Einsatz der Bergretter
Facebook/Polizei Vorarlberg
Facebook/Polizei Vorarlberg

IPhone: Ungewollte Notrufe von der Skipiste

Das iPhone 14 und die neueste Apple-Watch-Generation sollen etwaige schwere Stürze und Autounfälle ihrer Nutzer erkennen und automatisch den Notruf alarmieren. Doch die rasanten Geschwindigkeiten und Fliehkräfte beim Skifahren und Snowboarden bereiten der Technik Probleme. In Österreichs Wintersportorten kommt es derzeit massenhaft zu Fehlalarmen.

Sendungshinweis

„Help“, das Ö1-Konsumentenmagazin, jeden Samstag um 11.40 Uhr, in Radio Ö1 und als Podcast.

Schon ab der Serie 4 sind Apple-Watches mit einer Sturzerkennung ausgestattet. Bei den neuesten iPhones (14, 14 Pro, 14 Pro Max und 14 Plus) und der neuesten Apple-Watch-Generation (Series 8 und Ultra) wurde nun ergänzend eine Autounfallerkennung eingeführt. Sie ist standardmäßig eingeschaltet – vielen Nutzerinnen und Nutzern ist das aber nicht bewusst, sie wissen oft nicht einmal, dass es eine derartige Funktion gibt.

Skifahren und Snowboarden führen Sensoren in die Irre

Eingebaute Beschleunigungssensoren registrieren jede Bewegung und jeden abrupten Stopp der Apple-Geräte und berechnen anhand der Fliehkräfte, ob ein Unfall passiert sein könnte. Doch noch mangelt es der Technik an Zuverlässigkeit, was zu Fehlalarmen führt.

Vor allem das Skifahren und Snowboarden bereitet der Apple-Software derzeit offenbar noch Schwierigkeiten. Man muss dafür gar nicht die Buckelpiste runterbrettern. Oft ist es ein leichter Sturz, nach dem man aber wieder weiterfahren kann, der die Geräte zu einer Fehleinschätzung veranlasst, aber auch der schwankende Einstieg in einen Sessellift kann die Software in die Irre leiten.

eine Person deutet auf einer Skipiste auf ihr Smartphone
Getty Images/South_agency
Beim Skifahren hören viele Sportler ihr Handy nicht

Viele Fehlalarme auf Österreichs Pisten

Auf Österreichs Skigebieten kennt man das Problem. Bei der Vorarlberger Landesleitzentrale der Polizei, bei der die automatischen Notrufe über die Euro-Notrufnummer 112 ankommen, treffen jeden Tag fünf bis zehn solcher Handynotrufe ein, so Lisa Aberer, Pressesprecherin der Polizei Vorarlberg.

Im Nachbarbundesland Tirol verzeichnet die dortige Polizeileitzentrale an Ferientagen gar bis zu 50 Notrufe pro Tag, ausgelöst durch smarte Handys und Uhren. Wie auch in Vorarlberg handelt es sich dabei in der Regel um Fehlalarme.

Skifahrer bekommen von Alarm nichts mit

„Tatsächlich hatten wir bis jetzt noch keinen echten Notruf, bei dem es zu einem echten Einsatz gekommen ist“, so Aberer. Das bedeute aber nicht, dass nicht trotzdem Einsatzkräfte in das Unfallgebiet geschickt werden müssten, um nachzusehen, ob wirklich etwas passiert sei.

Die Einsatzkräfte kosten solche Fehlalarme viel Zeit. Um nicht umsonst auszurücken, versuchen sie im Vorfeld mit dem Verunfallten abzuklären, ob wirklich Hilfe benötigt wird.

Apple iPhone und Apple Watch mit Unfallmeldung am Display „Anscheinend hat sich ein Unfall ereignet“
Apple.com

Das ist oft gar nicht so einfach. Zwar gibt das Handy im Falle eines Notrufs einen lauten Signalton von sich und stellt automatisch eine Sprechverbindung zur Notrufzentrale her, doch beim Skifahren hören viele Sportlerinnen und Sportler wegen des Helmes auf dem Kopf und des Handys im Rucksack nichts davon.

Mühsame Spurensuche

Bleibt ein Anruf unbeantwortet, versuchen die Einsatzkräfte in einem nächsten Schritt anhand der vom Smartphone übermittelten GPS-Daten festzustellen, ob wirklich ein Unfall passiert ist. Die Daten werden alle fünf Sekunden aktualisiert und von einer Computerstimme durchgesagt.

Zeigen die GPS-Koordinaten, dass der Handynutzer weiter die Piste runter- und wieder hinauffährt, geht man davon aus, dass kein Notfall, sondern ein Fehlalarm vorliegt. Bewegt sich der Verunfallte jedoch nicht vom Fleck, wird nachgeschaut. Je nachdem, ob die Unfallstelle auf der Piste oder in alpinem Gelände liegt, ist das mit unterschiedlichem Aufwand verbunden.

Fehlalarme kosten Zeit und Ressourcen

Polizeisprecherin Aberer aus Vorarlberg berichtet etwa von einem Fall eines Smartwatch-Notrufs, bei dem der Verunfallte nicht erreicht werden konnte. „Dann ging man natürlich davon aus, dass was passiert ist“, so Aberer. „Da ist dann die Alpinpolizei zum Einsatz gekommen, die Bergrettung, die Pistenrettung.“ Letztlich stellte es sich aber als Fehlalarm heraus.

Apple-Unfallerkennung ein-/ausschalten:

iPhone: Einstellungen – Notruf SOS – „Nach schwerem Unfall anrufen“
Apple Watch: Apple-Watch-App – Notruf SOS – „Nach schwerem Unfall anrufen“

Wenn so ein Vorfall in schwierigem Gelände abseits der Piste passiert, werden auch noch Hubschrauber oder Drohnen losgeschickt, um die Lage zu klären. Das alles kostet die Einsatzkräfte viel Zeit und braucht Ressourcen, die vielleicht gerade anderswo dringender benötigt werden.

Berichte auch aus den USA und Japan

Auch die „New York Times“ berichtete zuletzt von massenhaft ungewollten Notrufen von Apple-Gerätebesitzerinnen und -Besitzern im US-Nobelskiort Aspen in Colorado. In Nagano in Japan kam es laut „The Japan News“ ebenfalls zu vielen Fehlalarmen auf den Skipisten.

Zwar hat Apple inzwischen ein Update für iOS und watchOS zur Verbesserung der Unfallerkennung herausgegeben, doch scheint das Problem trotzdem nicht behoben.

Künftig könnten Fehlalarme teuer kommen

Bisher haben die heimischen Blaulichtorganisationen solche Einsätze aufgrund von Smartphone- und -Watch-Fehlalarmen nicht in Rechnung gestellt. Das könnte sich aber in Zukunft ändern.

Die österreichische Polizei appelliert daher an alle Handybesitzer, die automatische Unfallerkennung beim Skifahren entweder ganz auszuschalten oder ihr Handy zumindest so bei sich zu tragen, dass man einen eventuell versehentlich ausgelösten Alarm rechtzeitig mitbekommt und Entwarnung geben kann.