ein Platz mit Gebrauchtwagen
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Probleme bei Gebrauchtwagenkauf nehmen zu

Wegen der anhaltenden Lieferengpässe bei Neuwagen gibt es auch weniger gebrauchte Autos. Der Markt ist stellenweise wie leergefegt, die Preise schnellten in die Höhe. Zunehmend werden auch Fahrzeuge angeboten, die eigentlich auf den Schrottplatz gehören. Was tun, wenn es nach dem Kauf Probleme mit dem Gebrauchtwagen gibt, aber der Händler nicht mit sich reden lässt?

Die Preise für Gebrauchtwagen sind im Vorjahr deutlich gestiegen. Fahrzeuge, die zwischen zehn und 20 Jahre alt sind, kosteten durchschnittlich 11.513 Euro. Für Autos ab 20 Jahren waren im Schnitt 9.847 Euro zu bezahlen.

Mängel bei vermeintlichem Schnäppchen

Sendungshinweis

„Help“, das Ö1-Konsumentenmagazin, jeden Samstag um 11.40 Uhr in Radio Ö1 und als Podcast.

Frau Kerschbaumer – den Namen haben wir geändert – freute sich, als sie über das Internet einen vermeintlich günstigen Gebrauchtwagen fand. Der Audi A3 – Baujahr 2005, 160.000 km, gültiges Pickerl bis Juli 2023 – kostete 5.100 Euro. Die Niederösterreicherin kaufte das Fahrzeug vergangenen Sommer vom Händler, der Firma Autohandel Keles in Theresienfeld (Niederösterreich).

Einziger Schönheitsfehler: Das Automatikgetriebe funktionierte nicht richtig. Kein Problem, habe der Autohändler beim Kauf gemeint, das werde man noch reparieren. Sechs Wochen und zwei gescheiterte Reparaturversuche später hatte Frau Kerschbaumer genug und fuhr zum ÖAMTC. Der Fehlerspeicher zeigte Mängel bei Motor und Getriebe.

Autohandel Keles reagiert nicht

Die Konsumentin wollte das Auto zurückgeben und ihr Geld wiederhaben. Der Händler bot ihr jedoch nur einen Tausch an. „Dieses Auto war aber noch älter. Um 5.000 Euro kaufe ich doch nicht ein noch älteres Fahrzeug“, so die Konsumentin.

Seither ist Funkstille. Der Autohändler reagierte auch nicht, als Frau Kerschbaumer mit dem Anwalt drohte. Auch help.ORF.at bekam keine Antwort auf eine Anfrage.

Gewährleistung gilt auch bei Gebrauchtwagen

„Konsumentinnen und Konsumenten haben das Recht auf Gewährleistung, wenn sie ein Fahrzeug von einem Händler kaufen“, so Nikolaus Authried von der Rechtsabteilung im ÖAMTC. Gewährleistung heißt, dass der Verkäufer für Mängel einstehen muss, die das Auto von Anfang an hat. Entweder wird es kostenlos repariert oder ausgetauscht.

Lassen sich die Mängel nicht beheben, wird der Vertrag aufgelöst und die Käuferin bekommt ihr Geld zurück. Der Händler darf aber die Dauer der Gewährleistung beim Gebrauchtwagenkauf verkürzen – von den üblichen zwei Jahren auf ein Jahr. Nur private Verkäufer dürfen die Gewährleistung ausschließen. Soweit die Theorie.

Unhaltbare Klauseln, teures Storno

Bei der Rechtsberatung des ÖAMTC kennt man die Firma Autohandel Keles bereits von zahlreichen Beschwerden. „Mir ist nicht bekannt, dass wir in einem der Fälle eine einvernehmliche Lösung mit dem Unternehmen erzielt hätten“, so Authried.

Der Autohändler versuche stets, die Gewährleistung einzuschränken oder sogar gänzlich auszuschließen. Außerdem stünden in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) und Kaufverträgen Klauseln, die rechtlich nicht haltbar sind. Zum Beispiel, dass der Vertrag nicht anfechtbar wäre, wenn sich herausstellt, dass das Auto weniger als die Hälfte dessen wert ist, was dafür bezahlt wurde.

Auch beim Storno gibt es einen Haken: Es werden 20 Prozent des Kaufpreises fällig. Das soll aber nur für die Käufer gelten. Auch das geht nicht. Und die Summe sei weit überhöht.

Kaufvertrag wegen Irrtums auflösen

Jurist Authried rät der Konsumentin, eine Sicherheitsüberprüfung des Autos durchführen zu lassen, beispielsweise beim ÖAMTC. Erst dann wisse man genau, welche Mängel aktuell vorliegen und, ob der Audi überhaupt verkehrs- und betriebssicher ist.

Stellt sich heraus, dass das Fahrzeug trotz des gültigen Pickerls schwere Mängel hat, könnte Frau Kerschbaumer den Vertag auch wegen Irrtums anfechten.

Klage als letzter Ausweg

Aber was tun, wenn der Händler nicht einlenkt? Konsumentenschutzorganisationen und die kostenlose Verbraucherschlichtung Austria können eventuell weiterhelfen. Letztlich bleibt aber nur eine Klage – ein riskantes Unterfangen ohne Rechtsschutzversicherung.

Besser, man überlegt sich den Kauf vorher genau und liest den Vertrag gründlich durch. Für den Kauf von Privatpersonen empfiehlt der ÖAMTC einen standardisierten Mustervertrag.

Nicht zum Kauf drängen lassen

„Wenn man spürte, es wird Druck gemacht, dann am besten Finger weg davon“, so der Jurist. Man solle sich nicht zum Kaufabschluss drängen lassen. Zumindest für ein Ankaufstest sollte Zeit sein. „Dann kann man schon einmal relativ sicher sein, dass man hier nicht die Katze im Sack kauft.“

Ein weiterer Tipp wäre, die Google-Bewertungen des Händlers anzusehen. Das tat auch Frau Kerschbaumer, nur zu spät: Sie entdeckte viele negative Kommentare zum Autohaus Keles und ist bitter enttäuscht. „Mir hat der Händler gesagt, alle würden ihn fragen, warum er so viele Autos verkauft – seine Antwort war: ‚Ehrlichkeit und Freundlichkeit‘“.

Öfter schwere Mängel trotz neuen Pickerls

Beim ÖAMTC häufen sich derzeit ähnliche Fälle, in denen bei Gebrauchtwagen unmittelbar nach dem Kauf schwere Mängel auftraten, obwohl es ein nagelneues Pickerl gab.

„Es kann der Verdacht aufkommen, dass das eine abgestimmte Aktion zwischen Werkstätten und Unternehmen ist, wobei man da sehr vorsichtig sein muss“, so Authried. Wer große Bedenken habe, könne eine Sachverhaltsdarstellung an die Staatsanwaltschaft schicken, die dann ihrerseits ermitteln muss.