Windräder aus der Ferne im Sonnenuntergang
APA/dpa/Sebastian Gollnow
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Was tun, wenn der Energieliefervertrag gekündigt wird

Mittlerweile haben die meisten Österreicherinnen und Österreicher Post von ihrem Energieanbieter bekommen. Bestehende Tarife werden stark angehoben, laufende Verträge werden gekündigt. Aber ist das eigentlich legal? Muss man Preiserhöhungen widerspruchslos hinnehmen, egal wie intensiv diese ausfallen? Kann ein Energieanbieter Bestandsverträge treuer Kundinnen und Kunden kündigen?

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Wer einen Vertrag mit einem Unternehmen abschließt, ist nicht ewig an diese Abmachung gebunden. Verträge kann man kündigen, meist unter Einhaltung einer Kündigungsfrist. Doch auch hier gilt: „Gleiches Recht für alle“. Auch Unternehmen haben ein Kündigungsrecht und können Vertragsbeziehungen zu ihren Kundinnen und Kunden beenden. Eine Möglichkeit, von der zahlreiche Energieunternehmen angesichts der horrenden Großmarktpreise gerade verstärkt Gebrauch machen.

Neuer Tarif kostet nicht selten das Dreifache

Meist wird in dem Kündigungsschreiben gleich ein neuer und erheblich teurerer Tarif angeboten, sagt der Vorstand der Regulierungsbehörde E-Control, Wolfgang Urbantschitsch. Es könne durchaus sein, dass doppelt bis dreimal so hohe Kosten auf Verbraucherinnen und Verbraucher zukommen, sofern sie in der Vergangenheit einen tatsächlich günstigen Tarif hatten, so Urbantschitsch.

Wer das nicht möchte, kann natürlich versuchen, ein günstigeres Angebot zu finden. Wer ein Kündigungsschreiben erhalten hat, sollte auf jeden Fall ein Vergleichsportal wie den Tarifkalkulator der E-Control zu Rate ziehen und prüfen, ob es eine preiswertere Alternative gibt. Die Erfolgsaussichten sind derzeit aber eher gering. Die Versorger gestalten ihre Angebote an Bestandskunden meist so, dass diese geringfügig günstiger sind als der preiswerteste Neuvertrag bei einem anderen Anbieter. In so einem Fall bleibe Konsumentinnen und Konsumenten letztlich keine andere Wahl, als den angebotenen Tarif anzunehmen, so Urbantschitsch.

Frau sitzt vor einem Tisch mit Rechnungen
Getty Images/Z+/Ziga Plahutar
Die hohen Energiekosten kommen nun endgültig bei den Konsumenten und Konsumentinnen an

Mit weiteren Preiserhöhungen ist zu rechnen

An Post vom Energieanbieter wird man sich wohl auch in näherer Zukunft gewöhnen müssen, weitere Preiserhöhungen seien keinesfalls auszuschließen, sagt der E-Control-Vorstand. Sehr viele Produkte sehen in ihren Geschäftsbedingungen vor, dass die Preise nach einem halben Jahr oder nach 12 Monaten angepasst werden können, was in der momentanen Situation wohl auf weitere Preiserhöhungen hinauslaufen werde, so Urbantschitsch. Hinsichtlich der Höhe ihrer Tarife seien den Energielieferanten keine rechtlichen Grenzen gesetzt.

Eine Erfahrung, die manche Kundinnen und Kunden bereits machen mussten. Eine Konsumentin berichtet der Ö1-Konsumentenredaktion beispielsweise, dass ihr Strompreis pro Kilowattstunde (kWh) innerhalb eines Jahres um knapp 500 Prozent gestiegen ist. Da Energieunternehmen ihre Preise auch während des laufenden Jahres anheben können, sei eine solche Situation durchaus vorstellbar, sagt Urbantschitsch. Der Experte rät in so einem Fall dazu, eventuell nach einem alternativen Anbieter zu suchen, der eine Preisgarantie zusichert. Der Energielieferant verspricht also, den vereinbarten Preis während eines bestimmten Zeitraums (etwa sechs Monate oder ein Jahr) nicht zu erhöhen.

Strom-Arbeitspreis sollte bei maximal 40 Cent liegen

Aber was ist wichtiger? Ein niedrigerer Preis oder eine Preisgarantie? Ein Beispiel: Anbieter A verspricht einen günstigeren Tarif, dafür aber nur eine Preisgarantie von sechs Monaten. Anbieter B bietet einen etwas teureren Tarif, garantiert diesen aber für 12 Monate. Was also tun? Der Experte empfiehlt in so einem Fall, eher zu dem Angebot mit der längeren Preisgarantie zu greifen. Zumindest dann, wenn zwischen den beiden Tarifen nur eine geringe Kostendifferenz besteht.

Zumindest bei Stromverträgen sollte man auch die von der Bundesregierung beschlossene so genannte Strompreisbremse einrechnen. Diese tritt ab Dezember in Kraft. Bis zu einem Verbrauch von 2.900 kWh wird der Preis auf 10 Cent gedeckelt. Aber Achtung: Bei der Strompreisbremse wurde ein Schwellenwert von 40 Cent pro kWh eingezogen. Für den Fall, dass die Kilowattstunde Strom 40 Cent kostet, werden 30 Cent vom Staat übernommen. Kostet der Strom aber 45 Cent oder mehr, werden ebenfalls nur 30 Cent staatlich finanziert. Den darüber hinausgehenden Betrag müssen in so einem Fall die Kundinnen und Kunden stemmen, so Urbantschitsch. Der Experte rät also, darauf zu achten, dass der Arbeitspreis des Stromanbieters die Höhe von 40 Cent nach Möglichkeit nicht übersteigt.

Ein Stromstecker liegt auf einer Stromrechnung
APA/ZB/Jens Kalaene
Der Arbeitspreis bei Strom sollte 40 Cent nicht übersteigen, wenn man die Strompreisbremse in voller Höhe lukrieren will

Ohne Preisgarantie können Tarife jederzeit steigen

Wie erwähnt können Energiepreise zu jeder Zeit angehoben werden, auch mitten im Jahr. Findet eine solche Anpassung zu einem Zeitpunkt statt, an dem keine reguläre Zählerstandablesung ins Haus steht, kann es sinnvoll sein, dem Netzbetreiber den aktuellen Zählerstand mitzuteilen. Etwa dann, wenn man angesichts der zu erwartenden Kostenexplosion bereits sparsamer mit Energie umgegangen ist und annehmen kann, dass man weniger Energie verbraucht als in der Vergangenheit. Den Zählerstand kann man dem Netzbetreiber sowohl online als auch telefonisch bekannt geben.

Der Netzbetreiber teilt den aktuellen Zählerstand dann dem Strom- oder Gaslieferanten umgehend mit. Sowohl der Netzbetreiber als auch der Energielieferant würden in der Folge die neuen Zahlen ihren Abrechnungen zugrunde legen, sagt Urbantschitsch.

Mehrere Zwischenrechnungen anfordern

Wer bereits einen Smart-Meter besitzt, hat das Recht auf eine monatliche Abrechnung. Das kann zumindest helfen, die Kosten besser unter Kontrolle zu behalten. An und für sich haben alle Österreicherinnen und Österreicher ein Recht darauf, dass ein Smart-Meter installiert wird. Einen entsprechenden Antrag kann man beim Netzbetreiber stellen. In der Theorie sei dieser verpflichtet, diesem Wunsch zu entsprechen, in der Praxis könne es aber sein, dass die technischen Kapazitäten derzeit nicht ausreichen, um dem Anliegen nachzukommen, sagt Urbantschitsch. Die Geräte sind übrigens reine Stromzähler, smarte Gaszähler gibt es nicht.

Aber auch ohne Smart-Meter haben Gaskunden ein Anrecht darauf, alle drei Monate eine Abrechnung über den aktuellen Gasverbrauch zu erhalten. Um dieses Angebot nutzen zu können, muss man dem Netzbetreiber den Zählerstand bekannt geben. Bis zu viermal im Jahr erhält man dann eine Abrechnung und kann eine Zwischenbilanz ziehen. In Zeiten hoher Energiekosten kann das ein brauchbares Instrument sein, um zumindest einen besseren Überblick über den Gasverbrauch und die damit verbundenen Kosten zu haben, sagt Urbantschitsch.

Energiewende: „Ausbau der Netze dringend erforderlich“

Um die Krise allerdings langfristig bewältigen zu können, sei es notwendig, rasch vom Erdgas wegzukommen und erneuerbare Energien auszubauen, sagt Urbantschitsch. Um dieses Ziel zu erreichen und gleichzeitig die Versorgungssicherheit zu gewährleisten, müsse aber intensiv in den Ausbau der Netze investiert werden. Die finanziellen Mittel seien zwar vorhanden, so der E-Control-Vorstand, es sei aber zuweilen schwierig, die entsprechende Infrastruktur zu errichten. Nicht selten gebe es Widerstände in der Bevölkerung, etwa gegen neue Stromleitungen, die man nicht gerne in der direkten Nachbarschaft haben möchte. Der Ausbau sei aber dringend notwendig, um auch in Zukunft die benötigte Energie bereitstellen zu können, sagt E-Control-Chef Wolfgang Urbantschitsch.