Hund oder Katze mehrmals täglich damit einzureiben. „Das ist für den Wärmehaushalt der Tiere ganz schlecht, weil das Öl das Fell verklebt“, so Joachim.

Viele Tiere seien vom Geruch irritiert und Katzen würden das Kokosöl in großen Mengen abschlecken, was zu gesundheitlichen Problemen führen kann. Auch Knoblauchgranulat sei wirkungslos gegen Zecken, vor allem in den geringen Mengen, die man in Hund oder Katze hineinbekomme. Große Mengen Knoblauch sind für den Hund wiederum gefährlich, da sie die roten Blutkörperchen zerstören.

Mit Energiefeldern gegen Zecken?

Kleine Magnetanhänger, wie der Anibio tic-clip, versprechen, Haustiere bis zu zwei Jahre durch ihr „Schwingungsfeld“ vor Zecken zu schützen. Der Anhänger enthalte eine „spezielle energetisch aktivierte Schicht mit hohem Abstrahlungpotential“, heißt es in der Werbung der Tierzubehörfirma Perro über das Produkt, das rund 25 Euro kostet.

„Das ist Humbug, mit dem man den Leuten das Geld aus der Tasche zieht“, so Joachim. Wenn diese fünf Zentimeter großen Anhänger tatsächlich wirken würden, dann nur lokal und nicht auf dem gesamten Hundekörper, dessen Oberfläche bei einem Labrador etwa zwei Quadratmeter ausmacht.

Kautablette und Spot-on: Wirkung bei 95 Prozent

Tierärzte empfehlen, geprüfte medizinische Präparate zu verwenden, die die Zecken von vornherein abwehren, sodass sie gar nicht erst beißen. Bei den sogenannten Spot-ons wird der flüssige Wirkstoff aus einer Ampulle auf die Haut des Tieres geträufelt. Außerdem gibt es Halsbänder, die den Wirkstoff beinhalten. Solche medizinischen Präparate müssen bei aufwändigen Tests im Labor und im Freien einen Wirkungsgrad von mindestens 95 Prozent aufweisen, erst dann werden sie für den Markt zugelassen.

eine Frau trägt ein Spot on als Zeckenschutz auf eine braunweiße Katze auf

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Ein Spot-on gegen Zecken hält vier bis zwölf Wochen

Kautabletten als Zeckenschutz wirken anders. Die Zecke wird nicht vorbeugend abgewehrt, sondern muss zubeißen und das Blut aufnehmen, wobei der Wirkstoff in den Parasiten gelangt und ihn abtötet. "Das darf die Besitzer nicht irritieren, denn die Zecken sterben am Tier in einem so kurzen Zeitraum, dass sie nicht in der Lage sind, eine Krankheit zu übertragen“, so Tierärztin Angelika Haselberger von der Wiener Praxis Pfotenzone. Auch die Kautabletten sind getestet und wirken zu mindestens 95 Prozent.

„Es gibt noch keinen hundertprozentigen Schutz“

Ein zuverlässiger Zeckenschutz vom Tierarzt für einen Hund kostet rund 140 Euro pro Jahr. Die Behandlung eines Hundes, der nach einem Zeckenbiss zum Beispiel an der gefürchteten Babesiose erkrankt ist, sei um ein Vielfaches teurer, warnt Haselberger. Weil Zecken nicht alle Haustiere im gleichen Ausmaß befallen, erstellt sie für jeden Hund und jede Katze einen eigenen Behandlungsplan, bis der wirksamste Zeckenschutz gefunden ist.

Egal, welches Mittel verwendet wird, den perfekten Schutz vor Zecken gebe es noch nicht, schränkt Anja Joachim von der Vetmed ein. Der Zeckenfreiheit möglichst nahe zu kommen, sei schwierig, weil die Blutsauger äußerst zähe Überlebenskünstler seien. Hersteller alternativer Produkte schließen übrigens eine Haftung aus, sollte das Haustier trotzdem von Zecken befallen werden. Stattdessen weisen sie darauf hin, dass ihre Produktinformationen nicht die Beratung durch Tierärzte ersetzen könnten.

Karin Fischer, help.ORF.at

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