Eine ältere Frau sitzt am Sofa und notiert etwas aus einem Laptop
Getty Images/Digital Vision/Gary Burchell
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Senioren am PC: Nie zu alt fürs Internet

Preise vergleichen, mit der Familie Kontakt halten, seinem Hobby frönen, einkaufen oder sich online fortbilden: Drei Viertel der über 65-Jährigen nutzen regelmäßig das Internet. Vor allem der Gruppe der Betagten und Hochbetagten fehlt es dabei aber oft noch an Erfahrung. Das macht sie zur beliebten Zielgruppe von Werbeschmähs und Internetgaunereien. Ein Klick auf einen bunten Werbebanner genügt und schon hat man unbeabsichtigt ein Abo gekauft. Help.ORF.at erklärt, wie man Oma und Opa vor Fehlkäufen bewahren kann.

Sendungshinweis

„Help“, das Ö1-Konsumentenmagazin, jeden Samstag um 11.40 Uhr in Radio Ö1 und als Podcast.

Wer sich einmal in die digitale Welt bewegt hat, möchte sie meist nicht mehr missen. So auch die Mehrheit der Senioren in Österreich. Zuletzt hat die Corona-Pandemie die Verbreitung von Notebooks, Stand-PCs und Smartphones stark angekurbelt.

Großer Bildschirm am wichtigsten

Wichtig bei der Gerätewahl für Ältere ist vor allem ein großer Bildschirm, so Edith Simöl, die Leiterin der Servicestelle Digitale Seniorinnen und Senioren im österreichischen Institut für angewandte Telekommunikation (ÖIAT).

Meist sind es die Kinder oder Enkel, die Oma & Opa vor dem Kauf beraten, das Gerät einrichten und anschließend auch weiter mit Rat und Tat zur Seite stehen. Das berge durchaus Konfliktpotenzial, so Simöl. Die Enkel könnten nicht verstehen, warum sich die Oma auch nach fünf Erklärungen immer noch nicht auskennt. Die Betagten und Hochbetagten fühlten sich ihrerseits manchmal belehrt und bevormundet. „Da kann es schnell zu Situationen kommen, die überhaupt nicht zielführend sind.“

Sehr gute Kurse mit Gütesiegel

„Ich halte es für eine gute Idee, das Training außerhalb der Familie zu machen“, so Simöl. Sie empfiehlt Kurse von professionellen Anbietern, die mit dem Gütesiegel für digitale Seniorenbildung gekennzeichnet sind.

Beim Besuch von Kursen hätten ältere Menschen weniger Scheu zu fragen. Man sei in einer Gruppe Gleichgesinnter, die ebenfalls nicht mit Computer und Handy groß geworden seien, und traue sich in dieser Umgebung auch mehrmals nachzufragen, wenn man etwas noch nicht verstanden hat. Eine Liste aller Anbieter mit Gütesiegel findet man auf der Website „Digitale Seniorinnen und Senioren“.

Seniorin telefoniert mit einem Smartphone
Getty Images/Halfpoint Images

Newsletter abbestellen, Pop-ups blockieren

Sind Oma und Opa im alltäglichen Umgang mit den Geräten firm, fehlt es oft noch an Erfahrung beim Surfen im Internet. Das macht sie zur beliebten Zielgruppe von Werbeschmähs und Internetgaunereien. Auffällig bunte und „einmalige“ Sonderangebote im E-Mail-Postfach und auf Webseiten sollen die Senioren etwa zu unnötigen Einkäufen verleiten.

Einen großen Teil der nervigen Werbe-E-Mails für Produkte, die einen nicht interessieren, wird man los, indem man das Postfach regelmäßig ausmistet und unerwünschte Newsletter abbestellt.

„Häufig werden solche Angebote auch über Popups angezeigt, welche die Website überlagern, damit sie ja ins Auge stechen“ so Simöl. Sie rät zu so genannten „Pop-up-Blockern“, die dafür sorgen, dass keine Pop-ups mehr eingeblendet werden.

Schnell reagieren bei ungewollten Abbuchungen

Wer auf den Kreditkartenbelegen oder Kontoauszügen der betagten Eltern oder Großeltern ungewöhnliche Abbuchungen für Dinge bemerkt, die weder genutzt noch gewollt werden, sollte rasch handeln.

Zuerst sollte man abklären, ob der Kauf wirklich unabsichtlich getätigt wurde. Wenn dem so ist, und der Kauf erst kürzlich erfolgt ist, kann man vom Kauf zurücktreten. Denn egal ob absichtlich oder nicht – bei Onlinekäufen in der EU gilt ein gesetzliches Rücktrittsrecht von 14 Tagen. Innerhalb dieser Frist können Kaufverträge storniert werden – und das, ohne einen Grund dafür angeben zu müssen. Bereits bezahltes Geld erhält man zurück.

Internet Ombudsstelle hilft bei unabsichtlichen Käufen

Liegt der Kauf mehr als 14 Tage zurück und will man vom Vertrag zurücktreten, ist man auf die Kulanz der Unternehmen angewiesen. Offizielle Schlichtungsstellen wie die Internet Ombudsstelle unterstützen Betroffe und Angehörige dabei kostenlos. Die dortigen Expertinnen und Experten nehmen mit dem Händler Kontakt auf und setzen sich für eine kulante Lösung für die Betroffenen ein.

Bei hochbetagten Seniorinnen und Senioren kommen oft noch kognitive Erkrankungen dazu. Das kann dazu führen, dass ein und dasselbe Produkt unbeabsichtigt immer wieder aufs Neue bestellt wird. Auf diese Art können sich kleine Beträge summieren und zu großen monatlichen Belastungen führen. Auch hier hilft die Internet Ombudsstelle.

Kontoauszüge durchschauen, Bezahldaten entfernen

Passieren der 92-jährigen Oma häufig versehentliche Käufe, gilt es Vorsorge für die Zukunft zu treffen. Erst einmal sollte man versuchen den alten Menschen zu schulen und zu informieren, wie unabsichtliche Käufe verhindert werden können. Doch oft ist dies wegen Gedächtnisproblemen nicht mehr gut möglich.

Angehörige können in so einem Fall etwa in Absprache mit der betroffenen Person in kurzen Abständen die Kontoauszüge durchsehen, um etwaige auffällige Abbuchungen schnell zu entdecken. Zudem kann man etwa Bezahldaten, die am Smartphone oder Computer hinterlegt sind, entfernen.

Gemeinsam besprechen, welche Möglichkeiten man hat

Programme wie Microsoft Family Safety am PC, sowie die Smartphone-Funktionen Google Family Link und Apples Familienfreigabe sind eigentlich als Jugendschutz-Maßnahme für Kinder gedacht und bieten noch weitere Möglichkeiten. Man kann damit etwa die Onlineaktivitäten überwachen, die Nutzung ausgewählter Apps zulassen, andere Apps sperren, und etwa auch bestimmte Käufe verhindern.

„Doch hier darf man keinesfall vergessen: Das sind große Eingriffe in die Autonomie einer Person“, so Simöl. „Am schönsten wäre es daher natürlich, wenn die Person das gemeinsam mit der Familie macht und sagt: Ja, das ist mir wichtig, es hilft mir und schützt mich vor Onlineeinkaufsfallen. Das wäre der Idealfall.“

Ein älterer Mann sitzt vor einem offenen Laptop und telefoniert mit einem Smartphone
Getty Images/Digital Vision/Paul Sutherland

Längeres aktives Leben, mehr Teilhabe – „Auf ins Internet“

Bei allen Stolperfallen, die das Internet mit sich bringt, überwiegen doch klar die Vorteile, ist sich Simöl von der Servicestelle Digitale Seniorinnen und Senioren sicher.

„Die Internetnutzung erweitert die digitale Teilhabe und damit auch die Teilhabe an der Gesellschaft“, so die Digitalexpertin. Nebenbei könne man viele Angebote nutzen, die teilweise nur mehr im Internet verfügbar seien, sowie Preise vergleichen. „Man kann sich viele Dienste organisieren, Informationen holen und sein Leben länger aktiv gestalten“, so Simöl. Sie könne jedem raten: „Auf ins Internet.“