Eine Frau telefoniert am Handy
APA/BARBARA GINDL
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Vertragsabschluss am Telefon: Kunde muss zahlen

Viele Verbraucherinnen und Verbraucher, die telefonisch eine Dienstleistung vorbestellen, gehen davon aus, dass es sich dabei um eine eher lockere Abmachung handelt. Etwa bei Tischreservierungen in Restaurants oder beim Buchen von Freizeitveranstaltungen. Das ist nicht richtig. Wer telefonisch bestellt, geht in vielen Fällen einen bindenden Vertrag ein.

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„Help“, das Ö1-Konsumentenmagazin, jeden Samstag um 11.40 Uhr in Radio Ö1 und als Podcast.

Anlässlich des Feiertags am 18. Mai (Christi Himmelfahrt) wollte sich ein Verbraucher über eine Draisinentour informieren, die von einem osteuropäischen Freizeitunternehmen angeboten wird. Eine Draisine ist ein Fahrzeug, das mit Muskelkraft betrieben wird. Es wird beispielsweise auf Bahnstrecken eingesetzt, um Personen oder Güter über kurze Distanzen zu befördern. Auf stillgelegten Strecken kann man die hand- oder pedalgetriebenen Geräte auch zum Freizeitvergnügen nutzen. Er habe sich also telefonisch nach verfügbaren Draisinen erkundigt, man habe ihm geraten, für den Wunschtermin zu reservieren, so der Konsument gegenüber help.ORF.at.

Reservierung am Telefon führte zu bindendem Vertrag

Nach erfolgter Reservierung habe er eine Buchungsbestätigung per Mail erhalten. Ein separates Angebot oder einen Vertrag, dem er hätte zustimmen können, habe er nicht bekommen. Da er die Reservierung nicht schriftlich bestätigt habe, habe er sich an die Abmachung nicht gebunden gefühlt, so der betroffene Konsument. In Wahrheit war durch die erfolgte Reservierung ein bindender Vertrag zustande gekommen. Denn auch am Telefon abgeschlossene Verträge seien grundsätzlich gültig, erklärt Help-Rechtskonsulent Sebastian Schumacher.

Wann ist ein Vertrag „schwebend unwirksam“?

Für den Konsumenten kommt diese Rechtsauffassung überraschend. Und tatsächlich kann es hier zu Missverständnissen kommen. In einem Onlineartikel über Telefonkeiler heißt es: „Bei Verträgen über Dienstleistungen, die am Telefon abgeschlossen wurden, muss der Unternehmer nachträglich eine Bestätigung über sein Anbot per Brief oder E-Mail zukommen lassen. Wenn die Verbraucherinnen und Verbraucher den Vertrag wirklich möch­ten, können sie dieses Anbot schriftlich annehmen. Solange das nicht der Fall ist, bleibt der Vertrag schwebend unwirksam.“

FAGG: Es kommt auf die Details an

Was stimmt nun? Ist ein am Telefon abgeschlossener Vertrag gültig, oder bedarf es einer schriftlichen Bestätigung? Beides. Denn der juristische Teufel steckt hier wie so oft im Detail. Vertragsabschlüsse, die außerhalb eines Geschäftslokals zu Stande kommen, sind im Fern- und Auswärtsgeschäfte-Gesetz (FAGG) geregelt.

Draisine
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Auf stillgelegten Bahnstrecken kann man Draisinen auch zum Freizeitvergnügen nutzen, quasi als Fahrrad auf Schienen

Wenn ein Unternehmen potenzielle Kundinnen und Kunden aus eigenem Antrieb telefonisch kontaktiert, gilt ein „Ja“ am Telefon keinesfalls als bindende Zusage. In so einem Fall muss das Unternehmen, wie im zitierten Onlineartikel erklärt, das Angebot und alle wichtigen Informationen schriftlich (auf einem dauerhaften Datenträger) zur Verfügung stellen, bevor ein gültiger Vertrag zustande kommt. Der Gesetzgeber schützt die Konsumentinnen und Konsumenten hier vor einer „Überrumpelung“, wie es im Gesetzestext heißt.

Unverbindlichkeit muss extra vereinbart werden

Wenn hingegen der Verbraucher selbst Kontakt zum Unternehmer aufnimmt und telefonisch eine Reservierung vornimmt, dann sei ein Vertrag auch ohne weitere Zustimmung gültig. Die Gefahr einer „Überrumpelung“ sei hier kaum gegeben, so Schumacher. Auch im konkreten Fall habe der Kunde aus eigenem Antrieb eine Draisinenfahrt reserviert. Daher sei die Reservierung auch als verbindlich anzusehen. Der Konsument hätte hier ausdrücklich (und am besten schriftlich) darauf hinweisen müssen, dass er eine unverbindliche Reservierung wünscht, so der Help-Jurist.

Auch Tischreservierungen sind verbindlich

Dass verbindliche Verträge auch am Telefon abgeschlossen werden, sei täglich gängige Praxis, man denke beispielsweise an Tischreservierungen in einem Restaurant, so Schumacher. Auch hier habe ein Lokalbetreiber Anspruch auf Kostenersatz, wenn er einen Tisch freihält, die Kundinnen und Kunden die Reservierung aber letztlich verfallen lassen. Der Gesetzgeber habe hier natürlich auch die Interessen der Unternehmer zu berücksichtigen.

Auch in unserem Anlassfall Fall habe der Konsument drei Draisinen verbindlich reserviert, der Unternehmer habe die Fahrzeuge also „blockiert“ und konnte sie nicht an andere Interessentinnen und Interessenten vermieten. Wenn der Kunde die Fahrt dann nicht antritt, habe der Unternehmer also Anspruch auf Stornogebühren, die gemäß den Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) festgelegt sind.

Unternehmer hat Anspruch auf Stornogebühren

Die AGB wurden dem Kunden gemeinsam mit der Buchungsbestätigung zugesandt. Hätte er vorher gewusst, dass hier Stornogebühren enthalten sind, hätte er das Angebot keinesfalls in Erwägung gezogen, sagt der betroffene Verbraucher. Allgemeine Geschäftsbedingungen gelten jedoch als „in den Vertrag einbezogen“, wenn diese entsprechend kundgemacht wurden, so Schumacher. Das war in der konkreten Situation auf der Webseite des Unternehmens der Fall.

Am Buchungstag war es kühl, die Tage davor hatte es geregnet. Der Verbraucher hat die gebuchte Fahrt nicht angetreten. Er hat mittlerweile eine Rechnung bekommen, die Stornogebühr beträgt laut AGB einhundert Prozent. Hier sei es durchaus sinnvoll, mit dem Unternehmen Kontakt aufzunehmen und nachzufragen, ob die gebuchten Draisinen nicht eventuell doch noch vermietet werden konnten, wodurch es also zu keinem finanziellen Schaden gekommen wäre. Anderenfalls werde der Kunde die entstandenen Stornokosten innerhalb der entsprechenden Zahlungsfrist begleichen müssen, so Schumacher.