Es war der schwerste Industriebrand in der Geschichte Pakistans: Im September 2012 brach in einer Textilfabrik in Karatschi ein Feuer aus, mehr als 250 Menschen kamen dabei ums Leben. Der Hauptkunde der Fabrik, der deutsche Discounter Kik, konnte für die massiven Sicherheitsmängel im pakistanischen Betrieb nicht haftbar gemacht werden.
Entwürfe für EU-Lieferkettengesetz liegen vor
Fälle wie diese erhöhten den Druck auf die EU, neue Gesetze zu entwickeln, die die Konzerne zu einer Mitverantwortung für die sozialen und ökologischen Auswirkungen ihrer Handlungen verpflichten; und das entlang der gesamten Wertschöpfungskette, sagt die Umweltwissenschaftlerin Anna Leitner von Global 2000. Seit Anfang 2022 liegen nun Entwürfe für ein EU-Lieferkettengesetz vor, über die seither verhandelt wird. Bis Februar 2024 will man sich einigen.
„Das Spannende an dem Lieferkettengesetz ist, dass es tatsächlich unabhängig von der Position eines Unternehmens in der Wertschöpfungskette gelten soll“, sagt Leitner. Belangt werde nach Verhältnismäßigkeit, die Verantwortung werde unter den Unternehmen aufgeteilt. Das gelte sowohl für den Handel als auch für produzierende Betriebe.
Kontrollen entlang der gesamten Lieferkette
Ein Autohersteller trage damit die Verantwortung dafür, woher er den Stahl bezieht, der Stahlerzeuger wiederum, woher er das Eisenerz bekommt. Für Konsumentinnen und Konsumenten sei es sehr schwer, die Lieferkette eines Produkts nachzuprüfen. Ein großes Unternehmen dagegen habe die Ressourcen, das zu tun, meint Leitner. „Die Verpflichtung dafür, dass das tatsächlich getan wird, soll dieses Gesetz herstellen“, so die Global-2000-Umweltwissenschaftlerin.
Gelten soll das Gesetz für Firmen mit 500 Mitarbeitern aufwärts und mehr als 250 Millionen Euro Jahresumsatz. Darunter fallen etwa Autozulieferer, Fertigungsbetriebe oder große Handels- und Transportunternehmen. Im Hochrisikosektor, zu dem Textilunternehmen und der Bergbau zählen, soll das EU-Lieferkettengesetz schon ab 250 Angestellten und 40 Millionen Euro Umsatz gelten.
Global 2000 hat Petition gestartet
Unklar ist noch, welche Rolle Umweltbelange im Gesetz spielen sollen. Global 2000 fordert, die Unternehmen auch für Umweltschäden haftbar zu machen. Seit Anfang des Monats läuft dazu eine Petition, die auch von der Arbeiterkammer und dem ÖGB unterstützt wird.
„Der Großteil der Emissionen entstehe entlang der Lieferketten“, sagt Leitner. Etwa bei der Herstellung der Produkte, die das Unternehmen kauft, aber auch bei der Verwertung der Produkte, die das Unternehmen verkauft. Für all diese Treibhausgasemissionen müssen Unternehmen verantwortlich gemacht werden, fordert die Global 2000-Expertin. Das würde beispielsweise dazu führen, dass Hersteller ihre Lieferantinnen und Lieferanten dazu verpflichten, auf erneuerbare Energie umzustellen, ist Leitner überzeugt.
EU-Komission bremst
Das EU-Parlament hat sich dafür ausgesprochen, dass Unternehmen künftig genau darlegen müssen, welche Maßnahmen sie setzen werden, um ihre Emissionen zu senken. Etwa um 50 Prozent bis 2030. Auf Druck der Lobbys habe die EU-Kommission diese Pläne aber wieder aus dem Gesetzesentwurf herausgenommen, kritisiert Leitner.
Bisher konnte Global 2000 rund 6.000 Unterschriften sammeln. Im Herbst will Anna Leitner die Petition an Wirtschaftsminister Martin Kocher übergeben. Bis dahin hofft sie, dass mehr als 20.000 Menschen unterschrieben haben werden.