Eine Anzeigetafel auf dem Flughafen München mit gestrichenen Flügen der Lufthansa
AFP, Christof Stache
AFP, Christof Stache

IT-Chaos und Streik: Die Rechte der Fluggäste

Betroffene des IT-Ausfalls der Lufthansa haben klare Ansprüche auf Betreuungsleistungen oder Ausgleichzahlungen nach europäischer Vorschrift. Fluglinien können Zahlungen nur bei „außergewöhnlichen Umständen“ verweigern. Für die IT-Panne dürfte das nicht gelten, für den angekündigten Warnstreik auf deutschen Flughäfen schon eher – ein Überblick.

Betroffenen Passagieren rät die Agentur für Passagier und Fahrgastrechte (apf), sich zunächst an das Bodenpersonal der Fluglinie zu wenden. Bei Abflugverspätung gelten Betreuungsansprüche wenn folgende Voraussetzungen erfüllt sind:

  • Bei Flügen bis zu 1.500 km bei zwei Stunden Abflugverspätung oder mehr
  • Bei Flügen innerhalb der EU ab 1.500 km bei drei Stunden Abflugverspätung oder mehr,
  • Bei Flügen von 1.500 km bis zu 3.500 km (nicht innerhalb der EU) bei drei Stunden Abflugverspätung oder mehr
  • Bei Flügen über 3.500 km (nicht innerhalb der EU) bei vier Stunden Abflugverspätung oder mehr

Snacks, Kontaktmöglichkeiten, Hotel: Ansprüche bei Verspätungen

In diesen Fällen ist die Fluglinie verpflichtet, unentgeltlich Snacks und Erfrischungen anzubieten sowie eine kostenfreie Kontaktaufnahme (per E-Mail oder Telefon) zu ermöglichen. Weitere Betreuungsleistungen bei Abflugverspätung wie etwa Hotelunterbringung und der Transfer zwischen Flughafen und Hotel richten sich nach dem jeweiligen Einzelfall und müssen in angemessenem Verhältnis zur Wartezeit stehen.

Die apf empfiehlt unbedingt die Kontaktaufnahme mit dem Unternehmen, bevor eigenständig Ausgaben getätigt werden. Wer selbst für Unterkunft sorgen muss, sollte Rechnungen und Belege unbedingt aufbewahren.

Flug gestrichen: Bis zu 600 Euro Ausgleich

Verspätet sich die Ankunft eines Flugs um mehr als drei Stunden, stehen den Passagieren zusätzlich Ausgleichszahlungen zu. Die Höhe der Zahlungen ist dabei von der Länge der Strecke abhängig. Es gilt:

  • Bei Flügen bis zu 1.500 km: 250 Euro
  • Bei Flügen innerhalb der EU ab 1.500 km: 400 Euro
  • Bei Flügen von 1.500 km bis 3.500 km (nicht innerhalb der EU): 400 Euro
  • Bei Flügen über 3500 km (nicht innerhalb der EU): 600 Euro.

Wird der Flug gestrichen, dann haben Betroffene die Wahl:

  • Erstattung des Ticketpreises
  • Rückflug zum ersten Abflugort zum frühestmöglichen Zeitpunkt
  • Alternative Beförderung zum Endziel unter vergleichbaren Bedingungen zum frühestmöglichen Zeitpunkt
  • Alternative Beförderung zum Endziel unter vergleichbaren Bedingungen zu einem späteren Zeitpunkt nach Wunsch des Fluggastes (vorbehaltlich verfügbarer Plätze).

Die apf empfiehlt auch hier betroffenen Passagieren, denen keine alternative Beförderung angeboten wird, vor eigenständiger Buchungen die Fluglinie zu kontaktieren. Belege und Rechnungen sollten ebenfalls aufbewahrt werden.

Pferdefuß Außergewöhnlicher Umstand

Die Europäische Richtlinie zu Fahrgastrechten sieht auch eine Reihe von Ausschlussgründen vor. Besonders häufig berufen sich Fluglinien auf außergewöhnliche Umstände als Ursache für Verspätungen oder Ausfälle, auf die sie keinen Einfluss haben. Extremes Wetter ist hier ein einleuchtendes Beispiel, Streiks dagegen weniger: 2021 kam der Europäische Gerichtshof (EuGH) in einem Urteil gegen Eurowings zu dem Schluss, dass ein Streik des Kabinenpersonals kein außergewöhnlicher Umstand ist, weil das Unternehmen Einfluss auf die Arbeitsniederlegung hat.

Ob das auch für die von der Gewerkschaft ver.di angekündigten Warnstreiks auf deutschen Flughäfen gilt, ist jedoch fraglich. Die apf geht davon aus, dass hier bei Annullierungen möglicherweise keine Ausgleichszahlungen zu leisten sind. Das gilt jedoch nicht für Betreuungsleistungen und der Vermittlung alternativer Reisemöglichkeiten, diese Ansprüche bleiben in jedem Fall bestehen. Was den IT-Ausfall bei der Lufthansa von Mittwoch Vormittag angeht, so sei es laut apf noch zu früh um zu beurteilen, ob es sich um einen außergewöhnlichen Umstand im Sinne der Richtlinie handelt. Sollte die Lufthansa dies geltend macht, muss sie in einem Verfahren unter Umständen nachweisen, dass sie als Airline alle ihr möglichen und zumutbaren Maßnahmen getroffen hat, um die Verspätung möglichst gering zu halten.